Bochum. Bis Ende Februar fährt von und nach Bochum kaum ein Zug. Rund um die Uhr sind Arbeiter der Bahn im Einsatz. Das passiert auf der Baustelle.
Es gibt nicht viel, was Recep Yildiz und sein Team stoppen kann. „Blitz, Donner, extremer Regen“, sagt der 43-jährige Bauleiter der DB Bahnbau-Gruppe und lacht. Minusgrade, Schneeregen, eisiger Wind – so was stört die Arbeiter nicht, die sich hier Meter für Meter vorarbeiten. 24 Stunden am Tag, sieben Tage pro Woche.
Es gilt, keine Zeit zu verlieren. Die Strecke zwischen Bochum und Essen ist seit dem 5. Januar gesperrt, bis Ende Februar hält kein Regional- und Fernzug in Bochum. Die DB weiß um die Einschränkungen, die das für Pendlerinnen und Pendler bedeutet, betont die Alternativlosigkeit: Ohne Sperrung keine Sanierung der Strecke. Aber was genau passiert da eigentlich?
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Bahn-Baustelle in Bochum: 7,2 Tonnen wiegt jedes Schienen-Teilstück
Baustellenbesuch in Kornharpen. Parallel zur Straße „Auf der Prinz“ lässt die Bahn am Dienstagvormittag dem Bauteam über die Schulter gucken. Jan Bäcker, leitender Bauüberwacher, erklärt für Laien, wie das Großprojekt läuft: „Wir erneuern sechseinhalb Kilometer Gleis“, sagt der 39-Jährige. Das bedeute: 13.000 Meter Schienen müssen ausgetauscht werden.
Neu und alt liegen hier direkt nebeneinander. Erst seien die neuen Schienen angeliefert und an der Strecke abgelegt worden, erklärt Bäcker. 120 Meter lang ist jedes Teilstück, jeweils 7,2 Tonnen schwer. Baustellen-Laien lernen bislang ungekannte Maschinen und Fahrzeuge kennen: den Schienentrennschleifer zum Beispiel, der genau das tut, was der Name verspricht. „Im Prinzip ist das ‘ne riesige Flex“, sagt Jan Bäcker kurz bevor die Funken fliegen. Einer der Arbeiter sägt ein Stück Schiene heraus, das zischend in den Schneeresten auf dem Schotter landet.
Bauarbeiter sind rund um die Uhr in drei Schichten in Bochum im Einsatz
Dann ist da der Zwei-Wege-Bagger – er heißt so, weil er sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene unterwegs sein kann –, der die alten Schienen aushebt und zur Seite legt und die neuen an die richtige Stelle legt. Und der Schraubpflug: Mit ihm lösen die Bauarbeiter zunächst die Spannklemmen, die die Schienen auf den Schwellen fixieren, später dann das alles wieder umgekehrt. Schraube für Schraube geht es voran, ein Vorrücken in 60-Zentimeter-Häppchen.
Am Ende eines Arbeitstages, erzählt Bauleiter Recep Yildiz, wisse man, was man getan hat. Die DB Bahnbau-Gruppe arbeitet im Drei-Schicht-System rund um die Uhr. „Sonst“, sagt der leitende Bauüberwacher Jan Bäcker, „wäre das auch schwer zu vermitteln.“ Alle paar Meter sind Strahler an der Strecke aufgestellt, die die Baustelle in der Nacht erleuchten.
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Bahn-Streckensperrung in Bochum: Bauarbeiten im Zeitplan
„Die Anwohner wurden vorab informiert“, erklärt Bäcker, die Bahn habe auch eine Telefonnummer angegeben, an die man sich bei Beschwerden wenden könne. „Bislang gab es keinen Anruf“, sagt er. Was daran liegen könnte, dass die Baustelle stetig wandert: Meter für Meter geht es voran, „die Beeinträchtigung ist nirgendwo über einen langen Zeitraum gegeben“. Von der Stadtgrenze zu Lütgendortmund bis in den Hauptbahnhof Bochum reicht der Abschnitt, der erneuert wird.
Man liege sehr gut im Plan, gibt Recep Yildiz zu Protokoll; Bäcker bestätigt das. Die neuen Schienen liegen bereits parat. Anschließend müssen sie verschweißt werden. Alle 120 Meter zwei Nähte. Zwei Kilometer Schweißarbeiten seien bereits abgeschlossen, erklärt Bäcker. Anschließend wird neuer Schotter an der Strecke abgeladen, um die Gleislage wiederherzustellen.
Für die Bautrupps ist das Projekt „Streckenerneuerung“ dann aber noch nicht beendet. Alle Lichtmasten müssen wieder abgebaut und eingesammelt werden, die Oberleitungen wieder angeschlossen, sämtliche Signale am Streckenrand reaktiviert und kontrolliert werden. Dann verschwinden Zwei-Wege-Bagger und Schraubpflug – und die Züge kehren zurück.
Vorm Schweißen wird gewärmt
Bevor die neuen Schienen verschweißt werden, müssen sie angewärmt werden. Das Metall arbeitet – bei Kälte zieht es sich zusammen, bei Wärme dehnt es sich aus. Damit die Spannung des Gleiskörpers beherrschbar bleibt, werden die Schienen zunächst auf 20 bis 26 Grad „Verspanntemperatur“ gebracht. Dazu fährt ein Wärmewagen, eine Art rollender Gasofen mit vier Brennern auf jeder Seite, über das Gleis. Sind die Schienen angewärmt, werden sie zunächst mit den Spannklemmen auf den Schwellen fixiert und dann miteinander verschweißt. Anschließend hält das Gleis Temperatur-Abweichungen nach oben und unten aus.