Bochum. Mehrere Tickets für eine Fahrt: Das ist bei der Bogestra nicht zulässig. Ein Bochumer Rentner macht’s trotzdem – und spart jedes Mal drei Euro.

Erst von A nach B, dann von B nach C: Es könnte so einfach sein, meint Lothar Nikolaiczuk. Und vor allem: billiger. Doch der Bochumer fühlt sich von der Bogestra ausgebremst. Eine Fahrtstrecke auf zwei Etappen aufteilen, das ließen die Tarifbestimmungen nicht zu, sagt das Verkehrsunternehmen. „Hirnrissig“, nennt das der 67-Jährige – und leistet Widerstand.

Der Rentner besucht mit Bahn und Bus seine gesundheitlich beeinträchtigte Schwester in Essen. Dafür fährt er seit mehr als zwei Jahren von der Wattenscheider Straße in Goldhamme nach Essen-Zweibachegge im Stadtteil Freisenbruch. Zweimal pro Woche. Hin und zurück. Als Grundsicherungs-Empfänger muss er mit jedem Cent kalkulieren. Umso mehr ärgert er sich, dass er in den vergangenen Jahren ständig in eine „subtile Kostenfalle im Tarifsystem“ getappt sei.

Ärger um ÖPNV-Tarif: Rentner spart pro Fahrt 1,50 Euro

Lothar Nikolaiczuk spitzt die Feder und rechnet vor:

Ein Ticket der Preisstufe B kostet sechs Euro. Damit kann man innerhalb des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) ins angrenzende Stadtgebiet fahren – so wie der Bochumer jahrelang zu seiner Schwester in Essen.

Seine Tour ist jedoch auch für 4,50 Euro machbar, sagt der Rentner: 2,80 Euro für ein Ticket der Preisstufe A für das Bochumer Stadtgebiet, 1,70 Euro für ein Einzelticket Kurzstrecke für bis zu drei Haltestellen in Essen (er braucht nur zwei).

1,50 Euro spart er damit bei jeder Hin- und Rückfahrt. Mindestens 450 Euro habe er in den letzten Jahren draufgezahlt, summiert Nikolaiczuk: „für ein und dieselbe Leistung.“

Bogestra verweist auf Tarifbestimmungen

Opulent ist der Schrift- und Mailverkehr, den der Bochumer mit der Bogestra, dem VRR und der Stadt führt. „Das ist keine Privatfehde. Ich spreche im Interesse zahlloser Fahrgäste“, sagt er. Die Antwortschreiben, die er erhält, fallen immer gleich aus: Eine Fahrt zu splitten, sei nicht möglich.

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Das bekräftigt Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann auf Anfrage der WAZ und verweist auf die Tarifbestimmungen des VRR sowie die Beförderungsbedingungen für die Verbund- und Gemeinschaftstarife in NRW. Aus den Regelwerken ergebe sich, dass die Strecke Bochum-Essen von Lothar Nikolaiczuk der Preisstufe B entspricht. „Eine Aneinanderreihung von Tickets für eine Fahrt ist nicht zulässig“, betont Kollmann. „Darüber hinaus besagen die Beförderungsbedingungen, dass der Fahrgast beim Einsteigen einen für die gesamte Fahrt gültigen Fahrausweis haben bzw. diesen unverzüglich und unaufgefordert lösen muss.“

Die Bogestra-Zentrale verweist beim Disput ums Tarifsystem auf die geltenden Bestimmungen: „Eine Aneinanderreihung von Tickets für eine Fahrt ist nicht zulässig:“
Die Bogestra-Zentrale verweist beim Disput ums Tarifsystem auf die geltenden Bestimmungen: „Eine Aneinanderreihung von Tickets für eine Fahrt ist nicht zulässig:“ © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

Schwarzfahrer trotz gültiger Tickets?

Das gleiche einem Aufruf, 1,50 Euro zu verschwenden, entgegnet Lothar Nikolaiczuk. Als „verquere Logik“ bezeichnet er das Tarifsystem, das er seit einiger Zeit austricksen will. Er besorgt sich preisgünstige Vierertickets für die Preisstufe A und die Kurzstrecke. Das A-Ticket stempelt er in der Bahn in Goldhamme, das Kurzzeitticket an der Zahlgrenze an der Stadtgrenze Bochum/Essen ab, ohne den Bus zu verlassen.

Keine Sozialtickets als Entgegenkommen

Jahrelang sei er in die Kostenfalle des Bogestra-Tarifsystems getappt, klagt WAZ-Leser Lothar Nikolaiczuk. Als Entgegenkommen bat der bedürftige Rentner das Nahverkehrsunternehmen um einige Sozialtickets für die Besuche bei seiner kranken Schwester.

„Selbst diese Geste wurde mir verweigert“, berichtet Nikolaiczuk. „Die Begründung: Meine Beschwerde entbehre jeglicher Grundlage.

Offiziell verstößt er damit gegen die ÖPNV-Vorschriften. Bisher sei die Zwei-Etappen-Tour aber nie beanstandet worden. Wie will die Bogestra das auch kontrollieren bzw. beweisen?“, fragt Nikoliaczuk. „Falls ein zufällig anwesender Kontrolleur den Vorgang beobachtet: Wie müsste er reagieren? Würde der Fahrgast, der zu jedem Zeitpunkt der Fahrt über ein gültiges Ticket verfügt, als Schwarzfahrer eingestuft und müsste 60 Euro Strafe zahlen?“

Zehnerticket gibt’s aktuell für 46 Euro

Die Bogestra macht auf einen anderen Weg aufmerksam. Christoph Kollmann: „Unser elektronischer Vertriebsweg bietet Möglichkeiten für einen noch günstigeren Ticketerwerb. Denn dort können nicht nur Einzeltickets oder Vierertickets, sondern auch Zehnertickets erworben werden (www.bogestra.de).“ Das Zehnerticket für die Preisstufe B kostet aktuell 46 Euro.