Bochum. Wegen des massenhaften Schwarzhandels mit nachgemachten Potenzmitteln stehen seit Montag zwei Frauen (41, 47) und zwei Männer (45, 54) aus Herne und Haltern vor dem Bochumer Landgericht.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sie Generika der Präparate Viagra und Apcalis, die in Indien hergestellt wurden, über einen Zwischenhändler in Großbritannien nach Herne verfrachteten und dann auf Internetseiten unters Volk brachten - zu Einzelbeträgen bis zu 2000 Euro. In der Anklage ist von 29 666 Einzelverkäufen zwischen August 2006 und Mai 2009 die Rede.

Die verschreibungspflichtigen Potenzmittel gegen erektive Dysfunktion waren offenbar zwar wirksam, laut Anklage in Deutschland aber gar nicht zugelassen. Die Staatsanwaltschaft sieht einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz. Der gesamte Umsatz belief sich laut Anklage auf 2,3 Millionen Euro. Deshalb wird dem Quartett insgesamt auch eine Steuerhinterziehung von über 400 000 Euro vorgeworfen. Weitere Steuerverkürzungen sollen sie versucht haben.

Auch Appetitzügler, Haarwuchsmittel und Antidepressiva

Außer den Sex-Hilfsmitteln sollen die Angeklagten illegal mit verschreibungspflichtigen Appetit-Züglern, Haarwuchsmitteln und Antidepressiva gehandelt haben. Die Waren wurden laut Anklage in einer Wohnung in Herne, in einem Lager in Herten und in einem extra angemieteten Appartement eines Hotels in Gelsenkirchen gelagert. Als Lieferadresse dienten auch zwei Trinkhallen in Herne. Für den Vertrieb von Herne aus wurden eigene Internetseiten installiert - insgesamt 108. Ihr Name ist teilweise ordinär. Um den Handel zu forcieren, wurden im Ausland mehrere Firmen gegründet, hieß es.

Hauptangeklagter ist ein 54-Jähriger aus Herne. Er soll den ganzen Schwarzhandel gesteuert haben. Als er fürchtete, aufzufliegen, soll er die Geschäfte - nur offiziell - an den jetzt mitangeklagten 45-Jährigen aus Haltern übertragen haben. Die 47-Jährige aus Herne soll die Geliebte des Hauptangeklagten gewesen und nach und nach immer stärker in die Geschäfte mit eingestiegen sein. Die 41-Jährige aus Haltern, laut Anklage die Lebensgefährtin des 45-Jährigen, soll mit dem Verpacken der Waren betraut gewesen sein - für 1000 Euro Monatslohn.

Schon acht Monate U-Haft

Aufgeflogen war alles durch deutsche Zollfahnder. Ihnen fielen eines Tages vier verdächtige Pakete auf. Über 120.000 "Konsumeinheiten" wurden sichergestellt. Der Hauptangeklagte sitzt seit rund acht Monaten in U-Haft. Der gelernte Handwerker, später als Kaufmann tätige Mann ist einschlägig vorbestraft: Wegen Steuerhinterziehung hat er eine Strafe von zwei Jahren Haft auf Bewährung im Nacken. Sollte er jetzt erneut verurteilt werden, würde jene Strafe wohl noch zusätzlich vollstreckt. Dem Vernehmen nach ist er teilweise geständig. Die anderen haben im Ermittlungsverfahren im Grunde alles eingeräumt.

Für den Prozess sind mehrere Wochen vorgesehen. Richter Volker Talarowski will aber nicht jedes Detail breittreten: „Wir haben nicht Lust, 29 000 Sachen öffentlich zu verlesen.”