Bochum. Eisenbahnzulieferer BVV aus Bochum ist weiter in Nöten. Die IG Metall schlägt einen Zukunftstarifvertrag vor – mit unentgeltlicher Mehrarbeit.
Die wirtschaftliche Lage des Eisenbahnzulieferers Bochumer Verein Verkehrstechnik (BVV) ist weiterhin angespannt. Mit einem Zukunftstarifvertrag will die Gewerkschaft IG Metall dazu beitragen, das Unternehmen mit seinen allein etwa 500 Beschäftigten in Bochum zu stabilisieren und den Standort zu sichern. Es geht auch um ein Signal an die Banken.
BVV-Belegschaft soll wieder 40 Stunden in der Woche arbeiten
Der wichtigste Eckpfeiler der Vereinbarung, über die die IG-Metall-Mitglieder des BVV am Donnerstag, 18. August, in drei Belegschaftsversammlungen abstimmen sollen, besteht offenbar aus unentgeltlicher Mehrarbeit. „Das soll über mehrere Jahre gelten“, sagt Volker Strehl, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Ruhrgebiet.
Nach WAZ-Informationen soll die Belegschaft künftig wieder 40 statt 35 Stunden pro Woche arbeiten. Drei Stunden „schenken“ die Beschäftigten dabei dem Unternehmen, zwei sollen auf das Arbeitszeitkonto jedes Mitarbeiters gehen. Das alles, um den Kollaps zu verhindern und den Standort zu sichern.
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Als Gegenleistung soll der BVV einen Modernisierungsplan auflegen, um investieren und wirtschaftlicher produzieren zu können. Aus Kreisen des Unternehmens ist zu hören, eine chinesische Bank habe signalisiert, Kredite zu gewähren, sollte die Belegschaft den Sparmaßnahmen zustimmen.
Tariferhöhung soll in Etappen gezahlt werden
Die erstrittene Lohnsteigerung in der Branche von 6,5 Prozent von August an soll beim BVV gestreckt werden. Dem Vernehmen nach soll es erst vier Prozent mehr Lohn geben und erst später der volle Anstieg gezahlt werden. Wie die WAZ erfahren hat, sollen die vereinbarte Einmalzahlung von 500 Euro in Raten im August und September fließen. Später ausbezahlt oder angeblich lieber in Freizeit abgegolten werden soll die Sonderzahlung von 1000 Euro.
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„Es ist kein Geheimnis, dass das Unternehmen seit einigen Monaten in Schwierigkeiten steckt und derzeit in Gesprächen mit Banken ist“, so Strehl. Der Zukunftstarifvertrag soll Standort und Arbeitsplätze sichern und wäre auch ein Signal an die Banken. Mit ihm würden betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden. Gleichwohl bemüht sich der BVV offenbar darum, die Personalkosten zu reduzieren. Strehl bestätigt, dass Mitarbeitern Aufhebungsverträge angeboten werden.
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IG Metall hat BVV von Warnstreikmaßnahmen verschont
Der Gewerkschaftssekretär hat sich in den vergangenen Monaten gemeinsam mit dem Betriebsrat um Lösungsmöglichkeiten bemüht. Bei den Warnstreiks der Metaller im Juni im Rahmen der Tarifverhandlungen hat die Gewerkschaft die BVV-Beschäftigten nicht zur Teilnahme an den Arbeitsniederlegungen aufgerufen.
Nun hoffen alle Beteiligten, dass die Belegschaft mitzieht; der überwiegende Teil ist in der Gewerkschaft organisiert. Volker Strehl macht keinen Hehl daraus, was droht, sollte es nicht zu Zugeständnissen kommen: „Dann wäre der Standort in Teilen oder ganz gefährdet.“ Indes soll es auch kritische Stimmen unter den Beschäftigten geben, die Zweifel an der Erneuerungsfähigkeit des Hauses haben.
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Viele Wechsel an der Unternehmensspitze
Zu hohe Produktionskosten für noch abzuwickelnde Aufträge, alte Produktionsanlagen, zu wenige neue Aufträge und ausbleibende Zahlungen für längst erledigte Lieferungen sollen die Hauptgründe für die Schwierigkeiten des Traditionsunternehmens sein. In einer Mitarbeiterinformation vom 30. April heißt es: „In den ersten beiden Monaten haben wir beim BVV deutliche Verluste eingefahren.“ Auch für März werde kein positives Ergebnis erwartet.
Und: Offenbar mangelt es an Kontinuität in der Führungsebene. Nach der Entlassung des von der Belegschaft geschätzten Geschäftsführers Stefan Hölzl im Februar hat ein langjähriges Mitglied der Geschäftsführung das Unternehmen verlassen und ist ein Nachfolger Hölzls schnell wieder gegangen. Zwei neue Manager sind jetzt an Bord. Die Belegschaft fürchtet derweil, mit der Fertigstellung eines Werks in China könnten die meisten Aufträge des BVV von 2024 im fernen Osten erledigt werden.