Bochum-Riemke. Anwohnerinnen und Anwohner in Bochum-Riemke warten seit Jahren auf den Bau eines neuen Rewe. Der war beschlossen, warum es nun weiter dauert.
Die Menschen sind sauer – mehr als sauer. Seit Jahren warten sie darauf, dass in ihrem Stadtteil endlich ein Supermarkt gebaut wird. „Und nichts passiert. Unser Stadtteil verödet immer mehr. Die Situation ist mehr als ärgerlich“, sagt Jörg Berninghaus.
Wie er sind an diesem Vormittag viele Bewohnerinnen und Bewohner aus Riemke zusammen gekommen, um ihren Unmut auszudrücken. „Hier fehlen Bäcker, Fleischer – alles, was zur Nahversorgung gehört“, so Berninghaus.
Ende 2018 kaufte die VBW vier Häuser von der katholischen Kirche. Sie sind inzwischen alle leer, die Bewohner ausgezogen. 2019, als VBW und Stadt die Pläne vorstellten, war die Verwaltung noch sehr optimistisch mit der Ankündigung, mit dem Bau des Komplexes werde noch im selben Jahr begonnen werden können, 2021 könne er fertig sein.
Im Erdgeschoss der Supermarkt, darüber Wohnungen
Vorgesehen war, auf dem Grundstück Ecke Tippelsberger-/Herner Straße einen Rewe-Supermarkt zu bauen. Darüber hinaus wollte das Bochumer Wohnungsbauunternehmen VBW dort 75 barrierefreie Wohnungen errichten. Seither hat sich vieles verändert, was immer wieder zu Verzögerungen führte.
Die Zahl der Wohnungen wurde abgespeckt, auch bei der logistischen Planung, etwa der Warenanlieferung, gab es viele Veränderungen. Zudem gab es Schallschutzprobleme, und das Ministerium ließ sich viel Zeit mit der Überprüfung der Förderfähigkeit der geplanten Sozialwohnungen. Doch noch immer ist nichts passiert. Inzwischen ist nur noch von 40, indes größeren Wohnungen, die Rede.
Künftiger Supermarkt-Betreiber will am Ball bleiben
Olaf Kenkmann will den künftigen Rewe betreiben. Der Riemker leitet einen Rewe in Herne. „Ich bin in all den Jahren sehr zurückhaltend geworden. Vor zehn Jahren schon führte ich die ersten Gespräche.“ Als künftiger Vertragspartner von Rewe Dortmund sei er nicht in die Planungen einbezogen. „Mir kann keiner erklären, warum es so lange dauert.“ Dennoch will er am Ball bleiben. „Ich muss Sturheit an den Tag legen, sonst hätte ich die Lust am Projekt längst verloren“, sagt er.
Die Riemker mussten viele Jahre mit der Versorgungslücke leben. Schon 2016 taten sich der Werbering und Geschäftsleute zusammen, um Druck zu machen. Unter ihnen ist bis heute der Apotheker Hamid Eslambolchi. „Ein Supermarkt ist längst überfällig“, sagt er. Er hatte eine Corona-Teststelle in einem der leerstehenden Häuser betrieben. „Plötzlich musste alles ganz schnell gehen, mir wurde gekündigt.“ Da hatte er noch angenommen, dass der Abriss kurz bevor stünde.
Wohnungsunternehmen VBW als Investor will sich nicht äußern
Das Wohnungsunternehmen VBW als Investor will sich nicht äußern. Auf Nachfrage erklärte jetzt Pressesprecher Dominic Neugebauer: „Wir befinden uns weiterhin in Abstimmungsgesprächen mit Gremien und weiteren Beteiligten. Aufgrund dieser Gespräche hätte jede Information keine Spruchreife. Die Gespräche zwischen den Personenkreisen und Institutionen sowie Räten benötigen hier einfach noch Zeit.“
Im Frühjahr stand das ganze Projekt gar auf der Kippe. Es war an einem kritischen Punkt. „Die Anforderungen und Baukosten lassen aktuell keine Wirtschaftlichkeit zu“, so Neugebauer noch im April dieses Jahres. Die VBW wollte mit Bauträgern, der Stadt und Architekten darüber verhandeln, ob das Projekt durch eine Umgestaltung kostengünstiger verwirklicht werden könnte.
Die Menschen im Stadtteil wollen Fahrt reinbringen. Für die meisten von ihnen wäre der Supermarkt im Herzen von Riemke fußläufig erreichbar. „Bislang müssen wir für jedes Brötchen oder für frisches Gemüse zum Hannibal oder in die Innenstadt fahren. Ein Rewe bei uns wäre optimal, besonders für die Älteren unter uns“, findet Helga Witthaus.
Stellplatzsatzung sieht viele Fahrradstellplätze vor
Die Riemker empören sich nun über neue Hürden, die sich für den Investor auftun. Jörg-Uwe Kuberski, SPD-Ratsmitglied aus Riemke, setzt sich engagiert seit vielen Jahren für einen Nahversorger in seinem Stadtteil ein, schon, als von Rewe als Lebensmittelanbieter noch gar nicht die Rede war.
Er führt die Änderung der Bochumer Stellplatzsatzung an. „Mir gegenüber wurden insoweit 40 bis 60 Parkplätze für den Rewe-Markt, aber auch 120 bis 160 Fahrradstellplätze insbesondere für die Wohnungen benannt. Wohl bemerkt: für 40 Wohnungen. Die Anzahl der Fahrradstellplätze ist aber nur schwer als aktuell zwingend notwendig zu erkennen.“
„Das ist doch fern jeder Realität“, empört sich Edith Ringler. „So viele Fahrräder werden die Bewohner doch gar nicht besitzen, besonders die älteren nicht. Schließlich sollten dort auch seniorengerechte Wohnungen entstehen.“
Außerdem seien, so Kuberski, die drastisch gestiegenen Baukosten zu berücksichtigen. Man dürfe eine städtisches Wohnungsbaugesellschaft nicht in die Pleite treiben, zudem müssten die Wohnungen bezahlbar bleiben: „Ich setze da ganz auf die nächste VBW-Aufsichtsratssitzung.“
Das sehen nicht alle so rosig: „Meine Mutter ist 89 Jahre alt und nutzt einen Rollator. Sie sagt: Einen Supermarkt in Riemke werde ich wohl nicht mehr erleben“, bedauert Jürgen Reinhardt.