Bochum. Je nach Situation im Unternehmen, haben Bochumer Firmen den Homeoffice-Anteil ausgeweitet. Bei Vonovia liegt die Quote bei 90 Prozent.
Sollen noch mehr Beschäftigte ins Homeoffice? Diese Frage stellt sich jetzt neu bei den großen Arbeitgebern in Bochum. Vor dem Hintergrund der nach wie vor gefährlich hohen Infektionszahlen treibt dies etwa die Knappschaft-Bahn-See um. Dr. Wolfgang Buschfort ist Sprecher der Knappschaft mit ihren knapp 10.000 Beschäftigten bundesweit, davon allein 3000 in Bochum. "Bei uns geht es natürlich auch um hochsensible Daten. Wir verwalten Millionen von Kundenkonten aus der Kranken- und Rentenversicherung, da ist eine rasche Umstellung nicht so leicht möglich."
Schon vor der Corona-Pandemie hatte die Knappschaft aus sozialen Gründen bundesweit für rund 250 Beschäftigte Telearbeitsplätze eingerichtet und damit den Arbeitsplatz überwiegend in die eigene Wohnung verlagert. Buschfort: "Mit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland haben wir dies erheblich ausgeweitet, soziale Grunde spielen derzeit keine Rolle mehr."
Mittlerweile sei es der Knappschaft gelungen, dass für gleichzeitig rund 40 Prozent der Beschäftigten die Möglichkeit der Heimarbeit besteht, in Bochum also gut 1300 Beschäftigte. Dass also hier Renten berechnet, Anschreiben beantwortet und Leistungen genehmigt werden. Darin wird ein wesentlicher Beitrag zur Kontaktvermeidung und damit zur Minimierung der Infektionsgefahr bei der Arbeit gesehen.
Wie handhaben kommunale Firmen Home-Office
Schon schwieriger wird es bei den Bochumer Stadtwerken. Zwar sind bei dem Energieversorger derzeit rund 350 der insgesamt 700 Mitarbeiter im Homeoffice, doch bestimmte Bereiche erfordern Präsenz: "Ich denke da an unseren Entstörungsdienst, das Heizkraftwerk in Hiltrop oder die Verbundleitwarte", sagt Stadtwerke-Sprecher Kai Krischnak. Doch um Kontakte zur reduzieren, starten vielfach technische Mitarbeiter direkt von ihrem Wohnort - "aus der Fläche" nennen sie es im Stadtwerke-Jargon.
Wie handhabt es derzeit ein anderes kommunales Unternehmen? Bei der Sparkasse Bochum arbeiten im Augenblick rund die Hälfte der rund 1000 Mitarbeiter ganz oder teilweise von Zuhause. Das Gros betreffe die Beschäftigten in der Hauptverwaltung am Dr.-Ruer-Platz. Sparkassen-Sprecherin Sabine Raupach-Strohmann weist darauf hin, dass das Geldinstitut auch auf anderem Wege versuche, Kontakte weiter zu reduzieren. "In der Hauptverwaltung hat jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin eigene Wege und muss einen bestimmten Ein- oder Ausgang nutzen." Mittlerweile seien auch alle Zweigstellen mit Videosystemen ausgestattet, so dass Kunden auch auf diesem Wege beraten werden können. Generell gelte bei der Sparkasse, dass jeder/jede die es wolle auch aus der eigenen Wohnung heraus arbeiten könne.
Vonovia: 90 Prozent arbeiten im Home-Office
In der neuen Hauptverwaltung des Vonovia-Wohnungskonzerns in Wiemelhausen sind mehr als 1000 Menschen beschäftigt. Davon arbeiteten derzeit, so Sprecher Dr. Marcel Kleifeld, rund 90 Prozent der Büro-Beschäftigten mobil von zu Hause aus. In der Zentrale sind aktuell also durchschnittlich pro Tag lediglich 80 bis 100 Mitarbeiter im Büro. „Dadurch ist es natürlich sehr übersichtlich bei uns in der Zentrale. Es steht kaum ein Auto auf dem Parkplatz. Man trifft niemanden auf dem Flur, zum Teil nicht einmal im selben Gebäudeteil. Fast überall ist das Licht aus“, schildert Kleifeld die Situation.
Produktion in der Stahlindustrie
Bei Bochums immer noch größtem Industrie-Arbeitgeber, Thyssenkrupp Stahl, geht der Wechsel etwa vom Warmbandwerk an den Arbeitsplatz daheim nicht so ohne weiteres. "Wenn Sie etwas schweißen wollen, machen sie das mal nicht so einfach am Computer vom Wohnzimmertisch aus", heißt es. Kaum vorstellbar auch, dass sich eine gigantische Warmbandstraße auf ähnliche Weise bedienen ließe. Hier wird nach wie vor der Mann direkt vor Ort in der Werkshalle benötigt.
Von den rund 2000 Beschäftigen an den Bochumer Standorten sind derzeit über 100 Mitarbeiter im Home-Office tätig. In Bochum unterhält das Unternehmen hauptsächlich Produktion, die überwiegend nicht von einem anderen Ort aus bedient werden kann. Das Unternehmen hat jedoch darüber hinaus alle Führungskräfte und Mitarbeitenden aufgerufen, dass während der Corona-Pandemie wirklich jeder, der seine Tätigkeit zuhause erledigen kann, konsequent im Homeoffice bleibt.
>>>Arbeitgeberverband sieht Forderung aus der SPD kritisch
„Es wird politisch etwas gefordert, was betrieblich längst funktioniert.“ So reagieren die Arbeitgeber im Mittleren Ruhrgebiet auf die Debatte um einen Zwang zum Homeoffice, um mögliche Kontakte der Beschäftigten weiter zu reduzieren. „Mobiles Arbeiten gehört in den Unternehmen zur Realität und wird umfassend genutzt. Seit Beginn der Pandemie haben viele Betriebe ihre Anstrengungen schon aus Eigeninteresse noch einmal massiv erhöht, um ihren Mitarbeitern das Arbeiten etwa im Home-Office zu ermöglichen. Eine zusätzliche gesetzliche Verpflichtung zum Homeoffice ist deshalb völlig verfehlt“, sagt Dirk W. Erlhöfer, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen.
In mehreren Umfragen hätten die Firmen längst bestätigt, überall dort, wo möglich, Homeoffice eingerichtet zu haben. „Klar ist aber auch: viele Arbeitsaufgaben in Industrie, Handwerk und Dienstleistungen lassen sich schlicht nicht mobil, sondern nur vor Ort erledigen“, gibt Erlhöfer zu bedenken. Deshalb seien in den Betrieben detaillierte Infektionsschutz-Maßnahmen eingeführt worden. „Abseits dessen zeigt sich, dass der Arbeitsplatz kein Hotspot für Ansteckungen ist“, so Erlhöfer weiter.
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