Wattenscheid. Landwirte protestieren in dieser Woche bundesweit mit Trecker-Konvois gegen Pläne der Regierung. Um was es geht und wie sehr Bochumer Bauern betroffen sind.
„Die Politiker in Berlin haben gut reden, kennen aber unsere Probleme nicht.“ Florian Westerhoff, 24-jähriger Jungbauer aus Wattenscheid, ist verärgert, nein: richtig sauer. Die Bundesregierung sieht in ihrem Haushaltsentwurf vor, Subventionen für Landwirte zu streichen: Für Fahrzeuge soll künftig – anders als bislang – Kfz-Steuer fällig werden, Steuervergünstigungen beim Agrardiesel wegfallen. „Wir haben alle seit Jahren gewusst, dass das abgeschafft wird“, sagt Westerhoff. „Aber die Art und Weise geht gar nicht.“
Die Landwirtschaft habe es schon seit langem nicht einfach, die jüngsten Sparpläne der Regierung seien nur „die Kirsche auf der Sahne“. Westerhoff verkauft auf seinem Hof unter anderem Kürbisse, Weihnachtsgänse und Tannenbäume. Er besitzt 13 Maschinen, die Kfz-steuerpflichtig werden würden. „Das trifft mich hart. Ich stelle mich bereits jetzt breit auf und überlege, in der ruhigen Jahreszeit noch einer anderen Arbeit nachzugehen.“
Florian Westerhoff befürchtet durch geplante Reformen große finanzielle Probleme
Aussagen von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), dass dieser die Einsparmaßnahmen selbst auch ablehne, glaubt er nicht: „Aus Berlin kommt nur heiße Luft.“ Die Entscheidungsträger hätten keine Ahnung von der Arbeitsrealität auf einem Bauernhof, lautet seine Meinung. Denn die Belastungen für die Branche seien seit Jahren hoch: „Es geht gerade keinem Bauern gut und daher protestieren wir auch recht forsch. Da hängen eben direkt ganze Existenzen, ganze Generationen dran.“
Bei den bisherigen Protesten war er wegen des Weihnachtsbaum-Verkaufs auf seinem Hof nicht dabei. Für den 8. Januar plant er aber mit dem landwirtschaftlichen Ortsverband Bochum-Witten und Nachbarn eine Protestaktion in Bochum.
Am Rande von Wattenscheid, in Eiberg, liegt der Hof von Achim Heinrichs. Dort baut er unter anderem Mais und Kartoffeln an und betreibt einen kleinen Hofladen. Auch er lässt kein gutes Haar an den Einsparplänen der Regierung. Ähnlich wie Westerhoff resümiert er: „Ich halte die Maßnahmen für reichlich daneben, sie sind aber nur der Tropfen auf dem heißen Stein.“ Auch er ist seit Jahren unzufrieden mit der Politik. Heinrichs betreibt ebenfalls insgesamt 13 landwirtschaftliche Maschinen. Werden die Kürzungspläne Realität, rechnet er mit „einem deutlich vierstelligen Betrag pro Jahr“ an Mehrkosten für seinen Betrieb.
Patrick Appelbaum blickt zwiegespalten auf die Traktoren-Proteste
Auch Patrick Appelbaum ist Wattenscheider Landwirt und verkauft Nordmanntannen, Getreide und Erdbeeren aus eigenem Anbau. Er findet die Pläne „ein Ding der Unmöglichkeit“. Was ihn vor allem empört: Das Geld aus der Kfz-Steuer fließe hauptsächlich in den Straßenbau. Da er die Verkehrsstraßen mit seinen Maschinen aber kaum bis gar nicht befahren würde, findet er den Vorstoß der Regierung nicht gerechtfertigt. Daher möchte er sich auch den geplanten Protesten anschließen. Dabei gibt es für ihn aber Grenzen: „Man kann denen mal zeigen, dass es so nicht gehen kann, aber was ich nicht gut finde, ist irgendwo unnötig Müll oder Misthaufen abzuladen.“
Um seine persönliche Existenz habe er bislang keine Sorge, sagt Patrick Appelbaum. Die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zum EU-Ausland sieht er aber kritisch und befürchtet, dass in Zukunft sein Geschäftszweig des Ackerbaus nicht mehr wirtschaftlich sein könnte.
Bauernproteste gegen Sparpläne
Wenige Tage vor Weihnachten hat die Ampelkoalition ihre mühsam erzielte Einigung auf ein Sparpaket vorgestellt. Landwirte würden dabei doppelt getroffen: Zum einen soll die Subvention für Agrardiesel in Höhe von etwa 20 Cent pro Liter wegfallen. Zum anderen soll die Kfz-Steuer, von der bisher landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge befreit waren, zukünftig fällig werden. Insgesamt rechnet die Bundesregierung dadurch mit Einsparungen von knapp einer Milliarde Euro.
Es gibt viel Kritik an den Plänen, vor allem an der gleich doppelten Belastung der Bauern. Am 18. Dezember demonstrierten mehrere Tausend Landwirte mit einer Treckerkolonne in Berlin, auch anderswo gab es Blockaden und Proteste. Der Deutsche Bauernverband ruft bundesweit zu einer Aktionswoche ab dem 8. Januar auf.