Bochum. Bochum richtet seine Wohnungspolitik neu aus. Das Angebot an Bürger, sich daran aktiv zu beteiligen, nehmen nur wenige wahr.
Klar verpasst hat Bochum im vergangenen Jahr sein Ziel, 800 neue Wohnungen zu bauen. Nur 401 Wohneinheiten wurden fertiggestellt. Noch einmal 39,2 Prozent weniger als 2021 – auch da wurden die angepeilte Marke verfehlt. „Das heißt nicht, dass der Bedarf nicht da ist“, sagt Kai Müller, Abteilungsleiter Wohnen und Projekte der Stadt. Die Rahmenbedingungen seien schwierig; vor allem die Baukosten zu hoch.
Handlungskonzept Wohnen soll viele Interessen berücksichtigen
Damit ist eines der Spannungsfelder genannt, die die Neuausrichtung der Wohnungspolitik in Bochum begleiten. Andere betreffen die Frage, ob und wie viele Freiflächen überhaupt noch für den Wohnungsbau verwendet werden sollten und wie eng die sogenannte Verdichtung von Wohnraum – Aufstockung von Häusern und Bebauung von Flächen in bestehenden Siedlungen – denn ausfallen darf. „Das Austarieren unterschiedlicher Ziele ist die große Herausforderung“, sagt Stadtbaurat Markus Bradtke.
Gelingen soll das mit der Neufassung des Handlungskonzepts Wohnen. 2017 vom Stadtrat beschlossen, sollte das Programm helfen, Fragen zu beantworten wie „Wie wollen wir wohnen?“ und Lösungen zu finden für Probleme wie die sinkende Zahl von Sozialwohnungen und den Mangel an altersgerechten Wohnungen.
190.000 Wohnungen gibt es in Bochum
Sechs Jahre später steht das Handlungskonzept auf dem Prüfstand. Umstritten ist es, seit der Rat es 2017 beschlossen hat. Zu viel Flächenverbrauch, zu wenig sozial ausgewogen, zu sehr an den Interessen der Wohnungswirtschaft und zu wenig an denen der Bochumerinnen und Bochum ausgerichtet, das sind einige der Kritikpunkte.
Korrekturen hat es bereits gegeben. So will Bochum künftig Grundstücke eher verpachten als verkaufen, um seinen Einfluss auf Flächen nicht zu verlieren. Auch bahnt sich an, dass die starke Ausrichtung auf den Neubau – nicht zuletzt durch die Preisentwicklung in der Baubranche – abgemildert wird und stärker als bis jetzt die Entwicklung des Bestands von derzeit 190.000 Wohnungen in Bochum in den Fokus rücken soll. Viele von ihnen müssen fit gemacht werden für die Zukunft, d.h. vor allem energetisch saniert, aber auch besser auf Zielgruppen wie Senioren ausgerichtet werden.
Indes gibt es dabei einen Haken: 60 Prozent der Wohnungen gehören Privatpersonen. Der städtische Einfluss darauf ist eher gering; sieht man einmal von Beratungs- und Förderangeboten ab.
Verwaltung hat 2000 Bochumerinnen und Bochumer eingeladen
Wie stark Bau- und Wohnungsfragen die Bochumerinnen und Bochumer interessiert, lässt sich an der wachsenden Zahl von Bürgerinitiativen ablesen. Sie setzen sich mit diversen Bauprojekten in Stadtteilen und Quartieren auseinander und sind im Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung verbunden.
Die Beschäftigung mit dem Großen und Ganzen hält sich aber noch in Grenzen; zumindest auf dem sogenannten Dialogmarkt in der Rotunde, bei dem Bürgerinnen und Bürger geladen waren, um über die Neuausrichtung des Handlungskonzepts Wohnen mitzusprechen. 2000 Bochumer hat die Stadt direkt angeschrieben – ausgewählt nach dem Zufallsprinzip aus dem Einwohnerverzeichnis. „Außerdem haben wir in den Sozialen Medien, mit Plakaten und anderen Instrumenten für die Veranstaltung geworben“, sagt Kira Wilker von der Bauverwaltung. Das Interesse war überschaubar.
Tipps und Wünsche können noch online hinterlegt werden
Immerhin: Es gab einige Anregungen, die in Stichwörtern an Stellwände gepappt wurden. So etwa: „bei einer hohen Dichte geht die Wohnqualität verloren“, „im Neubau Variation an Wohnungsgrundrissen“, „Wohnungsangebote für Alleinerziehende und Singles“, „Wohnbedarf für weniger gut Verdienende“, „besser Sanierung als Neuversiegelung“.
Die Hinweise sollen ebenso in die Neufassung des Handlungskonzepts einfließen wie Tipps und Wünsche, die Bürger noch bis zum 15. Juni auf der Seite www.zukunft-wohnen-bochum.de hinterlegen können. Ende des Jahres soll das neue Konzept dann vorgestellt werden und, so der Stadtbaurat, die Ausrichtung der Wohnpolitik für die nächsten zehn bis 15 Jahre dokumentieren.