Bochum. Rezeptfreie Medikamente binnen 30 Minuten frei Haus geliefert: Das verspricht der Online-Dienst „Mayd“ nun auch in Bochum. Apotheker üben Kritik.

Auf scharfe Kritik von Apothekern stößt der Start des Online-Dienstes „Mayd“ in Bochum. Er bringt rezeptfreie Apothekenprodukte frei Haus zu den Kunden. „Arzneien sind keine Pizza“, warnt die Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Inka Krude, Sprecherin der Bochumer Apotheken, beklagt eine „Bagatellisierung von Arzneimitteln“ und das Fehlen jeglicher Fachberatung.

„Meds at your doorstep“ – Medikamente bis zur Haustür: Dafür steht „Mayd“. Das Berliner Unternehmen ist in Nordrhein-Westfalen in Essen, Dortmund, Köln und Düsseldorf am Start – „und ab sofort auch in Bochum“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Neuer Service in Bochum: Ware wird von 8 bis 24 Uhr kostenlos geliefert

So soll es funktionieren:

– „Mayd“ kooperiert mit Apotheken vor Ort, die dafür eine „Plattformgebühr“ entrichten.

– Per App-Registrierung auf getmayd.com können die Kunden 2000 rezeptfreie Produkte online bestellen und bezahlen: von Aspirin bis zur Zahnpflege.

– Die Ware wird in den Partner-Apotheken abgeholt und von Boten zum Besteller gebracht.

– Geliefert wird täglich, auch am Wochenende, von 8 bis 24 Uhr, innerhalb von 30 Minuten, ohne Gebühren, ohne Mindestbestellwert.

Apothekerkammer bemängelt: Boten haben kein Fachwissen

Die Gründer Lukas Pieczonka und Hanno Heintzenberg, die auch Erfinder der Immobilien-Plattform McMakler sind, sehen die schnelle Lieferung als entscheidenden Vorteil zu Versandapotheken und niedergelassenen Betrieben. Das trage zur „flächendeckenden Versorgungssicherheit im medizinischen Bereich“ bei. Im Gegenzug ermögliche „Mayd“ den Apotheken „eine Maximierung ihres Geschäftes und somit viele Kunden abzuholen“.

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Dem kann Sebastian Sokolowski wenig abgewinnen. „Arzneimittel gehören in die Apotheke vor Ort“, bekräftigt der Sprecher der Apothekerkammer Westfalen-Lippe gegenüber der WAZ. „85 Prozent aller Kunden haben eine Stammapotheke, der sie vertrauen, wo sie bekannt sind und fundiert beraten werden. Das kann ein Online-Lieferdienst niemals leisten.“ Zu prüfen sei, ob die Zustellung mit fachfremden Boten rechtlich zulässig sei.

Inka Krude ist Sprecherin der 90 Bochumer Apotheken. Sie wirbt für den Bringedienst der örtlichen Pharmazeuten – fachliche Beratung durch die Mitarbeiter inklusive.
Inka Krude ist Sprecherin der 90 Bochumer Apotheken. Sie wirbt für den Bringedienst der örtlichen Pharmazeuten – fachliche Beratung durch die Mitarbeiter inklusive. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Apotheken halten eigenen Bringedienst für ihre Kunden vor

Nahezu alle 90 Apotheken in Bochum halten einen eigenen kostenlosen Bringedienst vor, sagt Sprecherin Inka Krude („Alte Apotheke“ auf dem Boulevard). „Unsere eigenen Mitarbeiter fahren zu den Kunden, bei uns sind es täglich 20 bis 40 Lieferungen. Vielfach ist uns die Krankengeschichte bekannt. So können wir bei Bedarf eine Beratung vornehmen“, so Krude.

Lieferservice setzt auch auf das E-Rezept

Mit dem digitalen E-Rezept könnten sich Kunden in Zukunft auch verschreibungspflichtige Medikamente nach Hause liefern lassen, kündigt MAYD an.

Neben der App-Beratung sei eine telefonische Beratung mit Apothekern möglich. Alle Fahrer seien fest angestellt.

Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe hat keine Erkenntnisse, wie viele Apotheken in der Region mit dem Online-Lieferservice zusammenarbeiten.

Die Ware treffe zwar nicht binnen 30 Minuten ein, aber noch am selben Tag. „Zudem arbeiten wir nachhaltiger. Wir sammeln die Bestellungen und liefern sie zweimal täglich aus. ,Mayd’ kommt für jede Packung einzeln ins Haus – und das ohne jede Expertise.“ Eine Kooperation sei für Apotheken zudem wenig ertragreich: „Die Gebühr geht ja von der Gewinnmarge ab.“

„Mayd“ schränkt Liefergebiet auf die Bochumer Innenstadt ein

Zweifel hegt Inka Kruda, ob „Mayd“ mit dem Lieferversprechen für Bochum das gesamte Stadtgebiet meint. In der Tat schränkt das Unternehmen auf WAZ-Anfrage ein: Zum Auftakt decke man „einen großen Teil der Bochumer Innenstadt ab“. Man arbeite wie auch in anderen Städten aber ständig daran, das Liefergebiet zu erweitern.

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Offen lässt eine „Mayd“-Sprecherin die Zahl der Partner-Apotheken in Bochum. „Aus wettbewerblichen Gründen“ könne man keine Angaben machen. Nur eine Apotheke wird genannt: die Pluspunkt-Apotheke im City Point.