Bochum. Auf einer gemeinsamen Gewerbefläche in Bochum und Herne baut Lidl ein Verteilzentrum an der A43. Groß und nachhaltig soll das Gebäude werden.
Logistik ist nicht die Branche Nummer eins in Bochum. Aber einige bedeutende Lagerhallen und Verteilzentren gibt es schon in der Stadt: vom Opel-Warehouse in Langendreer bis zum DHL-Megapaketzentrum in Laer. In Riemke wächst der nächste Logistik-Gigant heran.
Lidl-Logistikdrehscheibe beliefert 120 Filialen
Noch ist er namenlos. Zwar steht die imposante Gebäudehülle neben der A43 unweit der Autobahnanschlussstelle Riemke schon – mit einer markanten, gestreiften Farbgebung von dunkelblau bis weiß. Aber der Schriftzug „Lidl“ fehlt noch. Der Discounter lässt an dieser Stelle sein neues Verteilzentrum errichten. Von hier aus will er bis zu 120 Filialen in Nordrhein-Westfalen mit Lebensmitteln und Waren beliefern.
Direkt nebenan auf dem Herner Teil des Grundstücks, das im gemeinsamen Gewerbegebiet Her-Bo-43 liegt, dient ein Bestandsgebäude von Lidl bislang noch als Drehscheibe für die Anlieferung der Region. Das allerdings hat sich längst als zu klein entpuppt. Wenn der Neubau – wie geplant – im Sommer fertiggestellt ist, geht die Arbeit in der direkten Nachbarschaft gleich weiter. „Nach Inbetriebnahme des ersten Bauabschnitts wird der zweite Abschnitt begonnen und dabei unter anderem das bisherige Bestandslager zurückgebaut“, heißt es bei Lidl.
Erster Bauabschnitt soll im Sommer fertig werden
Insgesamt 54.000 Quadratmeter groß werden soll der Logistik-Gigant, wenn er voraussichtlich Mitte 2026 komplett fertiggestellt ist. Zum Vergleich: Opel betreibt von Langendreer aus seinen europaweiten Teilenachschub. Der dafür neu errichtete und 2017 eröffnete Logistikkomplex ist 441 mal 212 Meter und etwa 95.000 Quadratmeter groß. Umgeschlagen werden dort insgesamt 120.000 unterschiedliche Artikel, die in millionenfacher Stückzahl und in etwa 300.000 Behältern und Paletten eingelagert sind. Ähnlich imposante Ausmaße hat das zwei Jahre spätere eröffnete Megapaketzentrum von DHL in Form eines Hufeisens: 200 mal 280 Meter misst das Gebäude, die Grundfläche ist 40.000 Quadratmeter groß. Etwa 450.000 Pakete werden dort täglich an- und ausgeliefert, vor Weihnachten mitunter sogar doppelt so viele.
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Beeindruckende Zahlen, die im Lidl-Verteilzentrum ähnliche Dimension haben dürften. Allein: Der Discounter hält mit näheren Angaben zur Leistungsfähigkeit noch hinterm Berg. Nur so viel ist bislang bekannt. Die Belegschaft von derzeit etwa 250 Beschäftigten dürfte um etwa 200 Personen wachsen. Mitarbeiter in mehr als 15 verschiedenen Berufsfeldern in den Bereichen Logistik, Vertrieb, Warengeschäft, Immobilien und Personal sollen eingestellt werden.
Hallendach erhält eine PV-Anlage und wird begrünt
Auskunftsfreudiger ist der Discounter in Sachen Nachhaltigkeit. Dieser Aspekt habe von Beginn an, also schon beim Rückbau des Entsorgungsbetriebs, der an der gleichen Stelle stand, eine große Rolle gespielt. „Dabei wurden, sowohl aus den vorhandenen Baustoffen der Industriebrache als auch aus dem vorherigen Bestandslager bis zu 50.000 Kubikmeter Recyclingmaterialien zur Wiederverwendung gewonnen“, heißt es. Der Entsorgungsbetrieb Ecosoil hatte das frühere AGR-Gelände von 2016 bis 2022 genutzt.
Auch das neue Lidl-Gebäude selbst setze Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit: So werde die energieeffiziente Kälteanlage mit Wärmerückgewinnung ausschließlich mit natürlichen Kältemitteln betrieben, was den ökologischen CO2-Fußabdruck um bis zu 200 Tonnen pro Jahr verringere. Und: „Die Abwärme der Kälteanlage wird für die Heizung des gesamten Lagers und des Verwaltungstraktes genutzt.“
Die Photovoltaikanlage auf dem Gebäudedach werde jährlich etwa 460.000 Kilowattstunden Strom produzieren; eine Menge, die dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 100 Vier-Personen-Haushalten entspricht. Eine 7400 Quadratmeter große Dachfläche wird zur Verdunstung und Abkühlung des Umfeldes begrünt. Außerdem soll auf dem insgesamt 20 Hektar großen Firmengelände eine 11.000 Quadratmeter große Blühwiese entstehen.
Gleichwohl: Das Verkehrsaufkommen dürfte wachsen. Nach Schätzungen geht es um täglich etwa 550 An- und Abfahrten von Lkw sowie 650 Pkw-Fahrten von Beschäftigen. Da das die Leistungsfähigkeit der Rensingstraße und vor allem die der Kreuzung mit der Herner Straße extrem belasten würde, ist ein neuer Staßenabschnitt und eine Zu- und Abfahrtsregelung geplant. Sie sieht so aus: Wenn die neue Straße fertiggestellt ist, sollen alle Pkw-Verkehre sowie die ausfahrenden Lkw-Verkehre darüber geführt werden. Einfahren sollen alle Lkw über die auf Herner Stadtgebiet gelegene Süddstraße.
Riesige Industriehallen
Große Hallen mit imposanten Ausmaßen sind in Bochum nicht ungewöhnlich. Sie gehören oder gehörten zu großen Industriekomplexen.
226 Meter lang ist die Mewes-Halle der Bochumer Verein AG – benannt nach dem Kölner Architekten Emil Mewes – von 1935/36. Die in Teilen denkmalgeschützte Halle an der Alleestraße in Stahlhausen dient Thyssenkrupp heute als Warenlager für seine beide Werke an der Essener Straße und an der Castroper Straße.
Ganz in der Nähe steht ein 215 mal 80 Meter großes Backsteingebäude der Mendritzki-Gruppe, das die Stadt Bochum für ihren Technischen Betrieb gemietet hat. Die historische Immobilie, für einen Millionenbetrag modernisiert, hat ebenfalls einst dem Bochumer Verein gehört. Thyssenkrupp hat später dort Weichen hergestellt.
Ähnliche Dimensionen hatte die größte Halle im ehemaligen Opel-Werk I in Laer. Das Presswerk war mehr als 200 Meter lang und 85.000 Quadratmeter groß. 2019/20 wurde es im Zuge der Umgestaltung der Fabrik zum Wissenschafts- und Technologiegelände Mark 51/7 abgerissen.