Bochum. Zu „Wo steht dein Maulbeerbaum?“ kamen weit mehr Besucher ins kleine Oval Office als erwartet. Nur 63 dürfen hinein, viele mussten wieder gehen.
Bei der Wiedereröffnung des Oval Office im Schauspielhaus Bochum ruckelt es noch heftig: So standen am Samstagabend kurz vor der Premiere von „Wo steht dein Maulbeerbaum?“ plötzlich weit mehr Zuschauer vor dem Theaterkeller, als überhaupt reindürfen. Der Unmut unter den Wartenden, die in einer langen Schlange auf der Treppe um Einlass begehrten, war groß. Etwa 30 von ihnen mussten wieder gehen.
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Premiere im Oval Office in Bochum wird förmlich überrannt
Der Grund für das überraschend große Interesse an dieser doch eher „kleinen“ Produktion ist simpel: Nebenan in den Kammerspielen wurde denkbar kurzfristig die bereits ausverkaufte Vorstellung von „Schrecklich amüsant, aber in Zukunft ohne mich“ abgesagt. Hauptdarsteller Stefan Hunstein war plötzlich erkrankt. Viele Zuschauer strömten stattdessen zur Premiere ins Oval Office, das aber nur Platz für maximal 63 Besucher bietet.
„Es tut uns total leid, dass wir einige Zuschauer abweisen mussten“, bedauert Schauspielhaus-Sprecher Alexander Kruse den Vorfall. „Das Oval Office wurde erst im Oktober als Spielstätte wiedereröffnet. Wir sammeln gerade selbst noch Erfahrungen und werden auch weiter am Konzept arbeiten.“
Jeder zahlt, soviel er möchte
Diskussionswürdig scheint vor allem die Idee, bei erwartbar stark gefragten Vorstellungen auf den Vorverkauf zu verzichten. Um das Angebot möglichst niederschwellig zu halten und auch spontane Besuche zu ermöglichen, gibt es die Karten nur direkt am Einlass – jeder zahlt, soviel er möchte. „Wir machen damit im Grunde gute Erfahrungen, weil wir so ein deutlich jüngeres Publikum erreichen als normal“, sagt Kruse. Vorerst möchte das Schauspielhaus an dem Ticket-Konzept also festhalten: „Die Situation am Samstag war schon eine besondere.“
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Rund 40 Zuschauer im angenehm gefüllten Saal schauten sich dann am Sonntag die zweite Vorstellung von „Wo steht dein Maulbeerbaum?“ an. Die Inszenierung der jungen Theatermacherin Tamó Gvenetadze, die das Stück auch selber schrieb, hat es verdient, in Ruhe und mit Konzentration verfolgt zu werden.
Als Au-pair-Mädchen aus Georgien nach Deutschland
Der „Maulbeerbaum“ ist ein Abend der leisen, nachdenklichen Töne. Mit drei Schauspielern (Mercy Dorcas Otieno, Marius Huth und Risto Kübar) fächert Gvenetadze hier exemplarisch ihre eigene Einwanderungsgeschichte auf: Als Au-pair-Mädchen kam sie in jungen Jahren aus Georgien nach Deutschland – und bis sie sich in ihrer neuen Heimat auch tatsächlich heimisch fühlte, war es offenbar ein langer, schmerzvoller Prozess. „Wenn ich nach vorne blickte, sah ich nur Angst, und wenn ich hinter mich blickte, sah ich einen großen Abgrund“, heißt es dort.
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Vom Ankommen in einem fremden Land, von Entwurzlungen, Enttäuschungen und falschen Hoffnungen erzählt Tamó Gvenetadze auf vielfältige Weise. Eindrücklich erinnert wird an die Band „Soft Eject“, die in den 90er Jahren nach Deutschland kam. Direkt bei ihrer Ankunft wurde ihnen das Geld und ihre Bassgitarre geklaut, später spielten sie für ein paar D-Mark auf der Kortumstraße.
Zärtliche Briefe des Sängers an seine „liebste Lena“ in der Heimat liest Risto Kübar vor: „Ich liebe dich und vermisse dich“, heißt es darin. Am Ende wird auf ein großes Transparent mit roter Farbe gesprüht: „Exil ist harte Arbeit.“ Viel Beifall!
Dauer: ca. 70 Minuten. Wieder am 27./28. Januar, 5./10. Februar.