Bochum. Ein Angeklagter (31), der - wie seine Bewährungshelferin sagt - ein "Doppelleben" als Heroin-Junkie und als ganz normaler Bürger führte, ist wegen Besitzes von 4,57 Gramm Heroin zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden.
Der 31-jährige Angeklagte erschien vor dem Schöffengericht tipptopp gekleidet. Sein Anzug mit Streifenmuster war todschick, das Hemd schneeweiß. Der Mann hat zwar eine feste bürgerliche Arbeit und eine feste Freundin, ist aber seit zehn Jahren heroinsüchtig. Man sieht ihm das nicht an. Die Bewährungshelferin: „Er führt ein Doppelleben: auf der einen Seite ein Junkie, auf der anderen Seite ein ganz normales Leben.”
Am Mittwoch ging es aber um den Junkie in ihm. Er war im vorigen Juli in Bochum auf seinem Motorroller mit 4,57 Gramm Heroin in der Tasche von der Polizei erwischt worden. Wegen dieses Drogenbesitzes - und weil er gar keine Fahrerlaubnis hatte - wurde er zu sechs Monaten Haft verurteilt. Bewährung gab es nicht. Er war bereits 2007 wegen Drogen zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden.
"Ich habe mich überschätzt"
Diesen Warnschuss der Strafjustiz hat er total unterschätzt, denn er hatte nachher keine Therapie gemacht, weil er allein von dem Rauschgift loskommen wollte. „Ich habe mich überschätzt. Das war ein Fehler”, sagte er jetzt vor Gericht. Und: „Ich brauche professionelle Hilfe. Ich will nicht mit 40 auch noch drogensüchtig sein.” Seit zwei Jahren nimmt er täglich Methadon, nebenbei trotzdem etwas Heroin. „Beikonsum” heißt das.
Strafe wird wegen Therapie wohl gar nicht vollstreckt
In den Knast muss der Mann jetzt aber trotz des Urteils wohl nicht. Er wird - mit Zustimmung des Gerichts - beantragen, dass die Strafe „zurückgestellt” wird zugunsten einer ambulanten Therapie. Die Therapiezeit wird auf die Haftstrafe zu zwei Dritteln angerechnet, der Rest dann zur Bewährung ausgesetzt. Sollte er aber die Therapie abbrechen oder gar nicht antreten, würden die sechs Monate Haft doch vollstreckt - und das eine Jahr von 2007 obendrauf. Amtsgerichtsdirektor Friedrich Meyer: „Was Sie brauchen, ist der Druck einer Strafe. Sonst bleiben Sie nicht am Ball.”
Die Therapie solle der Angeklagte aber trotz ihrer Vorteile nicht unterschätzen: "Das wird schlauchig."