Bochum. So politisch war die Krone noch nie: Appelle der Solidarität mit Iran und der Ukraine prägten den Radiopreis in Bochum. Gefeiert wurde aber auch.
Plötzlich wird es ganz still in der Halle. Am Morgen sei ein 23-jähriger Demonstrant im Iran hingerichtet worden, berichtet Maryam, eine Hamburger Musikerin mit iranischen Wurzeln. All der Glamour und Glitzer, all die schrill-schrägen Aufgeregtheiten um Stars und Sternchen erscheinen obsolet, als Maryam zusammen mit Nico Santos voller Inbrunst das Lied „Baraye“ vorträgt: die Hymne der iranischen Freiheitskämpfer. Promis und Zuschauer sind aufgestanden. Viele haben Tränen in den Augen. Es ist einer von zwei wahrhaft bewegenden Augenblicken der 1Live-Krone, die am Donnerstagabend in die Jahrhunderthalle zurückkehrte.
1Live-Krone in Bochum: Freiheitskämpfer setzen diesmal die Akzente
Seit 2006 wird Deutschlands bekanntester Radiopreis in Bochum verliehen. Groß war die Freude über den Neustart der XXL-Show, die 2020 und 2021 wegen Corona ohne Publikum im WDR-Studio in Köln produziert werden musste. Mehr als 100 Medienvertreter waren akkreditiert: ein neuer Rekord. Etliche Größen aus Rock, Pop, HipHop und Comedy schritten im Blitzlichtgewitter über den Roten Teppich. Aufwendig war die Halle 1 erstmals zur TV-Arena mit 360-Grad-Bühne hergerichtet worden.
Die besten Bilder von der 1Live-Krone zeigen wir hier!
Doch die Akzente setzten nicht allein Casper, Marteria, Lena, Lea oder Kraftclub. Diesmal war es der Kampf um Freiheit und Frauenrechte, der die Preisverleihung nachhaltig prägte.
Ukrainische Helfer verbinden Wiederaufbau mit Techno-Partys
Bochum setzte via Liveübertragung im WDR-Fernsehen und -Hörfunk landesweit Signale. Das erste in Richtung Iran, wo eine junge Protestbewegung gegen das islamistische Herrschaftssystem aufbegehrt. Zunächst die Moderatorin Donya Farahani, danach Maryam und Nico Santos riefen zur Unterstützung der mutigen Demonstranten auf. Die Künstlerinnen und Künstler sollten dazu ihre Millionen-Reichweiten in den sozialen Medien nutzen.
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Das zweite Signal sendete „Repair Together“. Seit Mai bauen junge Ukrainerinnen und Ukrainer die durch den russischen Angriffskrieg zerstörten Wohnhäuser in ihrer Heimat wieder auf. 250 Gebäude sind bereits wieder bewohnbar. Die Besonderheit: Geschuftet wird mit wummernden Beats und Bässen. Die ehrenamtlichen Arbeitseinsätze werden als Techno-Raves organisiert. „Gemeinschaft ist das Wichtigste“, sagte der Initiator Dmytro „Dima“ Kyrpa, der mit drei Helfern den 1Live-Sonderpreis entgegennahm. Erneut erhob sich das Publikum von den Sitzen. „Das gibt uns Hoffnung“, bedankte sich Dima für das „große Zeichen der Solidarität“.
Promis lassen sich Freude an ihrer „Weihnachtsfeier“ nicht nehmen
So politisch war die Krone noch nie. Doch die bitterernsten Momenten in Kriegs- und Krisenzeiten mochten die Stimmung nicht zu trüben. Allzu lange hatte die Branche auf ihre angestammte „Weihnachtsfeier“ verzichten müssen. Schon am Roten Teppich (mit direkter Theken-Anbindung) wurde sich warmgetrunken.
Auf Krone folgt Rollschuhbahn
Nach der 1Live-Krone beginnt in der Jahrhunderthalle am Montag der Aufbau für den „Skate-Salon Ruhr“: eine 5000-Quadratmeter-Fläche für Skate- und Longboards, Inliner und Rollschuhe.
Kurzfristig wurde der Start von Sonntag (18.) auf Samstag (17.) vorgezogen. Das Pre-Opening läuft von 17 bis 21 Uhr.
Gute Nachricht für Kirmes-Fans: Gleichfalls in der Jahrhunderthalle feiert der Historische Jahrmarkt im Februar/März 2023 eine Rückkehr. Infos auf bovg.de.
Auch während der Live-Auftritte, abseits der Kamera, wurden die Promis auf ihrem weißen Gestühl mit Frischbier versorgt. Bei der schon legendären Aftershow-Party warteten eine Vielzahl von Spirituosen auf die Gäste – leider nicht auf die mehreren hundert 1Live-Hörer, die zwar einen Krone-Besuch gewonnen hatten, bei der Party aber außen vor blieben.
Moderatorin schwärmt von „Madison Square Garden des Sektors“
Was bleibt von der Krone 2022 im „Madison Square Garden des Sektors“ (so Moderatorin Mona Ameziane)? Die berührenden Iran-Ukraine-Appelle. Die strahlende Doppel-Gewinnerin Nina Chuba. Comedian Torsten Sträter, der sich als Laudator auf ungewohntem Parkett ordentlich schlug, bei einem Quiz mit aktuellen Charthits aber kapitulierte: „Ich muss wohl warten, bis Barry Manilow drankommt.“ Und der Schlusssong mit dem großartigen Casper: „Alles war schön und nichts tat weh.“ Stimmt.