Bochum. Der Gesundheitscampus Bochum wächst. 1000 Arbeitsplätze sollen am Ende allein im Süd-Sektor entstehen. Drei Firmen siedeln sich gerade an.
Kaum ist ein neuer Vorzeigebau fertiggestellt, im März hat Dienstleister „Think about IT“ sein Hauptquartier mit mehr als 6000 Quadratmeter Bürofläche bezogen, da drehen sich schon an zwei weiteren Stellen des Gesundheitscampus in Bochum die Kräne. Im Frühjahr 2022 ziehen die Kairos GmbH und die gb Implantat-Technologie GmbH ein.
20,3 Prozent aller Beschäftigten arbeiten im Medizinsektor
Medizin und Bochum, das gehört längst so fest zusammen wie einst der VfL und die 1. Fußball-Bundesliga. 20,3 Prozent aller Beschäftigten in der Stadt arbeiten in diesem Sektor, 2013 waren es noch 15 Prozent. Zum Vergleich: Bundesweit gehören 17 Prozent der Arbeitsplätze zum Gesundheitssektor.
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Beim Blick über den Gesundheitscampus fallen unter den vielen, zumeist architektonisch ansprechenden Funktionsbauten, die in den vergangenen acht Jahren entstanden sind, zwar noch einige freie Flächen auf. Aber die haben sich entweder schon ansässige Firmen wie die GBTEC Software AG für eine Erweiterung gesichert oder sind an Immobilienentwickler wie Kölbl Kruse aus Essen verkauft. „Wir sind voll“, sagt Johannes Peuling, Leiter der Agentur GesundheitsCampus (AGC) Bochum, nicht ohne Stolz.
Gesundheitscampus II in Planung
Längst schon denken Stadt und Wirtschaftsentwicklung Bochum an einen Gesundheitscampus II. „Wir sind auf der Suche nach einem passenden Gelände“, so Peuling. Denn die Nachfrage nach Flächen, zumal in unmittelbarer Nähe zur Uni und zu anderen Firmen aus der Branche, sei immens.
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Von einem „Schmelztiegel“ ist die Rede an diesem verregneten Donnerstagmorgen. Hier haben sich Firmen aus der Medizinbranche, vorwiegend aus dem IT-Sektor niedergelassen. Sie entwickeln und vermarkten in direkter Nähe zu Administration und Forschung innovative Produkte. Peuling: „Der datengetriebenen Entwicklung im Gesundheitsbereich gehört die Zukunft.“
„Think about IT“ setzt 115 Millionen Euro um
„Think about IT“, einer der 30 größten deutschen Systemhäuser mit einem Jahresumsatz von 115 Millionen Euro, etwa hat sich auf Dienstleistungen für öffentliche Auftraggeber, Krankenkassen und Krankenhäuser spezialisiert. Kairos sammelt Daten und arbeitet an digitalen Informationssystemen für Patienten. Ein Arbeits- und Geschäftsfeld mit großem Entwicklungspotenzial, wie Geschäftsführer und Miteigner Christian Stephan ausführt.
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Sie alle sind Teil des „Ökosystems Gesundheitswirtschaft“, so AGC-Chef Peuling, das vom stetigen Austausch der Player am Ort untereinander profitiert. Zugleich agieren alle auf einem „totalen Verdrängungsmarkt“, wie Think-about-IT-Chef Peter Rados einräumt. Im Kampf um qualifiziertes Personal rücken alle so nah wie möglich an die Hochschulen.
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Gesundheitscampus ist wie eine „Blaupause“
Von einer „Blaupause“ spricht derweil Prof. Andreas Ostendorf, AGC-Beiratsmitglied und Prorektor für Forschung, Transfer und wissenschaftlichen Nachwuchs an der Ruhr-Uni. „So wie hier können auch andere Unternehmen in Bochum voneinander profitieren, wenn sie interagieren.“ Auf der ehemaligen Opel-Fläche Mark 51/7 sei es so ähnlich. Das Wechselspiel von Wirtschaft und Wissenschaft schaffe ein innovatives Umfeld, in dem und von dem alle profitieren können.
„Dass hier alle an einem Thema, der Medizin, arbeiten, hat uns auch bewogen, nach Bochum zu kommen“, sagt gb-Implantat-Eigner Andreas Piotrowski. „So etwas gibt es nicht oft.“ Und es färbt allmählich auf die Uni ab, so Andreas Ostendorf. Dort sei ein „Push“ bei der Ausgründung von Firmen der Gesundheits-IT spürbar.
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Implantat-Hersteller kommt aus Essen
Aus Essen wechselt Firmenchef Piotrowski zunächst mit einem Teil seines Unternehmens und der Hälfte der aktuell 70-köpfigen Belegschaft, u.a. mit der mechanischen Fertigung, dem Qualitätswesen und der Verwaltung, nach Bochum. Am bisherigen Stammsitz gibt es keine Entwicklungsmöglichkeit mehr. Der Hersteller von Implantaten etwa für Hüften und Schultern ist das erste produzierende Unternehmen auf dem Campus, aus Sicht von Johannes Peuling ist es das „i-Tüpfelchen“ für die Fläche. „Innovation aus Tradition“ heißt das Motto der Hightechschmiede, die aus dem Krupp-Konzern hervorgegangen ist.
Wissenschaft im Norden, Wirtschaft im Süden
Der Gesundheitscampus Bochum besteht aus zwei Flächen: Im Nord-Bereich sind Forschung und Administration angesiedelt, so unter anderem die Hochschule für Gesundheit. Etwa 500 Beschäftigte arbeiten nach Auskunft der Campus-Agentur AGC dort. Etwa 400 Beschäftigte arbeiten bislang für die im Süd-Sektor angesiedelten Unternehmen. AGC-Chef Peuling schätzt, dass am Ende etwa 1000 Mitarbeiter allein im privatwirtschaftlichen Bereich des Campus tätig sein werden.
2009 hatte das Land NRW den Aufbau eines Gesundheitscampus nach Bochum vergeben. 2013 haben sich die ersten Firmen angesiedelt.