Bochum-Wiemelhausen. Seit Jahren verkommt ein denkmalgeschütztes Haus im Bochumer Süden zusehends. Anwohner wittern Kalkül und fürchten um den Charakter des Viertels.
Das Dach hat Löcher, die Fenster sind mit Spanplatten gesichert, der Jägerzaun am oberen Ende des Grundstücks liegt auf der Seite: Die besten Jahre des Hauses Eichenweg Nummer 33 sind ganz offensichtlich vorbei. Das einstige Maschinenhaus von Schacht Anna steht seit Langem leer, schon mehrfach haben Anwohner und Spaziergänger Sorge um das denkmalgeschützte Haus geäußert. Gut zwei Jahre liegt die letzte Nachfrage bei der Stadt zurück. Was hat sich seitdem getan?
Der untere Teil des Grundstücks ist inzwischen mit einem Bauzaun abgesperrt, ein gelbes „Betreten verboten“-Schild ins Gras gefallen. Im Garten sieht man einen alten Kühlschrank und einen Röhrenfernseher liegen, Haus und Grundstück wirken sich selbst überlassen. 2017, teilt die Stadt auf WAZ-Nachfrage mit, hat der Besitzer zuletzt gewechselt.
Stadt teilt mit: Eigentümer will Maschinenhaus für Wohnzwecke sanieren
„Der private Eigentümer plant, das Maschinenhaus für eigene Wohnzwecke selbst zu sanieren und umzubauen“, berichtet Stadtsprecher Peter van Dyk. Die Stadt sei „hierzu seit einiger Zeit in Planungsgesprächen mit dem Eigentümer und seinem Architekten, die derzeit die denkmalrechtliche Erlaubnis und den Bauantrag für die Sanierungsmaßnahme vorbereiten“.
„Ein bisschen verwunschen war es immer“, sagt Friedhelm Hilgenstöhler über das Maschinenhaus. Der 74-Jährige ist in der Nähe aufgewachsen. Schon „als Pimpf“ sei er hier vorbeigekommen, schon damals sei das efeubewachsene Haus eindrucksvoll gewesen. „Es ist“, sagt er, „einfach ein Zeitzeuge aus der Zeit des Bergbaus.“
Zechen-Denkmal am Eichenweg: Das Dach ist undicht
Auch Klaus Eickhoff (52) wohnt nicht weit vom Eichenweg, während seines Studiums verschlug es ihn nach Brenschede. „Das ist ein ganz tolles Gebäude“, sagt er, „wirklich historisch.“ Sollte es verschwinden, „verlöre der eigentlich so schöne Stadtteil Charakter“.
Genau das befürchten die Wiemelhauser. „Man muss doch nur eins und eins zusammenzählen“, sagt Eickhoff. „Das Dach ist undicht, da regnet es rein, im Winter friert’s...“ Er vermutet ein System dahinter: „Das Haus vergammelt so lange, bis es nicht mehr erhaltenswert ist.“ Auch Peter Kranold, ein weiterer Anwohner aus dem Viertel, wittert Kalkül. „Ist doch immer dasselbe“, sagt der 75-Jährige. Stillstand, Verfall – und dann? Abriss? Neubau neuer Luxusimmobilien?
Denkmalschutz: Stadt im Kontakt mit dem Hauseigentümer
Stadtsprecher Peter van Dyk hält dagegen. „Als Besitzer eines Denkmals muss man das instandhalten!“, sagt er. Ein Denkmal zu besitzen, bedeute aber nicht, „dass ich es in dem Zustand vorweisen muss, wie es mal gebaut wurde. Es darf Schäden haben. Es darf nur nicht verschwinden.“ Die Stadt stehe in Kontakt mit dem Hauseigentümer, „und wir haben überhaupt keine Veranlassung zu glauben, dass er sich nicht kümmert“.
Und wenn doch? „Sollte es in absehbarer Zeit hier nicht zur Sanierung kommen und das Denkmal gefährdet sein, wird die Stadt Bochum mit entsprechenden rechtlichen Mitteln die Instandsetzung des Maschinenhauses fordern“, teilt van Dyk mit. Reagiert der Eigentümer dann nicht, seien auch Bußgelder möglich.
Neues Wohnen im alten Maschinenhaus – das gefiele den Männern aus der Nachbarschaft. „Man müsste das Haus auf den alten Stand bringen“, sagt Peter Kranold. „Oben Wohnungen… und unten eine schöne Kneipe.“ Auch Friedhelm Hilgenstöhler lässt sich zum Träumen hinreißen: „Wie wäre es mit einem kleinen Museum?“, fragt er. Brenschede könnte einen Ort für ein Heimatmuseum gebrauchen. Am Eichenweg 33 hätte es eine Adresse mit Geschichte.
Die Zeche Glücksburg und der Schacht Anna
Seit 1985 weist eine Infotafel am Straßenrand des Eichenwegs auf die Geschichte des Maschinenhauses hin: Mitte des 19. Jahrhunderts wurde hier der zur Zeche Glücksburg gehörende Schacht Anna abgeteuft, 1856 nahm Schacht Anna mit einer Dampfmaschine zur Förderung der Steinkohle den Betrieb auf.
Das Maschinenhaus dokumentiert nach Ansicht der Denkmalbehörde die bergbaugeschichtlich interessante Übergangszeit vom Stollenbau zum Schachtbau. Es sei bedeutend für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse im frühen Schachtbetrieb der Kohleförderung.
Die Zeche Glücksburg wurde 1863 mit dem Julius Philipp Erbstollen (Lottental) zur Zeche Julius Philipp zusammengelegt. Der Malakoffturm an der Markstraße ist bis heute erhalten. 1878 wurde der Kohleabbau am Schacht Anna wieder eingestellt. In den Folgejahren diente er noch als Wetterschacht, also zur Belüftung. Die Zeche Julius Philipp wurde schließlich 1905 geschlossen.