Bochum. Ist Bochums Konserven-König gefunden? Helmut Wollenhaupt besitzt zwei amerikanische CARE-Dosen. Da kann ein 50er-Jahre-Kaffee nicht mithalten.

„Packed for CARE USA“, steht auf der verwitterten Dose. „Hinten sind sogar Rezepte aufgedruckt, für Omelett, Waffeln und Muffins“, sagt Helmut Wollenhaupt (77). Die Back-Anleitungen funktionieren noch immer. Das Eipulver indes dürfte kaum mehr genießbar sein: Es ist rund 70 Jahre alt. Bei der WAZ-Serie „Wer bietet mehr?“ ist dem Wattenscheider der Konserven-Titel damit wohl kaum zu nehmen.

„Cooperative for American Remittances to Europe“, kurz: CARE: So heißt die bis heute weltweit wirkende Hilfsorganisation, die 1945 in den USA gegründet wurde. Nach Kriegsende versorgten amerikanische Wohlfahrtsorganisationen die Menschen in den ausgebombten Städten in Europa mit Hilfspaketen: meist mit Fleischkonserven, Getreide, Zucker, eingemachtem Obst und Kaffee. Zehn Millionen Pakete erreichten ab 1946 Westdeutschland. Davon gingen drei Millionen nach West-Berlin, insbesondere 1948/1949 über die legendäre Berliner Luftbrücke.

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WAZ-Serie „Wer bietet mehr?“: CARE-Dosen haben eine bewegte Geschichte

Dort vermutet Helmut Wollenhaupt den Ursprung der beiden CARE-Dosen, mit denen er bei der WAZ-Suche nach den ältesten Bochumer Konserven ins Rennen geht. Sein Wohnhaus an der Achtermannstraße wurde 1954 gebaut. „Eine der ersten Mieterinnen war eine Mutter aus Ostpreußen, die mit drei Kindern einzog“, berichtet Wollenhaupt. Als Flüchtling war sie über Berlin und die Auffanglager Friedland und Unna-Massen ins Ruhrgebiet gekommen.

Mehr als 70 Jahre alt sind die – ungeöffneten! – CARE-Dosen mit Milch- (links) und Eipulver.
Mehr als 70 Jahre alt sind die – ungeöffneten! – CARE-Dosen mit Milch- (links) und Eipulver. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Mitte der 70er Jahre starb die Frau. „Ihren Keller hinterließ sie leer – bis auf zwei Dosen“, schildert Helmut Wollenhaupt. Er staunte nicht schlecht, als er die Aufschrift „CARE“ entdeckte. Inhalt: 3 LBS (das entspricht knapp 1,5 Kilo) getrocknete Eier („Dried Whole Eggs“), abgepackt in Omaha, Nebraska, sowie 5 LBS Magermilchpulver („Non-Fat Dry Milk“), made in Chicago.

Gefäße wurden niemals geöffnet – und das bleibt auch so

„Ich gehe davon aus, dass die Mieterin die Dosen Ende der 40er Jahre in Berlin ergattert und als eiserne Reserve aufbewahrt hat“, sagt der 77-Jährige, der – reiner Zufall – bis zur Rente als Vertriebsmanager eines US-Lebensmittelkonzerns gearbeitet hat. „Not be a exchanged“, prangt mahnend auf dem alten Blech. Ein Verweis auf den blühenden Tauschhandel in der Nachkriegszeit.

