Bochum. Bei der Plasmatechnik geht es um komplizierte Verfahren. Ein Startup aus Bochum hat dafür bislang einzigartige Messtechniken entwickelt.
Es ist eine Frage für die Maus: Was ist eigentlich Plasma? Moritz Oberberg kann sie beantworten. So wie es die Maus auch täte; nämlich verständlich. Und er kann ebenso verständlich erklären, was er und seine Mitstreiter mit ihrer Firma „House of Plasma“ tun.
Plasma kommt in ganz vielen Produkten vor
So viel vorweg: Es geht um High-Tech, um eine höchst anspruchsvolle Technologie, um Oberflächen zu optimieren. Und um eine einfache Erklärung: „Plasma bestimmt unseren Alltag, es kommt in ganz vielen Produkten vor, beim Entspiegeln von Brillengläsern ebenso wie beim Produktschutz in PET-Flaschen und in Alltagselektronik“, so Oberberg.
Der Haken bislang: Der komplizierte physikalische und chemische Prozess kann von außen nicht beobachtet werden, bestimmt aber die Qualität des Produkts. Es ist wie mit dem Ei. „Stellen sie sich vor, sie wollen ein Ei kochen und wollen die Konsistenz des Eigelbs vorgeben, können aber nur die Temperatur an der Schale messen“ sagt der 31-jährige promovierte Elektroingenieur und Geschäftsführer.
Startup entwickelt innovative Messtechnik
Und da kommt „House of Plasma“ ins Spiel. Das junge Unternehmen entwickelt innovative Messtechnik für Plasmaherstellungsprozesse und ist damit, was Sensorik und Einsetzbarkeit betrifft, allein auf dem Markt. „Die Technik bietet erstmals die Möglichkeit, Messgrößen im Plasma während der Produktionsprozesse live zu überwachen“, erklärt Moritz Oberberg.
Produktionsprozesse können so optimiert werden, etwa wenn es um die Reproduzierbarkeit von Beschichtungen geht. Sie werden günstiger und in der vernetzten Welt von Industrie 4.0 überhaupt erst verlässlich einsetzbar. Starke Argumente, um wirtschaftlichen Erfolg zu haben. Nun geht es darum, dass die Märkte von den Bochumern und ihrer innovativen Technik erfahren.
Markt für Glasbeschichtung hat großes Wachstumspotenzial
Dass Corona-bedingt viele Messen in den vergangenen Monaten nicht ausgetragen werden konnte, hat dabei nicht gerade geholfen. Aber jetzt wollen die drei Gründer – neben Oberberg der Elektroingenieur Geoffrey Mellar (33) und die Wirtschaftswissenschaftlerin Maria Schnober (28) – voll durchstarten. Es gibt eine Vielzahl von möglichen Abnehmern: Anwender, zum Beispiel Hersteller von Brillengläsern, ebenso wie Anlagenhersteller und Forschungseinrichtungen. Konzentrieren will sich das Trio zunächst auf die Glasbeschichtung, ein Markt mit großem Wachstumspotenzial.
Haus mit Komplettangebot
Mit dem Projektnamen „Bochum Innovation“ hat das junge Unternehmen begonnen. „Aber das schien uns noch nicht ganz passende zu sein“, sagt Mitgründerin Maria Schnober. Sie ist für Marketing und Vertrieb zuständig.Ihre Idee: „Wir nennen uns House of Plasma“, denn in dem imaginären Haus werde eine komplettes Leistungspaket angeboten: Hardware, Software und Service.
Die Anfänge sind vielversprechend: Im vergangenen Jahr hat „House of Plasma“ den Bochumer Gründerwettbewerb „Senkrechtstarter“ gewonnen und wurde zugleich auch noch als beste Hochschulausgründung ausgezeichnet. Das Unternehmen profitiert von der Nähe zur Ruhr-Uni. Bei der Gründung hat das Startup-Center der Worldfactory geholfen.
Förderung durch das Wirtschaftsministerium
Noch nutzt „House of Plasma“ Räume und Labore an der Uni. Aber nächstes Jahr, wenn die Förderung durch das Exist-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz ausläuft, will das junge Unternehmen den nächsten Schritt gehen: eine eigene Firmenadresse, die ersten Beschäftigten. „Wir hoffen, dass sich die Firma dann schon trägt“, sagt Moritz Oberberg.
Eines steht für ihn fest: „Wir bleiben in Bochum.“ Aus vielen guten Gründen. Einer davon ist, dass die Ruhr-Uni mit ihrer Plasmaforschung zu den weltweit führenden Forschungseinrichtungen auf diesem Gebiet gilt. Ein zweiter: „Bochum ist sehr vertraut mit Wandel. Da stimmt einfach das Storytelling“, so der Geschäftsführer.
So faszinierend wie die Nordlichter
Bleibt die Frage: Was ist eigentlich Plasma? Es ist ein Aggregatzustand. Nicht fest, nicht flüssig, nicht gasförmig, sondern noch etwas anderes. Und es entsteht, wenn einem Gas Energie hinzugeführt wird. Das im übrigen ist auch optisch faszinierend. Wie bei den Nordlichtern. Nordlichter sind Plasma. So einfach ist das.