Bochum. Spannendes Projekt der Ruhr-Universität Bochum: Studierende produzieren Milchprodukte durch Hefe. Sie basieren auf den Genen des Schnabeltiers.
Nachhaltig soll sie sein: Studierende der Ruhr-Universität Bochum beschäftigen sich mit der Produktion von Milch durch Hefe. Genetisch basiert sie auf dem Schnabeltier und der Kuh. Der Unterschied zur herkömmlichen Herstellung. Die Produktion ist tierfrei.
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Im Januar haben zwei Biologie-Studentinnen des vierten Semesters, Luise Pinske (24) und Lea Hellwig (22), das Projekt gestartet, nach großem organisatorischem Aufwand stehen sie seit Anfang Juli im Labor. „Wir sind das erste der iGEM-Team der Ruhr-Universität, deswegen hat es etwas gedauert, bis wir anfangen konnten“, erklärt Hellwig.
Die „International Genetically Engineered Machine (iGEM) competition“ ist der größte internationaler Wettbewerb für Studierende auf dem Gebiet der synthetischen Biologie. Alleine die Teilnahmegebühr habe mehr als 5000 Euro gekostet.
Bochumer Studierende produzieren Milchprodukte im Labor – tierfrei
„Unser Ziel ist es, dass das Endprodukt wie normale, tierische Milch schmecken soll“, erklärt Pinske weiter. Aber warum orientiert man sich ausgerechnet an den Genen des Schnabeltiers? „Die Kuh war uns zu langweilig“, meint Lea Hellwig und lacht. Zur Auswahl stand übrigens auch das Kamel.
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Ein weiterer Grund: Anders als die Kuh hat das Schnabeltier keine Zitzen, die Milch fließt einfach so aus den Milchdrüsen und die Babys lecken sie aus dem Fell der Mutter. „Dadurch enthält die Milch antibakterielle Proteine“, erklärt Luise Pinske weiter.
Ein Teil des Projektes besteht darin, zu schauen, ob der Mensch die anhand der Schnabeltiergene produzierte Milch verträgt. Luise Pinske: „Wir machen aber natürlich keine Versuche am Menschen. Und auch ein Schnabeltier ist natürlich nicht im Labor.“ Die genetischen Informationen der Säugetiere bekamen sie aus Online-Datenbanken.
Milchprodukte aus dem Labor – so funktioniert es
Und wie funktioniert es jetzt, aus den vorhandenen Genen Milch zu produzieren? Nachdem die Gruppe, die aus zehn Studierenden besteht, die genetischen Konstrukte fertig gestellt hatten, produzieren sie nun die verschiedenen Bestandteile der Milch mit Hilfe einer bestimmten Hefe.
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Dazu gehören besondere Proteine, wie z. B. Caseine, aber auch Fette. „Deren Eigenschaften sind besonders wichtig für den Geschmack und die Struktur“, so Marius Schnutenhaus (22), der bereits seinen Bachelor-Abschluss in der Tasche hat. Neben den natürlichen Komponenten der Milch wird der Geschmack weiter verfeinert. „Wir stellen zum Beispiel Brazzein her, das als Protein einen zuckerähnlichen Geschmack bietet und damit eine gesündere Alternative zum industriellen Zucker darstellen könnte “, erklärt Marius Schnutenhaus weiter.
Das Ziel der Gruppe: Durch Fermentieren der verschiedenen Hefestämme soll ein optimierter industrieller Prozess entstehen, durch den das fertige Produkt hergestellt werden kann. Sie hoffen, dass es solche Milchprodukte künftig auch in den Supermärkten gibt. „So müssten deutlich weniger Kühe gehalten werden. Dies würde den enormen Wasserverbrauch, sowie die Emissionen der Milchherstellung stark reduzieren. Auch durch kürzere Lieferwege wäre das nachhaltiger.“, nennt Luise Pinske als Vorteile.
Kritik an genveränderten Produkten
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Ein Problem: Produkte mit gentechnischen Arbeitsschritten stehen in der Kritik – so wie beispielsweise auch das sogenannte In-vitro-Fleisch, das von Forschern synthetisch im Labor hergestellt wurde. Allerdings verdeutlichen die vier Studierenden: „Wir nutzen zwar gentechnisch veränderte Organismen, das Endprodukt wird jedoch frei von denen und ebenfalls nicht genetisch verändert sein.“ Das Verfahren ähnle der Insulinproduktion.
Der iGEM-Wettbewerb
Die „international Genetically Engineered Machine (iGEM) competition“ ist ein internationaler Wettbewerb für Studierende, der darauf abzielt, mit synthetischer Biologie, kreativ globale Probleme zu lösen (z. B. nachhaltige Nahrungsmittelherstellung).
Betreut wird die Bochumer Projektgruppe, die der Fakultät für große Unterstützung dankt, durch Prof. Dirk Tischler aus dem Bereich „Mikrobielle Biotechnologie“.
Durch Teilnahme und Projekt entstünden Gebühren, die die 15.000 Euro übersteigen könnten. Die Studierenden der Ruhr-Universität haben vor Start um Spenden gebeten und einige erhalten.
Die Studierenden stehen derzeit Vollzeit im Labor, an fünf Tagen die Woche, bis zu acht Stunden. Am Projekt nehmen sie freiwillig teil, es handelt sich dabei nicht um eine Studienleistung. Bis Ende September wollen sie ihre Arbeit im Labor abgeschlossen haben, im November steht fest, wie sie beim internationalen Wettbewerb abschließen. „Wir hoffen schon auf eine Goldmedaille“, sagt Studentin Viola Schniedenharn (25).