Bochum. Wegen zahlreicher Misshandlungen seiner früheren Partnerin muss ein Bochumer lange ins Gefängnis. Es geht auch um eine „Zinkernarbe“ im Gesicht.
Die Gewalt, sagte der Staatsanwalt, kam „fast einer Folter gleich“. Dreieinhalb Jahre Haft forderte er am Mittwoch für einen 47-jährigen Bochumer, der regelmäßig seine Partnerin (46) schwer misshandelt hatte. Das Landgericht folgte dem Strafantrag exakt.
Der Angeklagte und die Frau kennen sich seit der Grundschulzeit. Mehrfach waren sie ein Paar. Seit 2021 lebten sie zusammen in Wattenscheid. Einer Arbeit gingen sie nicht nach. Beide lebten in den Tag hinein, konsumierten Drogen und Alkohol im Übermaß. Immer wieder war die Frau gewaltätigen Übergriffen ausgesetzt.
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Am 29. August 2023 war Schluss damit: Da ging die Frau ein weiteres Mal zur Polizei, nachdem sie aus einem Fenster ihrer Wohnung geflüchtet war, und zeigte ihren Partner an. In den Stunden zuvor hatte der 47-Jährige zu Hause ihren Kopf auf den Boden gedrückt, zwei brennende Zigaretten in ihrem Dekolleté ausgedrückt, Teile ihrer Kopfhaare abgeschnitten und mit einem Schälmesser („Pittermesser“) zweimal in ihre Wange geschnitten, um ihr eine „Zinkernarbe“ zu verpassen. Die Frau war wie versteinert vor Angst, als er das Messer durch die Haut zog: einmal fünf Zentimeter lang, einmal einen Zentimeter.
Angeklagter wollte „seine Überlegenheit demonstrieren“
Wie die Richterin sagte, habe der Mann mit den Taten „seine Überlegenheit demonstrieren und die Frau demütigen“ wollen. Die Welt solle sehen, dass sie „eine Verräterin“ sei.
Damit meinte er eine frühere Strafanzeige der Frau, weil er sie wieder einmal misshandelt hatte. Dabei ging es um mehrere Schläge und Fußtritte ins Gesicht. Das Opfer erlitt unter anderem einen Jochbeinbruch, der potentiell lebensgefährlich war. Mehrere Wochen lag die 46-Jährige im Krankenhaus, weil ihr eine Metallplatte implantiert werden musste. Die Anzeige hatte der 47-Jährige ihr nicht verziehen.
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Verurteilt wurde er auch wegen drei weiterer Übergriffe zwischen Februar und Juni 2023: Dabei ging es um Schläge mit der Faust und der flachen Hand ins Gesicht. Die Anlässe waren allesamt völlig nichtig. Einmal war er sauer, weil sie ihn nicht zum Arzt begleitet hatte, der ihm Ersatzdrogen verabreicht. Schon seit 1999 befindet sich der Mann im Methadon-Programm.
Opfer behält Narben im Dekolleté zurück
Neben den Gewalttätigkeiten soll der Mann die Frau auch bedroht haben: sie etwa an einer Hundeleine zu führen, auf den Strich zu schicken oder die Schnittwunden im Gesicht noch zu vertiefen.
Dazu kam es aber wegen der Anzeige nicht mehr. Die Schnittwunden sind mittlerweile narbenfrei verheilt. Anders als die Brandwunden im Dekolleté: Einem Sachverständigen zufolge wird die Frau ihr Leben lang kleine runde Narben zurückbehalten.
Der kräftig gebaute Angeklagte, Sohn eines Polizeibeamten, sitzt seit Ende August in U-Haft. Erfahrung mit dem Gefängnis hat er schon früher gesammelt, im Vorstrafenregister stehen 18 Einträge. Es ging vor allem um Drogendelikte, Diebstähle und auch um eine Körperverletzung. Für Letzteres wurde er erst im Dezember 2022 zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Trotzdem schlug er nur wenige Wochen später erneut zu. Der Staatsanwalt sprach von einer „extrem hohen Rückfallgeschwindigkeit“.
Angeklagte war nur bruchstückhaft geständig
Der Angeklagte war im Prozess vor der 4. Strafkammer nur bruchstückhaft geständig. An vieles erinnerte er sich nicht. Sein Verteidiger wollte nur eine Haftstrafe von höchstens zweieinhalb Jahren. Die 46-Jährige sei „keine gute Zeugin“ gewesen. Sie habe mehrfach sprunghafte Aussagen gemacht.
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Eine Entschuldigung im so genannten „letzten Wort“ vor dem Urteil kam dem Angeklagten nicht über die Lippen. „Nichts. Ich sag dazu nichts“, meinte er, als die Richterin ihm das Wort erteilte.
Bald sieht er seine frühere Partnerin wieder. Und auch wieder in einem Gericht: In Gelsenkirchen ist gegen beide zusammen Anklage wegen des Vorwurfs erhoben worden, im Januar 2023 in eine Wohnung eingebrochen zu sein.