Bochum-Langendreer. Nach einem Unfall ging es schnell: Eine Bochumer Schule hat nun auf jahrelangen Ärger mit Elterntaxis reagiert. Die Schüler sind Teil der Lösung.
Seit vielen Jahren hat die Rudolf-Steiner-Schule (RSS) in Bochum-Langendreer ein Problem mit Elterntaxis. Jeden Morgen zwängen sich zig Eltern mit ihren Autos durch die enge Straße Witte-Wie, um ihre Kinder am Schultor rauszulassen. Schon lange sucht die Waldorfschule nach einer Lösung für das Verkehrsproblem. Nachdem es im Herbst zu einem Unfall kam, ging es jetzt schnell: Vier Elternhaltestellen sollen die Situation entspannen.
Ärger um Elterntaxis: So reagiert eine Schule in Bochum
Diese wurden vor dem städtischen Friedhof an der Stiftstraße eingerichtet und nun von der Schule im Beisein vieler Kinder offiziell eingeweiht. Zusätzlich zu den vier Piktogrammen auf der Straße rahmen zwei Hinweisschilder die vier Parkplätze ein. „Ab hier zu Fuß“ steht da drauf. Zur Sicherheit haben Schüler zusammen mit ihren Lehrern auch noch Fußspuren auf die Gehwege gemalt, um die optimale Route zur Schule vorzugeben.
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Diese soll aber nicht in Stein gemeißelt sein. Lehrer Folkert Ennen, der sich für die RSS um die Elternhaltestellen gekümmert hat, wünscht sich, dass die Schüler auch ganz neue Wege zur Schule entdecken. Idealerweise gemeinsam, in kleinen Gruppen. Die Strecke zur RSS ist nur ein paar Hundert Meter weit und auch für kurze Beine in fünf Minuten zu schaffen.
Ennen setzt auf die Kinder als Botschafter. „Sagt euren Eltern, dass es nun diese Parkplätze gibt und ihr von dort zur Schule gehen möchtet.“ So soll die neue „Kinderanlieferzone“ nach und nach immer mehr Akzeptanz gewinnen, damit „wir den Verkehr von der Schule fernhalten können“.
Gerade morgens um kurz vor Acht ist die Situation dort sehr angespannt. Auf der Witte-Wie, einer engen und meist zugeparkten Anwohnerstraße, kommt es dann regelmäßig zu abenteuerlichen Wende- und Ausweichmanövern. Und zu brenzligen Situation. Wie im September, als ein siebenjähriger Junge während der Fahrt mit seinem Rad von einer sich öffnenden Fahrertür eines parkenden Autos umgestoßen wurde. Zum Glück ist nicht viel passiert, aber die Mutter sah sich veranlasst, einen offenen Brief an die WAZ-Redaktion und die Schule zu schicken. Damit der Unfall ihres Jungen zum Anlass genommen werde, etwas zu ändern.
Das hatte die RSS ohnehin vor, verrät Folkert Ennen. Man sei zuvor schon in Kontakt mit der Stadt gewesen, um nach einer Lösung zu suchen. Der Unfall habe das Ganze dann beschleunigt. Nach Begehungen des Schulumfeldes sei man mit der Verwaltung überein gekommen, einen Außenbereich des Parkplatzes vor dem Friedhof zu Elternhaltestellen zu machen.
Hier passe es ganz gut, sagt auch Stadtplaner Martin Daum. Hier stünden die Parkplätze auch nicht so in Konkurrenz zur Nachbarschaft. Man wolle nun schauen, wie diese Alternative von den Eltern angenommen werde. An der Witte-Wie sei begleitend dazu eine bauliche Einengung rund um das Schultor vorgesehen, um das Nutzen dieser Verbindung möglichst unattraktiv zu machen.
Angebot auch für die Sekundarschule
Nicht nur für die Rudolf-Steiner-Schule (RSS) sind die vier Elternhaltestellen am Friedhof an der Stiftstraße gedacht. Auch Eltern, die ihre Kinder zur benachbarten Nelson-Mandela-Schule bringen, sollen diese Plätze nach Möglichkeit nutzen. Die Sekundarschule sei bei der Lösungssuche „mit im Boot“ gewesen, sagt RSS-Lehrer Folkert Ennen.
Innerhalb der Schule wolle man über das Schulparlament, die Klassen und Elternabende für die nötige Akzeptanz der Elternhaltestellen sorgen. „Vielleicht werden sich aber auch ein paar Schüler Warnwesten überziehen und entlang der Witte-Wie Flyer verteilen“, überlegt Ennen.
Ob man die Witte-Wie komplett autofrei hinbekomme, wie es sich Folkert Ennen für die Zukunft wünscht, vermag Daum noch nicht zu sagen. Da gelte es ja auch die Interessen der Anwohner zu berücksichtigen. „In Köln wird so etwas gerade ausprobiert. Mal sehen, wie das dort klappt.“
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Gut funktioniert habe auf jeden Fall die Zusammenarbeit mit der RSS, betont Martin Daum. „Nun muss die Schule auf die Eltern zugehen.“ Auch der ADAC sei beteiligt gewesen. „Der hat die Schilder gestellt.“ ADAC-Vertreter Thomas Oehler bezeichnet die jetzige Lösung als „Spitzenklasse“. Es werde die Sicherheit der Kinder auf jeden Fall erhöhen, wenn diese nicht mehr aus in zweiter Reihe geparkten Autos sprängen.
Findet auch Andrea Specht. Die Polizistin kennt die Situation an der RSS. „Ich betreue acht Schulen und sechs Kindergärten im Stadtteil, die Witte-Wie zählt sicherlich zu den Brennpunkten. Da ist immer Chaos“, sagt sie. Die Elternhaltestellen am Friedhof hält sie für eine gute Idee. „Ich bin gespannt, wie sie angenommen werden.“ Sie werde das auf jeden Fall beobachten.