Bochum. Die Sparkasse zahlt nach einem BGH-Urteil Gebühren an Kunden zurück. Aber nur an die, die das einfordern. Zu spät ist es dafür aber noch nicht.

Kein Widerspruch heißt Ja. Frei nach diesem Muster haben Banken jahrelang ihre Kundinnen und Kunden zur Kasse gebeten. Ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) gegen die Postbank vom 27. April 2021 erklärte diese Praxis, die auch bei der Sparkasse Bochum üblich war, für unwirksam und unfair. Die städtische Tochter hat mittlerweile ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geändert und erstattet wie andere Banken auch Gebühren. Bislang allerdings nur den rund 1600 Kunden, die nach dem BGH-Urteil an die Sparkasse herangetreten sind.

1600 Kunden haben Sparkasse Bochum angeschrieben

Der Spruch der Bundesrichter wird im Revier von Sparkasse zu Sparkasse recht unterschiedlich ausgelegt. Während beispielsweise in Oberhausen und Bottrop alle Girokonto-Besitzer von dem Urteil profitieren, reagieren andernorts Banken nur auf Kundinnen und Kunden, die mit Blick auf den höchstrichterlichen Entscheid Bankgebühren explizit zurückfordern. So auch in Bochum.

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Wie die Sparkasse Bochum auf Anfrage mitteilt, „begründet das BGH-Urteil keinen Erstattungsanspruch für einen Teil der Kontoführungsgebühren, da es sich ausschließlich auf den AGB-Änderungsmechanismus bezieht“. In den AGB wurde daher die als unwirksam erklärte stillschweigende Zustimmung durch eine aktive ersetzt.

Neue AGB-Broschüre umfasst 144 Seiten

„Die neue, 144 Seiten starke AGB-Broschüre im DIN A 5-Format haben wir unseren Kundinnen und Kunden mit Privat-Girokonten als PDF-Datei ins elektronische Postfach oder gebunden in den Geschäftsstellen zur Verfügung gestellt“, so Sprecherin Sabine Raupach-Strohmann. Kunden könnten einfach online, per App und QR-Code oder aber in einer der 45 Geschäftsstellen dem neuen Regelwerk zustimmen.

Nicht aus der Welt ist damit die Preiserhöhung vom 1. November 2019. Ihre Gültigkeit ist zumindest fragwürdig. Zwar wird die Sparkasse nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die Gebühren für 160.000 Privatgirokonten seinerzeit „erstmals nach 17 Jahren“ angehoben wurden und es „kaum negative Rückmeldungen aus unserer Kundschaft oder Kündigungen“ gab. Über die mögliche Pflicht, die Gebühren für mehr als zwei Jahre doch noch erstatten zu müssen, sagt das aber nichts. Es geht um Millionen.

Sparkasse bietet individuelle Vereinbarungen an

Hoffnung zieht die Bank aus der Tatsache, dass nach dem BGH-Urteil keine Entrüstungswelle durch die Kundschaft ging. „Bis Ende 2021 hatte etwa ein Prozent der Kundinnen und Kunden die Sparkasse Bochum mit Bezug auf das BGH-Urteil zum AGB-Änderungsmechanismus angeschrieben. Mit Blick auf die Kundenzufriedenheit prüfen wir jede Anfrage individuell und bieten je nach Vertragskonstellation Kulanzzahlungen an“, sagt Raupach-Strohmann.

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Zur Höhe der individuellen Erstattungen und der bislang an die Kundinnen und Kunden ausgezahlten Summe sagt Raupach-Strohmann auch auf erneute Anfrage nichts. „Zahlen hierzu liegen mir nicht vor – die individuellen Prüfungen und die Bearbeitungen laufen noch.“

Musterbrief der Verbraucherzentrale im Internet

Dass Kunden auf jeden Fall selbst aktiv werden müssen, ist laut Verbraucherzentrale NRW kein Einzelfall. „Ein Anspruch sollte schriftlich eingereicht werden“, heißt es. Auf der Homepage der Verbraucherzentrale findet sich dazu ein Musterbrief. Zurückfordern könne man die unzulässigen Erhöhungen bis zu drei Jahre.