Bochum-Gerthe. Zum zweiten Mal protestieren Bürger gegen die Ansiedlung des Unternehmens Ecosoil in Gerthe. Ihre Hoffnung ruht dabei nicht auf der Stadt Bochum.

Wenn man Friedrich-Wilhelm Laerch fragt, warum er am Freitag (25.) beim Protestmarsch gegen die Ansiedlung des Bodenaufbereiters Ecosoil teilnimmt, dann sagt er zuerst: "Weil für den Bochumer Norden zu wenig getan wird." Als zweites erzählt er eine Anekdote: Vierfacher Familienvater auf dem Weg in den Urlaub. "Wenn man allen vier Kindern sagt, es ist noch Platz im Auto, bringen sie am Ende so viel mit, dass der Wagen illegal überladen ist", so Laerch.

Der Familienvater in seiner Geschichte ist die Stadt Bochum. Die Kinder sind - neben dem Unternehmen Ecosoil die Pflegeschule an der Hiltroper Landwehr, der Ruf nach neuen Wohnungen und eine geplante Großküche in Gerthe. Man könnte das Ganze auch kürzer erzählen, so wie Bärbel Brock: "Ich sorge mich um die Verkehrs- und Luftbelastung in Gerthe".

Lärm- und Geruchsbelästigung

Der Bürgerverein "Wir sind Merklinge" hatte zum Protestmarsch aufgerufen. Parallel beteiligten sich Bürger aus Gerthe, die später mit den Merklindern zur Kundgebung zusammentrafen. Allen Bochumer Demonstranten war gemein: die Überzeugung, dass der Bochumer Norden keine weitere Industrieansiedlung, die Lkw-Fahrten mit sich bringt, verkraftet. "Ich fühle mich übergangen, glaube aber kaum, dass unser Protest noch etwas bewirken kann", sagt Rudi Tapler, der an der Kirchharpener Straße wohnt. "Wir hören die Lkw ab vier Uhr morgens donnern, können kein Fenster zur Straße hin mehr aufmachen", sagt Ingrid Ottemeier. Sie fürchtet, der Transport von Abfall bringe eine Geruchsbelästigung mit sich.

"Ich bin mir sicher, dass die Ansiedlung nicht genehmigungsfähig ist", sagt Inge Legrand. Die Stadt wittere vermutlich die Gewerbesteuer. "Ich wünsche mir, dass das Gebiet zum Naturschutzgebiet wird, oder dass sich wenigstens ein Landschaftsbetrieb ansiedelt", so Bärbel Brock. Reinhold Brock findet: "Ich fühle mich, als würde ich am Rande der Stadt wohnen und hier wird der Mist abgeladen."

Hoffnung auf Klageweg

Die Entscheidung, ob es zur Ecosoil-Ansiedlung kommt, liegt derweil nicht mehr bei der Stadt Bochum, sondern bei der Bezirksregierung Arnsberg. Auch Castrop-Rauxel ist als Stadt betroffen, weil die Erschließung über die Bövinghauser Straße erfolgen soll. Für eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz hört die Bezirksregierung beide Städte an - während Bochum sein Okay gegeben hat, hat Castrop-Rauxel eine Absage erteilt.

"Bleibt zu hoffen, dass Castrop-Rauxel oder Anlieger den Klageweg beschreiten. Kommunalpolitisch haben wir keinen Einfluss mehr", sagt Thomas Wedding von den Grünen in Gerthe. Bereits jetzt herrsche zwischen Gerthe Mitte und Joseph-Baumann-Straße ein riesiger Rückstau, die Kirchharpener Straße sei über Maß belastet. Herbert Hein meint: "Die dortige Verkehrszählung wurde über die Osterfeiertage durchgeführt, sie ist nicht aussagekräftig. Der Bochumer Norden verkraftet keine weitere Belastung".

Infobox: 800 Lkw-Fahrten

Der Bürgerverein „Wir sind Merklinde“ aus Castrop-Rauxel hatte zum Protest aufgerufen. Ein Protestzug startete zeitgleich aus Castrop-Rauxel.

Das Grundstück, auf das Ecosoil ziehen möchte, ist etwa 36.000 Quadratmeter groß und wird von Landschaftsschutzgebieten, Naturschutzgebieten und Bauernhöfen eingerahmt.

Die Bürger in Gerthe fürchten, dass 800 Lkw-Fahrten pro Tag ihren Stadtteil belasten.