Bochum-Querenburg. Schimmel in den Wohnungen, hohe Nebenkostenabrechnungen: Mieterinnen aus Bochum protestieren gegen Wohnungsunternehmen – und tun sich zusammen.
Bahar Hajo lebt mit ihren zwei Kindern in der Bochumer Hustadt – und sorgt sich um deren Gesundheit. Denn ihre Wohnung ist von Schimmel befallen, wie sie auf Fotos zeigt. Die Stellen im Wohnzimmer seien inzwischen gereinigt und überstrichen worden. „Aber die Ursache ist damit nicht behoben“, sagt sie. Hajo klagt wie viele andere Anwohnerinnen über die großen Wohnungsunternehmen Peach Property Group und Grand City Property, denen sie viel Geld zahlen für Räume, die sie als unbewohnbar beschreiben. Beschwert haben sie sich immer wieder, einzeln. Jetzt tun sich die Mieterinnen zusammen – und protestieren öffentlich.
Angst wegen Schimmel: Protest gegen Wohnungsunternehmen
Während sich die Stadt Bochum wegen Schimmel mit ihren Einrichtungen aus dem Uni-Center zurückzieht (siehe Info-Box), haben die Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils, die oftmals unter den gleichen Problemen leiden, diese Möglichkeit nicht. Sie fühlen sich allein gelassen.
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„Wir wehren uns“, steht auf den Plakaten, die die Frauen auf dem Brunnenplatz mitten in der Hustadt hochhalten. „Es ist ein Menschenrecht, in einer menschenwürdigen und gesunden Wohnung zu leben“ und „Gemeinsam sind wir stark“. Diese Gemeinschaft wollen sie jetzt nutzen, um ihren Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen. Sie wollen, dass man ihnen auf Unternehmensseite zuhört, ihre Probleme ernst nimmt und die Schäden an den Häusern und in den Wohnungen behebt. Zeitnah.
Der Schimmelbefall wie in der Wohnung von Bahar Hajo sei kein Einzelfall, berichten die Frauen. Damit hätten fast alle zu kämpfen. Eine alleinerziehende Mutter von fünf Kindern zeigt Fotos aus Bad und Küche, auf denen Löcher in den Wänden zu sehen sind – und Stromkabel. Repariert werde nichts. Und wenn man sich beschwere, werde einem angeraten, sich doch eine andere Wohnung zu suchen, wenn man unzufrieden sei.
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Unterstützung erhalten die Frauen aus der Hustadt unter anderem von dem Netzwerk „Stadt für Alle“. Die „soziale Bewegung“, wie Rebecca Sirsch und Kirsten Heining sie nennen, setze sich für eine Stadt mit bezahlbarem Wohnraum ein, der sich zudem in einem guten Zustand befinden sollte. „Wir helfen gern mit unseren Erfahrungen“, sagt Sirsch, „sind aber eher beratend unterwegs.“
Probleme in der Hustadt: Mieterverein sieht auch die Stadt Bochum in der Pflicht
Auch der Mieterverein Bochum will helfen. Dabei geht es nicht nur um bauliche Mängel. Die Mieterinnen klagen auch über sehr hohe Nebenkostenabrechnungen. Zum Teil lägen die Nachforderungen im vierstelligen Eurobereich, heißt es. Man habe schon einige Vergleiche erzielt, sagt Martin Krämer vom Mieterverein. Wenn es denn gelinge, Kontakt zu den besagten großen Wohnungsunternehmen aufzunehmen. „Die reagieren oft einfach nicht.“
Daher findet Krämer auch richtig und wichtig, dass die Mieterinnen sich zusammentun und öffentlich protestieren. „Öffentlichkeit kann ein Druckmittel sein.“ Er sieht bei den Problemen wie in der Hustadt aber auch die Stadt in der Pflicht. Krämer bezieht sich auf das Wohnungsaufsichtsgesetz, wonach Kommunen bei Missständen Instandsetzungen anordnen können, wenn der Eigentümer nicht handelt. „Von daher müssen die Menschen hier auch die Stadt ansprechen. Dieser Weg ist vielen unbekannt, da helfen und beraten wir unsere Mitglieder dann auch gern.“
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Die Peach Property Group bestätigt ein Schimmel-Problem. „Im Objekt am Hustadtring 71 gibt es aktuell drei Wasserschäden, auf die die Schimmelschäden zurückzuführen sind“, teilt Unternehmenssprecher Sven Heim auf WAZ-Anfrage mit. „Alle drei Wasserschäden befinden sich aktuell bereits in der Abarbeitung.“ Da mehrere Wohnungen betroffen seien, „ist es nicht einfach, für alle Mieter zur selben Zeit einen Termin für die Arbeiten zu vereinbaren. Die Termine für die Trocknung und Instandsetzung erfolgen daher individuell mit dem jeweiligen Mieter“.
