Bochum. Tausende ukrainische Kinder sollen nach Russland verschleppt worden sein. Ein Heim bietet Schutz. Finanziert wird es durch Spenden aus Bochum.

„An den russischen Checkpoints werden die Kinder aus den Autos geholt und den Eltern regelrecht entrissen.“ Ivan Stukert prangert Verbrechen im Ukraine-Krieg an. Zu Tausenden würden Kinder verschleppt und nach Russland entführt, berichtet der Pastor, der für die Gesellschaft Bochum-Donezk regelmäßig im Kriegsgebiet im Einsatz ist. Schutz finden mehr als 100 Jungen und Mädchen in der „Sonnenblume“: ein Kinderheim, das komplett durch Bochumer Spenden finanziert wird.

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Seit zehn Jahren engagiert sich Stukert für soziale Projekte in der Ukraine. Im Donbass, wo schon seit 2014 ein erbarmungsloser Krieg tobt, wurden Flüchtlinge entlang der Frontlinie mit Hilfsgütern versorgt. In Donezk unterhielt der Bochumer Partnerschaftsverein ein Krankenhaus für leukämiekranke Kinder. In der Region Tscherkassy in der Zentral-Ukraine wurde eine alte Schule zu einem Ferienheim umgebaut, in dem Kriegskinder einige unbeschwerte Tage verbringen konnten.

Gesellschaft Bochum-Donezk: 120 Kinder leben im „Sonnenblumen“-Heim

Das Heim erfährt seit Beginn des russischen Angriffskrieges vor einem Jahr eine nochmals größere Bedeutung. Bis zu 120 Kinder leben jetzt meist dauerhaft hier: Waisen, deren Eltern im Krieg starben; Babys, Kleinkinder und Jugendliche, die von ihren ums Überleben kämpfenden Familien in Sicherheit gebracht wurden. Sie stammen vielfach aus dem Donbass, aber auch aus den zeitweise russisch okkupierten Regionen, die in den vergangenen Monaten von der ukrainischen Armee befreit wurden.

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„Kriegskinderheim“ nennt die Gesellschaft Bochum-Donezk ihr Domizil, das kürzlich um eine Krankenstation erweitert wurde. Zuvor unerreichte 800.000 Euro Spendengelder binnen eines Jahres bieten dem Verein die Gewähr, dass sämtliche Kosten gedeckt sind. Auch ein beträchtlicher Teil der Hilfslieferungen mit Kleidung, Medikamenten und Hygieneartikeln ist für das Kinderheim bestimmt. Am Dienstag machte sich der 38. Transporter an der Sammelstelle an der Herner Straße auf den Weg.

Ivan Stukert ist regelmäßig im Kinderheim der Gesellschaft Bochum-Donezk in der Ukraine zu Besuch. Dieses Bild zeigt ihn bei der Übergabe von Fußballtrikots, die vom VfL Bochum gespendet wurden.
Ivan Stukert ist regelmäßig im Kinderheim der Gesellschaft Bochum-Donezk in der Ukraine zu Besuch. Dieses Bild zeigt ihn bei der Übergabe von Fußballtrikots, die vom VfL Bochum gespendet wurden. © Stukert

Bochumer Pastor: Eltern und Kinder werden gewaltsam getrennt

Für die „Sonnenblumen“-Kinder ist die Gefahr von Entführungen gebannt. Dabei passierten diese Verbrechen täglich, schildert Ivan Stukert im WAZ-Gespräch. Auf 15.000 werde die Zahl der Kinder geschätzt, die von russischen Besatzern seit dem Einmarsch verschleppt wurden. Moskau weist den Vorwurf zurück und gibt vor, die Kinder „in Sicherheit bringen zu wollen“.

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„Es ist einfach nur grausam“, berichtet der 38-Jährige, der mit einem Netzwerk weiterer Verbände und Initiativen zusammenarbeitet. Familien, die aus dem Donbass oder weiteren besetzten Regionen fliehen, würden getrennt: „Die Kinder müssen da bleiben. Die Eltern und Großeltern dürfen passieren.“ Was passiert mit den Kindern? Stukert: „Sie werden nach Russland oder auf die Krim deportiert und zur Adoption freigegeben. Dafür erhalten sie eine neue Identität. Aus Michael wird Sergej. Und das alles mit Duldung der russischen Behörden.“

Rückholung aus Russland ist ein schwieriges Unterfangen

Nach Angaben von Ivan Stukert ist es ihm und seinen Partnern gelungen, bisher 44 Kinder aus Russland in die Ukraine zurückzuholen. Ein schwieriges Unterfangen. Von gefälschten Ausweisen ist die Rede, von kooperierenden Ärzten, von Schmiergeldern. „128 Rückholungen waren es landesweit. Aber was ist das angesichts von 15.000 Fällen? Welchen Schmerz erleiden all die Eltern und Kinder?“

Wer die Arbeit der Gesellschaft Bochum-Donezk unterstützen will, findet alle Informationen auf bochum-donezk.de.