Bochum. Die Kritik am Verhalten von Migranten in Corona-Zeiten wächst. Die Vorsitzende des Integrationsausschusses in Bochum äußert Verständnis..
In Bochum sollen Menschen mit Migrationshintergrund künftig direkter und umfassender auf die Corona-Regeln aufmerksam gemacht werden. „Wir müssen den Menschen helfen, die sich selbst nicht helfen können“, sagt Zoubeida Khodr, Vorsitzende des Integrationsausschusses der Stadt.
Wie die WAZ berichtete, wächst die Sorge um das Verhalten eines Teils von Migranten in Corona-Zeiten. Ärzte und Apotheker bestätigen, dass es in dieser Bevölkerungsgruppe verstärkt zu Infektionen komme. Das spiegele sich in den Praxen, Kliniken und auf den Intensivstationen wider.
Corona und Migranten: Kommunikation ist schwierig
„Ich habe Verständnis für die zunehmende Kritik. Die öffentliche Diskussion, ohne rassistische Untertöne, kann helfen. Unterstützung und Aufklärung sind wichtig“, erklärt Zoubeida Khodr (46), die aus dem Libanon stammt, für die SPD an der Spitze des Integrationsausschusses steht und sich als Interessensvertreterin der Migranten in Bochum versteht.
Schonungslos fällt im WAZ-Gespräch ihre Bestandsaufnahme aus. Auch die dreifache Mutter zeigt sich wütend, wenn sie in Parks Zusammenkünfte von Großfamilien mit Grill und Picknick beobachtet: oft ohne Masken, ohne Abstand. Unwissenheit sei dabei nur ein Faktor. „Wir versuchen, die Menschen anzusprechen. Doch das ist sehr schwierig. Viele haben große Probleme: gesundheitlich, psychisch, mit der Sprache, finanziell, in der Familie, mit der Arbeit, beim Homeschooling in beengten Wohnungen.“ Da blieben häufig nur die Treffen im Grünen – allen Verboten und dem Risiko einer Ansteckung zum Trotz.
Angst vor dem Impfen ist weit verbreitet
An Verschwörungstheorien erinnern die Gründe für die geringe Impfquote bei Migranten. Es sei falsch, wenn es heißt, die Impfbereitschaft sei niedrig. „Sie ist nicht da“, konstatiert Zoubeida Khodr. Während die Menschen in ihren Heimatländern vielfach zur Impfung gezwungen würden, seien die wenigsten Migranten hierzulande aus kulturellen wie auch medizinischen Gründen bereit, sich freiwillig eine Spritze setzen zu lassen. „Es gibt Angst ohne Ende. Manche glauben, daran zu sterben. Es mangelt an Aufklärung, auch von offizieller Stelle.“
Viel zu spät seien die allgemein zugänglichen Corona-Informationen in den Landessprachen der Migranten veröffentlicht worden. „Das war ein Versäumnis, das nicht auch in die unteren Kanäle weiter zu leiten.“ Der Integrationsausschuss will gegensteuern. 25.000 Euro stehen bereit, um Corona-Projekte in den Vereinen, Verbänden und Selbsthilfegruppen zu finanzieren. Dort, wo es einen unmittelbaren Zugang zu den Menschen gibt.
Kontroverse Diskussion auf Online-Plattformen
Derweil ist auf den Online-Plattformen der WAZ eine kontroverse Debatte entbrannt. Tenor: Gut, dass über das Tabu-Thema jetzt öffentlich debattiert wird, ohne in die „braune Ecke“ gerückt zu werden. Dabei dürften Migranten jedoch keinesfalls als Sündenbock instrumentalisiert werden. Und: Die Missachtung von Corona-Regeln sei ein gesamtgesellschaftliches Problem.
Zoubeida Khodr ruft zur Verständigung auf: „Wir alle wollen doch zur Normalität zurückkehren.“