Bochum. Der flammende Hilferuf einer Bochumer Wirtin auf Facebook sorgte Anfang Februar für Aufsehen. Was steckt dahinter? Willkommen im „Heidewitzka“!

„Jetzt lege ich den Fortbestand in eure Hände und bitte euch um Hilfe.“ Anfang Februar warf Heike Brandschädel den letzten Rettungsanker. Auf Facebook sendete sie einen Notruf, der nicht nur verzweifelt klingt, sondern auch genau so gemeint ist. Das „Heidewitzka“ ist in schwere See geraten. Der S.O.S.-Post zeigt Wirkung. Doch der Schiffbruch ist längst nicht abgewendet.

Weitmar liegt an der Waterkant. Zumindest meint man, Seeluft zu schnuppern, wenn man das „Heidewitzka“ betritt. Vor drei Jahren hat Heike Brandschädel die Bochum-Version der Hamburger Haifischbar im ehemaligen Café Bärendorf an der Hattinger Straße 218 eröffnet. Warum „Heidewitzka“? Weil die Chefin zwar Heike heißt, aber von allen nur Heide genannt wird. Und weil sich aus dem Uralt-Gassenhauer „Heidewitzka, Herr Kapitän“ prima ein urig-maritimes Gastro-Konzept stricken ließ.

Seit drei Jahren gibt’s das „Heidewitzka“ an der Hattinger Straße in Bochum-Weitmar. Für das Kleinod wird als „Spelunke & Kombüse“ geworben.
Seit drei Jahren gibt’s das „Heidewitzka“ an der Hattinger Straße in Bochum-Weitmar. Für das Kleinod wird als „Spelunke & Kombüse“ geworben. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

„Heidewitzka“ in Bochum: Heimathafen mit veganer Kost

Das habe im ersten Jahr gut funktioniert, erzählt die 53-Jährige inmitten kunterbunter Piraten-Kulisse mit Fischernetzen, Modellbauschiffen, Totenköpfen und anderem Tüddelkram. Das „Heidewitzka“ wurde für manchen Stammgast zum Heimathafen. Auf ein Bierchen (klar: Astra). Gern auch als Genießer der veganen Leckereien, die Heike, ‘tschuldigung: Heide in der „Kombüse“ zaubert, darunter Currywurst aus Weizeneiweiß (Seitan) und Gyros aus Soja-Geschnetzeltem. Alles Handarbeit.

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Der Traum der Ökotrophologin von einer erfolgreichen Selbstständigkeit in der Gastronomie, er schien Wahrheit zu werden. Dann kam die Pandemie. Und die mühsame Aufbauarbeit war für die Katz. Die Lockdowns gingen schnell ans Eingemachte. Die Mitarbeiter wanderten ab. Die staatlichen Hilfen flossen spät und spärlich und müssen jetzt zurückgezahlt werden. Zwischen den Corona-Zwangsschließungen kehrten viele ängstliche Gäste nicht oder nur zögerlich zurück.

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Facebook-Hilferuf erreicht mehr als 4000 Nutzer

Die „Spelunke“, wie Heide Brandschädel ihr Kleinod nennt, drohte zum Jahreswechsel 21/22 endgültig abzusaufen. Das Weihnachtsgeschäft fiel komplett aus. 2G-plus tut noch immer weh. Mit der Kündigung der Riester-Rente waren die letzten Rücklagen aufgebraucht. „Ich hab’ damals nur noch geheult“, sagt die Bochumerin – und fängt im WAZ-Gespräch prompt wieder an zu weinen.

Vegane Speisen werden auch auf die Reise geschickt

Das „Heidewitzka“ an der Hattinger Straße 218 ist jetzt wieder donnerstags bis sonntags ab 17 Uhr geöffnet.

Die hausgemachten veganen Speisen können auch abgeholt werden.

Heides vakuumverpackten Würstchen oder Gyros-Portionen werden auch per Post auf die Reise geschickt: bis nach Leipzig, Berlin und Düsseldorf.

Alle Infos auf heidewitzka-bochum.de.

Dabei bietet die aktuelle Wasserstandsmeldung Anlass zur Zuversicht. Der berührende Hilferuf auf Facebook hat mehr als 4000 Nutzer erreicht. Viele der Hände, die den Fortbestand sichern sollen, strecken sich Heide tatsächlich helfend entgegen. Die Zahl der Gäste steigt wieder an. Langsam, aber beständig. Ebenso die Umsätze durch den Außer-Haus-Verkauf.

Das „Heidewitzka“ geht mit seiner maritimen Ausstattung als Bochumer Ableger der Hamburger Haifischbar durch.
Das „Heidewitzka“ geht mit seiner maritimen Ausstattung als Bochumer Ableger der Hamburger Haifischbar durch. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Sturmwarnung hat Bestand „Alles kann schnell kaputtgehen“

Der heftigste Sturm, so scheint es, ist abgeflaut. Statt nur noch freitags und samstags zu öffnen, setzt das „Heidewitzka“ nun auch wieder donnerstags und sonntags die Segel. Die Pächterin sieht gleichwohl noch kein Land, keine Verlässlichkeit, keine Sicherheit. „Was, wenn das alles nur ein Strohfeuer ist? Ich hab’ hier soviel Geld und Herzblut ‘reingesteckt. All das, was ich in drei Jahren geleistet und erschaffen habe, kann nach wie vor ganz schnell kaputtgehen.“

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