Bochum. Im Interview nehmen die Bochumer Bundestagsabgeordneten Olaf In der Beek (FDP) und Max Lucks (Grüne) kein Blatt vor den Mund. Es gibt Vorlieben.
Eine ereignisreiche Woche liegt hinter den beiden Bochumer Bundestagsabgeordneten Olaf In der Beek (54) und Max Lucks (24). Der ältere steht ganz am Anfang seiner zweiten Legislaturperiode für die Liberalen und der Grüne Max Lucks ist als Neuling der fünftjüngste Abgeordnete in diesem Bundestag. Ein Doppel-Selfie (wie die vier FDP/Grünen-Spitzenpolitiker jüngst verbreiteten) der beiden gibt es nicht. Aber für die WAZ sprechen beide in einem Doppelinterview über eine besondere Woche und eine besondere Situation.
Es hat beinahe den Anschein, dass sich die Politik in diesen Zeiten in den sozialen Medien mehr über Selfies definiert als tatsächlich über die Inhalte. Wie ist ihre Wahrnehmung dazu?
In der Beek: Ich glaube, wir haben mit diesem Selfie etwas symbolisiert, was dem Wahlergebnis nahe kommt. Die Generation unter 30 hat zu 50 Prozent Freie Demokraten und Grüne gewählt und auf der anderen Seite die SPD und die Unionsparteien gewählt worden sind etwa von Menschen im Alter ab 30. Wir wissen, wie wir unsere Wählerinnen und Wähler ansprechen und wollten damit auch ein ganz klares Signal setzen, dass wir verstanden haben, was diese von uns möchten: Nämlich, dass wir versuchen wollen, eine zukunftsgerichtete und fortschrittliche Koalition auf die Beine zu stellen.
Lucks: Ich teile diese Einschätzung. Viele Menschen informieren sich über die digitale Medien. Diese sind ein Ort, wo Meinungen ausgetauscht werden. Dieses Selfie steht aber auch dafür, dass sowohl die FDP als auch wir uns der neuen Aufgabe angenommen haben, etwas dem Stillstand der großen Koalition entgegenzusetzen.
Völlig andere Ausgangssituation als vor vier Jahren
Herr In der Beek, sie waren 2017 neu im Bundestag als die FDP schon einmal an Sondierungen beteiligt war. Das Ergebnis ist bekannt. Was hat sich heute gegenüber damals geändert?
In der Beek: Wir haben diesmal eine völlig andere Ausgangssituation. Der Unterschied ist auch in dem aktuellen Wahlergebnis zu suchen. Es ist der feste Wählerwunsch, eine Koalition mit dieser Zusammensetzung zu schmieden, sei es in der Ampel oder einer Jamaika-Koalition, wenn die Inhalte auf die Zukunft ausgerichtet sind. Das ist anders als 2017 mit einer großen CDU, auf diese Gemengelage jetzt bereiten sich sowohl Freie Demokraten als auch die Grünen sehr gewissenhaft vor.
Wie nehmen sie als junger Mensch die aktuelle Situation wahr und welche Erinnerung haben Sie an die gescheiterte Jamaika-Koalition 2017?
Lucks: Ich war damals Bundessprecher der Grünen Jugend und habe das auch live in Berlin mitbekommen. Das hinterlässt schon ein Vertrauensdefizit, doch jetzt ist Vertrauen neu aufgebaut worden. Daher ist für mich die Frage der Verlässlichkeit sehr wichtig und die nehme ich sowohl bei uns als auch der FDP wahr. Aber als Neuer in Berlin bin ich auch sehr demütig, ob der großen Aufgaben die vor uns liegen. Wenn ich jetzt an meine erste Woche in Berlin denke, dann gibt es da die kleinen Dinge, etwa woher bekomme ich mein Laptop und wo gibt es die Schlüssel zu meinem Büro.
Eindeutige Präferenzen sind zu erkennen
Was liegt Ihnen beiden jetzt näher, die Ampel oder doch ein Jamaika-Bündnis?
In der Beek: Ich mache da aus meinem Herzen keine Mördergrube. Sicherlich haben wir da ein wenig mehr Gemeinsamkeiten mit der Union. Uns ist wichtig, dass die inhaltlichen Projekte, die jetzt für das Land wichtig sind, wie Digitalisierung, Bildung, die europäische Außenpolitik oder auch Klimawandel jetzt vorangebracht werden. Den Menschen müssen Perspektiven aufgezeigt werden. Ich glaube aber, das könnte man in beiden Koalitionen schaffen, da bin ich mir ganz sicher. Wir müssen aber auch gucken, wo für uns beide als Parteien die Schnittstellen liegen.
Lucks: Der Klimaschutz kommt bei uns am Anfang, weil das einfach die Grundlage ist, wenn wir künftig in einer digitalisierten Gesellschaft leben wollen.
In der Beck: …das ist gut auch für das Klima.
Lucks: Ganz genau, wenn wir uns anschauen, was da in den letzten Jahren alles liegen gelassen worden ist. Wenn ich mir die Präferenz Ampel oder Jamaika anschaue: Zum einen ist die Union nach meiner Auffassung abgewählt worden, wenn ich mir diese dramatischen Verluste anschaue. Die SPD ist stärkste Partei geworden. Punkt. Und man möchte mit einem Partner regieren, der verlässlich ist und genau das sehe ich im Moment bei der Union nicht. Natürlich muss man mit allen demokratischen Parteien sprechen. Aber ich will absolut keinen Hehl daraus machen, dass ich eine große Präferenz für eine Ampel habe.