Bochum. Viele Haushalte suchen wegen der hohen Energiepreise verzweifelt nach neuen Anbietern. Doch eine Möglichkeit bleibt häufig außen vor.

Aktuell kennen das viele Haushalte: Der einstmals sorgfältig ausgesuchte Energieversorger kündigt höhere Preise für Strom und/oder Gas an – oder kündigt gar den Vertrag. Verzweifelt beginnt die Suche nach Alternativen. Außen vor bleibt dabei häufig der Blick auf den in den vergangenen Jahren vergessenen Grundversorger vor Ort. In Bochum sind das die Stadtwerke Bochum. Mit ihren Basistarifen lässt sich möglicherweise viel Geld sparen.

Große Unterschiede in der Grundversorgung bei Strom und Gas

„Früher hieß es immer ,raus aus der Grundversorgung’, heute sollten Haushalte diese beim Vergleich von Tarifen immer mit einbeziehen“, sagt Verbraucherschützerin Christina Wallraf. Die Referentin für den Energiemarkt bei der Verbraucherzentrale NRW verweist dabei auf eine aktuelle Untersuchung ihres Hauses zur Grundversorgung bei Strom und Gas in Nordrhein-Westfalen.

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„Verblüffend große Preisunterschiede“ seien dabei zum Stichtag 1. Oktober 2022 ans Licht gekommen. Die Durchschnittspreise inklusive Grundpreis liegen in unserem Bundesland demnach für Gas bei 15,04 Cent pro Kilowattstunde (bei 20.000 kWh pro Jahr) und für Strom bei 42,45 Cent/kWh (3000 kWh pro Jahr). Die Preise bei Gas variieren von 6,94 bis 32,20 Cent und beim Strom zwischen 27,14 und 79,48 Cent.

Stadtwerke Bochum kehren zum einheitlichen Tarif zurück

Für die Stadtwerke Bochum gibt die Verbraucherzentrale einen Gaspreis von 12,27 Cent/kWh an. Beim Strom unterscheidet der städtische Energieversorger zwischen Neukunden (58,31 Cent/kWh) und Bestandskunden (30,27 Cent/kWh). „Der zweite Strom-Grundversorgungstarif für Neukunden wurden zum 17. Dezember 2021 eingeführt, um den aktuellen Beschaffungskosten Rechnung zu tragen“, teilen die Stadtwerke auf Anfrage mit.

Viele Kunden in der Grundversorgung

Die Stadtwerke Bochum versorgen rund 60.000 Kunden mit Gas und 180.000 Kunden mit Strom. Den Tarif für die Grundversorgung beziehen davon 28.400 Gaskunden und 100.809 Stromkunden. Wegen der aktuellen Marktlage gibt es derzeit keine alternativen Tarife zur Grundversorgung.

Ein Angebot für besonders langjährige Kunden, wie es aktuell die Stadtwerke in Duisburg anbieten, planen die Stadtwerke Bochum nicht. „Wir werden die Preissituation weiter beobachten und unsere Tarifstruktur bewerten“, heißt es auf Anfrage.

Seit März 2022 erhalten Neukunden ausschließlich Ökostrom aus Wasserkraft nach dem Modell 2-1-0. Kunden zahlen freiwillig einen Aufpreis von 2 Euro 1, Euro oder keinen Zuschlag. Zurzeit gibt es 41.662 Ökostrom-Kunden. Im Tarif 2-1-0 haben sich 2131 Kunden für 2 Euro, 4975 für 1 Euro und 4999 für keinen Aufschlag entschieden.

Die Stadtwerke Bochum befinden sich mit dieser Praxis in (schlechter) Gesellschaft vieler Anbieter – und haben vermutlich den gleichen Ärger. Mehrere Gerichte haben die Splittung der Tarife nämlich mittlerweile für unzulässig erklärt. Niedrigere Stromtarife für Bestandskunden würden unzulässig durch hohe Neukundentarife quersubventioniert, so die Richter.

Wohl auch deswegen – und weil die Bundesnetzagentur dies dringend empfiehlt – gilt in Bochum in der Grundversorgung für Strom ab dem 1. November wieder ein einheitlicher Tarif von 25,44 Cent/kWh. Hinzu kommt ein Grundpreis von 12,04 Euro pro Monat. Rechnet man diesen wie die Verbraucherzentrale in ihrer Untersuchung auf einen Verbrauch von 3000 Kilowattstunden pro Jahr um, liegen die Stadtwerke Bochum mit rund 30 Cent/kWh immer noch deutlich unter dem Durchschnittspreis in NRW.

Zum 1. Januar 2023 steigen die Preise bei Gas und Strom

Wer bei den Stadtwerken nach dem 16. Dezember 2021 als Neukunde in die Grundversorgung Strom aufgenommen wurde, darf sich zudem über einen kräftigen Preisnachlass freuen. Für zwei Monate jedenfalls. „Die Stadtwerke Bochum planen eine Preiserhöhung beim Strom zum 1. Januar 2023. Auch hier haben sich die Beschaffungspreise stark verändert. Die Tarife werden zurzeit neu kalkuliert“, heißt es.

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Gleiches gilt für die Grundversorgung Gas. Nach dem Hick-Hack um die Gasbeschaffungsumlage entlastet zwar die Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 7 Prozent die Haushalte. Eine Erhöhung des Preises zum 1. Januar sei aber wegen der neu eingeführten Gasspeicherumlage sowie Anpassungen bei der Bilanzierungsumlage unumgänglich. „Wir warten die genauen Regelungen ab und werden unsere Tarife anschließend neu kalkulieren.“

Sowohl bei Strom als auch bei Gas aber gilt nichtsdestotrotz: Wer zurzeit deutliche höhere Preise zahlt, kann mit einem Wechsel in die Grundversorgung der Stadtwerke Bochum viel Geld sparen. Am Beispiel der Durchschnittspreise für Strom und Gas in NRW wären das jährlich beim Strom rund 350 Euro und beim Gas 550 Euro. „Für Bestandskunden lohnt sich der Wechsel in der Regel nicht“, heißt es indes beim Energieversorger. Nachschauen schadet trotzdem nicht.

Bestehender Vertrag muss ordentlich gekündigt werden

Wer in die Grundversorgung wechseln will, muss laut Verbraucherzentrale seinen bestehenden Vertrag kündigen (fristgerecht oder nach einer Preisanpassung mit Sonderkündigungsrecht) und einen Vertrag mit dem Grundversorger schließen. Wobei bereits allein die Entnahme von Energie aus dem Strom- oder Gasnetz wie bei einem Umzug auch als konkludenter Vertragsschluss gelten dürfte. Auch bei einer ordentlichen Kündigung durch den Versorger greift die Grundversorgung.

Geht aber ein Versorger pleite bzw. stellt er die Lieferung ein oder scheitert ein Anbieterwechsel, greift die sogenannte Ersatzversorgung. In Ausnahmefällen darf diese teurer sein als die Grundversorgung. „Vom Grundsatz her ist der Preis für Energie in der Ersatzversorgung aber genau der gleiche wie in der Grundversorgung“, heißt es bei der Verbraucherzentrale.