Uni-Center: Stadt kürzt Mietzahlungen
Wegen des Schimmelbefalls hat die Stadt die von ihr angemieteten Bereiche inzwischen größtenteils verlassen. Das Bürgerbüro ist geschlossen, die Arbeit wird auf andere Bürgerbüros aufgeteilt. Das Jugendamt ist wieder dort, wo es vorher war – im ehemaligen Kirchenforum. „Der Mietvertrag ist inzwischen abgeschlossen, der Umzug läuft gerade“, sagt Stadtsprecher Peter van Dyk.
Die Bezirksverwaltungsstelle läuft nur noch im Notbetrieb. Die Mitarbeiter befinden sich im Homeoffice und sind jeden Tag nur kurz vor Ort, um nach der Post zu schauen. „Es ist beabsichtigt, für die Verwaltungsstelle sowie für die politischen Fraktionen Ersatzflächen anzumieten“, verrät van Dyk. „Bezüglich einer möglichen Fläche befinden wir uns in konkreten Gesprächen.“
Für die Flächen, die nicht mehr nutzbar sind, „wurde eine Mietkürzung auf Null vorgenommen“, berichtet Peter van Dyk. Das gelte nicht für die Flächen der Bücherei, die ja noch genutzt würden. Dort gebe es keinen Wasserschaden.
Grundsätzlich stellt die Peach Property Group fest, bestehe kein bauliches Problem an diesem oder anderen Objekten im Quartier. Die Schimmelschäden resultierten lediglich aus den aktuellen Wasserschäden. Durch die nassen Wände infolge der Wasserschäden sei es möglich, dass entfernter Schimmel wieder auftritt. Man geht aber davon aus, durch die Trocknungsarbeiten die Schäden nachhaltig beheben zu können.
Wohnungsunternehmen bestätigt nur gestiegene Müllkosten
Zudem behauptet die Peach Property Group, alle gemeldeten Schäden würden durch den Instandhaltungsdienstleister des Unternehmens zeitnah beseitigt, sofern diese durch den Mieter gemeldet würden. Höhere Nebenkostenabrechnung resultieren laut Peach durch erhöhte Müllkosten, die auf Mieterverschulden zurückgingen. „Es wird viel Sperrmüll verursacht und viele Mieter trennen den Müll nicht, so dass das Unternehmen ein Abfallmanagement beauftragen musste.“ Man sei bemüht, die Kosten in diesem Punkt wieder zu senken.
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So ins Detail wie die Peach Property Group geht man bei Grand City Property – u. a. zuständig für das Uni-Center – nicht. „Wir investieren regelmäßig und verbessern den Wohnraum und das Wohnumfeld“, übermittelt Sprecherin Teresa Staill. „So führen wir beispielsweise fortlaufende Wohnungsrenovierungen durch, bei denen die Wohnungen mit Laminat, neuer Keramik und Fliesenspiegeln u. a. ausgestattet werden.“ Man habe auch das Dach saniert und Aufzüge erneuert. „Weitere Investitionen setzen wir Zug um Zug sowie planvoll um.“ Man strebe als Hausverwalter „immer eine zügige Mängelbeseitigung an“ und leite „nach Kenntnis jeweils umgehend alle notwendigen Maßnahmen in die Wege“.