Bochum. Marianne Remberg aus Bochum ist verzweifelt. Erneut wurde eine Laterne vom Friedhof geklaut. Sie appelliert: „Wahrt die Totenruhe meines Mannes.“
Kürzlich ist es wieder passiert. „Am 31. Oktober war ich noch auf dem Friedhof, da wäre mein Karl-Heinz 90 geworden“, sagt Marianne Remberg aus Bochum-Werne. Da sei vor dem Kolumbarium am Kerkdahl, in dem sie ein Fach für die Urne ihres Mannes gemietet hat, noch alles in Ordnung gewesen. „Doch drei Tage später war die silberne Laterne, die vor der Urnenwand stand, weg.“ Laut Remberg die dritte, die gestohlen wurde.
„Das tut so weh“: Laternen von Friedhof in Bochum geklaut
Die Senioren ist völlig verzweifelt. „Das tut so weh“, sagt sie und fragt: „Wer macht so etwas? Wie kann man sich an Toten so vergreifen?“ Sie könne kaum in Worte fassen, was sie empfindet. „Jedes Mal, wenn ich mit meinem Sohn oder meiner Schwägerin zum Friedhof fahre, bekomme ich Herzrasen, weil ich nicht weiß, was mich erwartet.“
Immer wieder berichten Bochumer von Diebstählen auf unseren Friedhöfen. Lesen Sie dazu auch:
- Grabschmuck wird gestohlen: Familie aus Bochum verzweifelt
- Mutter verzweifelt: Räuber schänden das Grab ihres Babys
- Bochum: Diebstähle und Vandalismus auf Friedhöfen belasten
Inzwischen hat Marianne Remberg eine vierte Laterne besorgt. Wieder mit einer Gravur. Geburts- und Sterbedatum ihres Mannes stehen darauf. Dazu in geschwungener Schrift der Spruch „Was bleibt, wenn alles Vergängliche geht, ist Liebe“. Das silberne Windlicht ist schlicht, hat aber seinen Preis. „Die erste Laterne hat 80 Euro gekostet, die übrigen drei je 50“, sagt die 84-Jährige. „Das ist für mich mit meiner Hinterbliebenen-Rente viel Geld.“
Es sei für sie auch so schon schwierig genug, mit dem Verlust ihres Mannes klarzukommen. „Jeden Morgen nach dem Aufstehen gehe ich noch vor dem Frühstück zu seinem Bild, zünde eine Kerze an und rede mit meinem Karl-Heinz.“ 62 Jahre seien die beiden verheiratet gewesen. Und als habe sie nicht schon genug mit der Trauer zu kämpfen, schlage ihr nun auch noch diese Diebstahlserie aufs Gemüt. „Weinen sie nicht“, habe ein Mann auf dem Friedhof zu ihr gesagt. Bei ihm sei das auch schon passiert.
Andere Laternen noch da: Diebstahl auf Bochumer Friedhof nur ein Streich?
Manchmal habe sie das Gefühl, jemand wolle ihr einen Streich spielen. „Denn drumherum stehen die Laternen und Gegenstände alle noch.“ Und zwischendurch sei die Laterne nicht geklaut, sondern nur mitgenommen und anderswo hingestellt worden. „Meine Schwägerin ist über den ganzen Friedhof und hat gesucht. Am Ende hat sie sie gefunden, auf einem anderen Grab, wo auch ein Karl-Heinz liegt.“
Besagte Schwägerin, Regina Gudd, ist ebenfalls selbst betroffen. Das Urnenfach ihres Mannes, dem Bruder von Marianne Remberg, befindet sich im selben Kolumbarium, nur ein paar Meter entfernt. „Auch bei mir wurde schon geklaut, ,nur’ eine Kerze mit Batterie.“ Aber das habe ihr – zusammen mit den traurigen Erfahrungen ihrer Verwandten – schon gereicht.
„Ich werde da keine Laterne mehr aufstellen“, sagt Gudd. „Damit die damit Geld machen können? Nein danke.“ Gehe das so weiter, überlegt sie, auf eine anonyme letzte Ruhestätte zu wechseln. „Aber eigentlich will man das ja nicht.“ Für Marianne Remberg wäre das unvorstellbar. Deshalb hat sie sich an die WAZ gewandt, um an das Gewissen der Täter zu appellieren: „Bitte bewahrt die Totenruhe meines Mannes. Er war so ein friedliebender Mensch.“
Auch interessant
Der Friedhof am Kerkdahl in Werne ist städtisch. Das Kolumbarium befindet sich direkt am Eingang. Eine Häufung von Diebstählen dort und auf den anderen Friedhöfen „ist uns nicht bekannt“, heißt es auf WAZ-Anfrage aus dem Rathaus. Die Friedhöfe würden hinsichtlich Diebstahls nicht extra von der Friedhofsverwaltung kontrolliert. „Unsere Mitarbeitenden sind aber täglich auf den Friedhöfen unterwegs. Abgeschlossen werden sie nicht“, so Stadtsprecherin Charlotte Meitler.
Der Einsatz von Security wäre aus Sicht der Stadt unverhältnismäßig. „Bei 23 Friedhöfen mit rund 230 Hektar Fläche kann es keine lückenlose Überwachung geben.“ Punktuell sei der Ordnungsdienst auf Friedhöfen unterwegs, um Fahrradfahrer und freilaufende Hunde zu ermitteln, teilt Meitler weiter mit. „Es wird aber nicht kontrolliert oder festgestellt, ob Grabschmuck gestohlen wurde.“
Dabei handele es sich zweifelsfrei um Straftaten. „Leider bleibt den Angehörigen nichts anderes übrig, als Anzeige bei der Polizei zu erstatten“, so Meitler. Dies will Marianne Remberg zumindest beim aktuellsten Vorfall getan haben. Die Polizei teilt jedoch mit, keine Anzeige vorliegen zu haben. Auch dort ist nicht bekannt, dass es auf Bochumer Friedhöfen zuletzt vermehrt zu Diebstählen kam.
Auch interessant
Es gebe immer wieder mal Delikte dieser Art, sagt Polizeisprecher Marco Bischoff. Es seien in den vergangenen Monaten aber nur eine Handvoll gewesen. Für den Friedhof am Kerkdahl lägen keine Einträge vor. Routinemäßig würden die Bezirksbeamten auch dort kontrollieren, aber nicht schwerpunktmäßig. „Zumal viele Diebstähle dieser Art ja auch vor allem nachts passieren“, so Bischoff.