Bochum-Dahlhausen. Mit der Open-Air-Feier in Bochum-Dahlhausen gaben viele Karnevalsvereine ein Lebenszeichen ab. Trotz Corona wurde ausgelassen gefeiert.

Dieser Moment hätte sicher einen noch größeren Rahmen verdient gehabt. Doch angesichts von Corona und einer stürmischen Nacht waren die Karnevalisten der Ruhrlandbühne in Bochum-Dahlhausen überhaupt schon froh, dass ihre Feier unter freiem Himmel auf dem Vereinsgelände an der Ruhr stattfinden konnte. Viele befreundete Vereine kamen zur Ruhrmühle, um mitzufeiern und ein Lebenszeichen abzugeben. Schließlich waren so gut wie alle Veranstaltungen in der Karnevalssession abgesagt worden. Ein Auftritt sollte dabei ein ganz besonderer werden, denn für ein Urgestein war es der letzte.

Bochum: Trotz Corona – einmal wird dann doch Karneval gefeiert

Da auch die aktuelle Karnevalssession ins Wasser gefallen ist, wollte es die Ruhrlandbühne unter freiem Himmel versuchen. „Damit wir zumindest ein bisschen feiern können“, sagt Dirk Schmieder, Geschäftsführer der Ruhrlandbühne. Bei der Stadt Bochum wurde ein umfangreiches Sicherheitskonzept eingereicht, das penibel umgesetzt wurde. „Damit es nicht wieder heißt, die Karnevalisten sind schuld“, so Schmieder.

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Am Eingang werden Immunisierung und Testung geprüft – inklusive Ausweis. Auf dem Gelände gilt Maskenpflicht, zudem dürfen nur 200 Gäste gleichzeitig feiern. Ein paar Vereine hätten auch abgesagt, sagt Schmieder. Wegen Corona, aber auch, weil sie kaum trainieren konnten. Auch die Ruhrlandbühne selbst ist von Corona betroffen: Weil sich beide Tanzmariechen in Quarantäne befinden, kann die Tanzgarde keine Vorführungen bieten.

Karneval in Bochum: Urgestein tritt nach 51 Jahren ab

Friedhelm „Fiete“ Adam hingegen ist fit. Er tritt an diesem Samstagmittag, 19. Februar, zum letzten Mal als Stimmungssänger auf. In seinem 51. Bühnenjahr als Mitglied der Ruhrlandbühne nimmt der 68-Jährige Abschied vom aktiven Karneval. „Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist“, sagt er, „und nicht, wenn man klapprig ist.“

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Davon ist Fiete noch weit entfernt. Doch es sei nun Zeit, abzutreten. So ganz wolle er auch gar nicht von der Bildfläche verschwinden. „Mit der Oldie-Truppe werde ich auch weiterhin in der Karnevalszeit durch die Altenheime ziehen“, kündigt er an.

Die Tanzgarde der Ruhrlandbühne präsentiert beim Open-Air-Karneval in Bochum-Dahlhausen die neuen Kostüme.
Die Tanzgarde der Ruhrlandbühne präsentiert beim Open-Air-Karneval in Bochum-Dahlhausen die neuen Kostüme. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

So mit 15 Jahren muss es gewesen sein, als Fiete Adam die Lust am Karneval entdeckt. „Ich bekam zu Weihnachten eine Gitarre geschenkt. Kurz darauf nahm mich Charly Borgböhmer, damals Sänger bei der Ruhrlandbühne, zum Vorsingen mit ins Vereinslokal“, erinnert er sich. „Vereinsgründer Heinz Köhler meinte anschließend, den Jungen können wir gebrauchen, der hat eine gute Stimme. Und so wurde ich gefördert.“

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Mit 17 Jahren steigt Friedhelm Adam 1971 bei der Ruhrlandbühne ein und sofort als Sänger Fiete auf die Bühne. Von dort bekommt ihn die nächsten 51 Jahre auch niemand mehr herunter. „Ich habe auf allen Bühnen im Ruhrgebiet gestanden“, sagt Fiete stolz. „Sogar in der Westfalenhalle. Aber ich kenne auch alle Gemeindesäle.“

Karneval in Bochum: Die ganze Familie ist jeck – bis auf eine Ausnahme

Das Singen auf der Bühne ist Fiete Adams Leben. Der Karneval bedeutet für ihn Lebensfreude pur. Freundschaften und die Gemeinschaft sind ihm wichtig. Auch die Bodenständigkeit. „Ich bin immer natürlich und umgänglich geblieben“, sagt Fiete und führt dies unter anderem auf seine berufliche Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann zurück. „Ich kann mit Menschen umgehen.“

Orden für 50 Jahre

Viele Orden wurden bei der Karnevalsfeier der Ruhrlandbühne verliehen. Da der Karneval im vergangenen Jahr ausfiel, wurde Fiete Adam erst jetzt für sein 50. Bühnenjubiläum geehrt. „Schön, dass mein Engagement für den Karneval so wertgeschätzt wird“, freut er sich. Adam ist bei der Ruhrlandbühne der einzige Träger des Verdienstordens in Gold vom Bund Ruhrkarneval.

Ausgezeichnet wurden noch zwei weitere Ruhrlandbühne-Mitglieder: Michaela Adam für 30 Jahre Vereinszugehörigkeit und Kassierer Sebastian Komorowski für 20 Jahre. SPD-Ratsfrau Sonja Gräf wurde zur Ehrensenatorin ernannt.

Der Ruhrlandbühne will Fiete Adam auch weiterhin treu bleiben („Ihr gehört mein Herz“), wenn auch eher im Hintergrund. Von dort will er weiter beobachten, wie sich Enkelin Romy macht. „Die war erst in der Kindergarde und ist jetzt in der richtigen Tanzgarde“, sagt der Opa stolz. Überhaupt sei seine ganze Familie jeck. „Meine Frau ist im Elferrat und feiert nächstes Jahr 50. Jubiläum bei der Ruhrlandbühne. Sie habe ich bei einem meiner Auftritte kennengelernt“, verrät er und lacht: „Da hat sie mich angehimmelt.“

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Tochter Michaela singt ebenfalls und kümmert sich um das Karnevalsprogramm. Sie ist auch schon seit 30 Jahren bei der Ruhrlandbühne. „Nur mein Sohn fällt aus der Reihe“, sagt Fiete Adam. „Der hat mit Karneval nichts am Hut.“

Die Zeit ohne aktiven Karneval kann sich Fiete Adam noch nicht so recht vorstellen. „Ich werde schon was vermissen“, sagt er, „und sicher auch so manche Träne heimlich vergießen. Aber ich bin ja nicht weg.“