Bochum/Witten. Einer Millionenerbin wurde versuchte Hinterziehung von Erbschaftssteuern vorgeworfen. Sie wurde freigesprochen. Das Versäumnis lag woanders.

Die Millionenerbschaft kam für die 85-jährige Frau überraschend – und überraschend kam für sie auch ein Strafverfahren wegen Hinterziehung von Erbschaftssteuern. Am Donnerstag wurde die Angeklagte aber vom Amtsgericht freigesprochen. Selbst die Staatsanwältin hatte dies beantragt – „frohen Herzens“.

Die Seniorin aus dem Kreis Unna hatte Ende 2020 von ihrem relativ früh verstorbenen Neffen aus Witten ein Vermögen von rund 3,28 Millionen geerbt. 924.000 Euro Steuer waren dafür fällig.

Die Witwe war Alleinerbin. Das Testament stammt von 1981 und sah mehrere Erben vor, bis auf die Tante des Erblassers waren aber alle bereits verstorben. Hinterlassen wurden vor allem Immobilien.

Bochumer Amt für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen leitete ein Strafverfahren ein

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Im März und Mai 2021 forderte das zuständige Finanzamt Bochum-Süd die Erbin auf, eine Erbschaftssteuererklärung abzugeben. Dem kam die damals 83-Jährige aber nicht nach, so dass das Bochumer Amt für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen ein Strafverfahren einleitete. Jetzt kam es zum Prozess.

Die Angeklagte hatte früher als Schneiderin und Verkäuferin gearbeitet. Sie ist nicht vorbestraft. „Der Tod kam ganz überraschend“, sagte sie dem Gericht. „Wir mussten uns da erst einmal einbringen. Wir wurden ins kalte Wasser geworfen.“

Über ihren Sohn (51) wurden die Unterlagen an eine Steuerkanzlei übergeben. Diese ließ aber, wie sich im Prozess herausstellte, die Fristen verstreichen. „Keine Sensibilität“ dafür habe die Kanzlei gehabt, sagte die Richterin.

„Wir waren der Meinung, wir haben alles richtig gemacht“

Mehrfach soll der Sohn bei der Kanzlei angefragt haben, ob alles seinen Gang nehme, aber nichts erfahren haben. „Wir waren der Meinung, wir haben alles richtig gemacht“, sagte seine angeklagte Mutter.

Das Schöffengericht sah denn auch keinerlei Vorsatz für eine Steuerhinterziehung, so dass keine Strafbarkeit gegeben war. Die 924.0000 Euro sind längst bezahlt.

Die Richterin fragte die vermögende Angeklagte: „Haben Sie sich was gegönnt“?“ Antwort: „Nein, bisher noch nicht.“