Bochum. Während Bochum eine Erfüllungsquote von 232 Prozent hat, lassen sich andere NRW-Städte viel Zeit mit der Aufnahme von jungen Geflüchteten.
Unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA), die nach Nordrhein-Westfalen kommen, werden zunächst in Bochum registriert und betreut. So ist die Absprache mit dem Land. Verteilt werden sollen sie auf alle Städte und Kreise in NRW. Tatsächlich bleiben die „Unbegleiteten“ oft viel länger als geplant und stellen Bochum vor große Herausforderungen. „Deshalb erhöhen wir jetzt den Druck auf die Kommunen und Kreise“, sagt Sozialdezernentin Britta Anger.
Junge Flüchtlinge: Übergabe an andere Städte dauert oft sehr lange
179 Kinder und Jugendliche ohne Begleitung waren am Dienstag in Obhut von Sozialamt und Wohlfahrtsverbänden. Die meisten von ihnen sollen andernorts betreut werden und für etwa 100 gibt es auch schon Zuweisungen, so die Dezernentin. Aber bis zur Übergabe dauere es bisweilen sehr lange. Oft viel zu lange, was die Stadt in Sachen Unterbringung und Betreuung an ihre Grenzen bringt. Anger: „Früher haben wir uns erst sehr lange mit den Jugendämtern ausgetauscht. Jetzt setzen wir Termine.“ Untergebracht sind die Jugendlichen derzeit u.a. in Turnhallen. Für besonders junge UMA soll demnächst eine weitere Einrichtung an der Kemnader Straße eröffnet werden.
Während Bochum mit einer Erfüllungsquote von 232 Prozent einsamer Spitzenreiter in Sachen UMA-Betreuung sei und nur Aachen als Grenzstand dem halbwegs nahe komme, bleiben viele andere hinter ihren Quoten zurück. Nicht wenige liegen im Minusbereich. Anger: „Es gibt kleinere Jugendämter, die ein oder zwei Personen übernehmen sollen. Aber es gibt auch Jugendämter von Städten und/oder Kreisen, da geht es um 30 Kinder und Jugendliche.“
Sozialdezernentin erwartet einen „harten Winter“
Die Zuweisung durch den Landesverband Rheinland (LVR), der für die Verteilung zuständig ist, an Städte und Gemeinden funktioniere gut. Aber damit Bochum seine Kapazitäten als Erstaufnahmeort optimal einsetzen kann, sei eine möglichst reibungslose Übergabe an die anderen Kommunen nötig. Denn: Die Zahl der Flüchtlinge und damit auch der unbegleiteten jungen Flüchtlinge werde eher steigen als sinken, so die Sozialdezernentin. Sie sagt: „Ich mache mir schon Sorgen. Das wird ein harter Winter.“
Insgesamt 2189 geflüchtete Personen, so der Stand Ende November, sind derzeit in städtischen Einrichtungen untergebracht – davon sind etwa 500 Ukrainerinnen und Ukrainer, 335 Personen sind obdachlos. Um allen ein Dach über den Kopf bieten zu können, hat die Stadt den Mietvertrag mit der früheren Helios-Klinik in Linden zunächst bis März 2023 verlängert. Die Lage bleibt angespannt. Einen Unterschied zu 2015 sieht Anger allerdings: „Ukrainer und Ukrainerinnen finden eher Wohnungen als andere Geflüchtete.“