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Auch die Wollenhaupts lagern die Dosen im Keller. Für den WAZ-Besuch haben sie sie in die gute Stube geholt. Fast wäre das Ehepaar versucht, den Dosenöffner zu holen und „mal nachzuschauen, wenigstens einmal“. Aber nein: Die XXL-Büchsen bleiben verschlossen. Wer weiß, welchen Sammlerwert sie haben. „Dafür“ sagt Karin Wollenhaupt /73), „haben wir uns aber ehrlich gesagt noch nie interessiert.“

Diese verschlossene Kaffeedose soll aus den 50er Jahren stammen. WAZ-Leserin Susanne Jordan schickt sie für die Serie „Wer bietet mehr?“ ins Rennen.
Diese verschlossene Kaffeedose soll aus den 50er Jahren stammen. WAZ-Leserin Susanne Jordan schickt sie für die Serie „Wer bietet mehr?“ ins Rennen. © Susanne Jordan

Neuer Aufruf: Jetzt geht’s um alte Freundschaften

„Wer bietet mehr?“, fragt die WAZ in einer neuen Serie. Mit Klaus Blum, der seit 50 Jahren Besitzer eines Opel Kadett Caravan mit Erstzulassung ist, Willi Köhne, der ein Buch aus dem Jahr 1500 sein Eigen nennt, und Helmut Wollenhaupt, der mit zwei CARE-Dosen die wohl ältesten ungeöffneten Konserven Bochums besitzt, hat die Reihe einen verheißungsvollen Auftakt gefunden.

Nun folgt Folge 4. Dabei folgen wir der Weisheit von Franz Beckenbauer, der einst (nun ja) sang: „Gute Freunde kann niemand trennen.“ Gesucht wird: die älteste Freundschaft in Bochum. Sind Sie seit Kindesbeinen an mit einem lieben Menschen verbunden? Seit wann genau währt Ihre unverbrüchliche Freundschaft (Foto-Beweise willkommen)? Welche Höhen und Tiefen haben Sie mit Ihrem besten Freund, mit Ihrer besten Freundin durchlebt? Wir sind gespannt auf Ihre bewegten und bewegenden Geschichten!

Schreiben Sie uns: per E-Mail an redaktion.bochum@waz.de oder per Brief an die WAZ-Redaktion, Huestraße 25 in 44787 Bochum; Stichwort: Freundschaft. Die Sie­ger wer­den aus­führ­lich vor­ge­stellt. Auch mög­li­che Nach­züg­ler wer­den ge­wür­digt.

Dose mit Pulverkaffee stand im Haushalt einer alten Dame

Sicher ist: Die Wattenscheider haben Ulf Glißmann getoppt. Der nennt eine Schlegel-Bierdose von 1967 sein Eigen. Doch der Konserven-Rekord war nach dem WAZ-Bericht über den Biersammler schnell pulverisiert. Zwar nicht mit Wein- oder Rumflaschen aus den 50er und 60er Jahren, mit denen sich mehrere Leser bewarben: Sie gelten nicht als Konserven. Hans-Werner Kemper jedoch trumpft mit einer Bierbüchse aus dem Jahr 1962 auf. Und Susanne Jordan hat keinen Zweifel, dass ihre Dose mit Kaffeepulver von Ende der 50er Jahre stammt. „Ein Kaufmann hat das auch so recherchiert.“

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„Meine Mutter war in den 70er Jahren bei einer alten Dame im Haushalt tätig“, erzählt die Weitmarerin. „Eines Tages sagte sie zu meiner Mutter: ,Im Schrank steht noch alter Kaffee. Schauen Sie doch mal, ob der noch gut ist.’“ Antwort: Nein! Ein Mindesthaltbarkeitsdatum gab’s noch nicht. Doch schon damals dürfte der „reine Bohnenkaffee-Extrakt in Pulverform“ locker 20 Jahre alt gewesen sein, schätzt Susanne Jordan. Deshalb habe Mama die Dose damals vorsichtshalber mit nach Hause genommen.

Konserven-König lässt Jungspunde hinter sich

Die 58-Jährige hat die bis heute verschlossene Rarität von ihrer Mutter übernommen. Sie ist ein Hingucker für die WAZ-Serie, doch keine Gefahr für Helmut Wollenhaupt. „Im Vergleich zu meinen CARE-Dosen“, sagt der Wattenscheider, „sind die Bierbüchsen und der Kaffee regelrechte Jungspunde!“