Bochum. Vielen Künstlern geht es wegen Corona finanziell mies. Das Jobcenter Bochum bietet Hilfe. Aber viele scheuen davor zurück, Hartz 4 zu beantragen.
Die Corona-Pandemie setzt den freiberuflichen Künstlerinnen und Künstlern zu: keine Auftritte, keine Kontakte, keine Einnahmen. Viele kulturelle Einzelkämpfer und Kleinstbetriebe stehen auch in Bochum nach einem Jahr Corona „auf dem Schlauch“, wissen kaum noch, wovon sie die Miete und die Einkäufe bestreiten sollen.
Jobcenter Bochum bietet arbeitslosen Künstlern Hilfe an
Eine Lösung gibt es: Grundsicherung beim Jobcenter beantragen. Aber viele scheuen davor zurück, Hartz 4 in Anspruch zu nehmen. Ganz zu Unrecht, wie Georg Sondermann, Geschäftsführer des Jobcenters Bochum, sagt: „Das ist eine gesetzliche Leistung, die man auf jeden Fall abrufen sollte. Auch als freiberuflicher Künstler.“
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Allerdings hat „Hartz 4“ nicht gerade den besten Ruf, und manchem Solo-Selbstständigen fällt es schwer, die Hilfe zum Lebensunterhalt einzufordern, selbst wenn die Zeiten wegen der grassierenden Pandemie hart sind. So wie David E. Moore, der in den 1990er Jahre für die Rolle des „Papa“ im Starlight Express nach Bochum kam, und dann geblieben ist. Wenn nicht gerade Corona ist, steht der US-Boy als Sänger und Entertainer auf der Bühne, etwa mit seiner unterhaltsamen Kochshow „Musik, Mahlzeit & Moore“.
Bewilligung der Leistungen lief ohne Probleme
„Ich wäre nie auf die Idee gekommen, Hartz 4 zu beantragen“, sagt Moore, „der Papierkram ist das Eine, aber es war auch Scham dabei.“ Dennoch haben er und sein Ehemann Christian Moore, der als Besitzer eines Modelabels von Corona ebenfalls ausgebremst wird, schließlich doch das Jobcenter kontaktiert. Jetzt sind beide froh: „Ich bin von den Mitarbeitern super betreut worden“, sagt Christian Moore, der sich um das Ausfüllen der Anträge gekümmert hat.
Die Bewilligung sei unproblematisch gelaufen, schon seit einiger Zeit beziehen die die Moores Unterstützungsgeld. Wenn der künstlerische Betrieb nach Corona erneut anläuft, will das Ehepaar sofort aussteigen: „Dann verdienen wir ja wieder selbst!“
Infos zur Bewilligung
Das Jobcenter Bochum registriert aktuell 876 Bedarfsgemeinschaften aus dem Bereich der freiberuflich Tätigen und selbstständigen Kleinunternehmer. Das ist ein Anstieg von 264 Kunden gegenüber März 2020.Der monatliche Hartz-IV-Satz beträgt z.B. 446 Euro für Alleinstehende, Alleinerziehende oder Personen, deren Partner minderjährig ist. Der Regelsatz umfasst Ernährung, Kleidung, Hausrat und Bedarfe des täglichen Lebens.Weitere Informationen zu den Voraussetzungen einer Bewilligung und zu den Anträgen gibt es unter www.arbeitsagentur.de/m/corona-grundsicherung
Geschäftsführer Sondermann betont, dass es zumal für Künstlerinnen und Künstler bzw. Soloselbstständige generell jederzeit möglich sei, Hilfe zum Lebensunterhalt zu beantragen. „Es gilt aktuell sogar ein erleichterter Zugang infolge des SARS-CoV-2-Sozialschutz-Pakets“, sagt er. So sei die Vermögensprüfung bis zum 31. Dezember 2021 ausgesetzt und auch die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung werden für die Dauer von sechs Monaten als „uneingeschränkt angemessen“ angerechnet.
Regelung kommt Menschen mit schwankendem Einkommen zu Gute
„Das heißt, die Jobcenter erkennen die vollen Aufwendungen ungekürzt bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II als Bedarf an“, so Sondermann. Damit sei gesichert, dass Betroffene, die infolge der Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, grundsätzlich ihre Wohnung halten können und die dafür anfallenden Kosten gedeckt sind.
Die vorläufige Bewilligung von Leisterungen im Sozialgesetzbuch II nicht neu. Die Regelung kommt denen zu Gute, deren Einkommen schwankt und sich insbesondere in der aktuellen Corona-Situation nicht verlässlich vorhersagen lässt. Neben Musikern, Schauspielern, bildenden Künstlern oder freiberuflichen Bühnentechnikern gilt das z.B. auch für den Inhaber einer Imbissstube, der mangels Kundschaft aktuell mit seinen Einkünften nicht auskommt.
Kontakt zum Jobcenter am besten per Telefon
Zumal unter Kreativen sei diese Form der befristeten Förderung allerdings kaum bekannt, weiß Geschäftsführer Sondermann. Er fordert die wegen Corona arbeitslos gewordenen Künstlerinnen und Künstler ausdrücklich dazu auf, Kontakt zum Jobcenter Bochum aufzunehmen.
>>> Info-Hotline: 0234/93 63 50 09