Bochum. Reisebüro-Inhaberin Petra Schicke möchte dem Gesundsamt bei der Bewältigung der Corona-Krise helfen. Die Stadt Bochum lehnt eine Kooperation ab.

Seit Monaten sitzt Petra Schicke von „Die Reisehexen“ verzweifelt in ihrem Reisebüro in Bochum-Grumme. Durch die Corona-Pandemiesind ihre Einnahmen beinahe komplett weggebrochen. Kunden, die eine Reise bei ihr oder Kolleginnen und Kollegen in Bochum buchen, bleiben aus. „Fast täglich lesen wir zudem, dass die Stadt beziehungsweise das Gesundheitsamt am Limit ist und Hilfe braucht“, erzählt Schicke. Sie macht deutlich: „Wir können helfen!“

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Es wäre eine Win-Win-Situation, sagt Schicke: „Wir sind stresserprobt, erfahren im Kundenkontakt und vertraut mit sämtlichen Verwaltungsaufgaben unter Verwendung von Word und Excel.“ Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen könnten im Gesundheitsamt arbeiten, würden etwas Geld dazu verdienen. Gleichzeitig würden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt in einer sehr belastenden Zeit unterstützt.

Gesundheitsamt Bochum: Vollzeitkräfte aus organisatorischen Gründen von Vorteil

Im November hat Schicke sich bei der Stadt Bochum beworben – wurde aber abgelehnt. Als Grund vermutet sie, dass die Stadt nur Vollzeitbewerber zulassen will. Dazu sagt Stadtsprecher Peter van Dyk: „Wir haben uns im Zuge der Bestenauslese für andere Bewerberinnen und Bewerber entschieden. Teilzeit ist kein Ausschlusskriterium, Vollzeitkräfte sind aber aus organisatorischen Gründen von Vorteil.“ Eingestellt wurden bisher sechs Reiseverkehrskaufleute. Aber auch Rechtsanwaltsfachangestellte oder Bürokaufleute seien gut geeignet.

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Mit der Absage will sich Petra Schicke nicht zufrieden geben. „Es gibt mittlerweile erfolgreiche Projekte in verschiedenen Städten und Kreisen, wo Reisebüros zum Beispiel Rahmenverträge abschließen und so beide Seiten profitieren“, erklärt die Inhaber der „Reisehexen“.

Stadt Bochum will keine Kooperation mit Reisebüros eingehen

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In Stadtkyll in der Eifel kümmern sich beispielsweise vier Reisebüro-Mitarbeiter um die Verwaltung des Impfzentrums, sie sind laut dem Fachmedium FVW mit weitreichenden administrativen Aufgaben beauftragt worden. Zehn der 35 Mitarbeiter eines Coesfelder Reisebüros telefonieren demnach für das Gesundheitsamt, der Vertrag läuft bis Ende März, mit bis zu 1700 Arbeitsstunden im Monat.

Wer darf im Gesundheitsamt mitarbeiten?

Wer im Gesundheitsamt arbeitet, sollte laut Stadt vorzugsweise folgende Kriterien erfüllen: Ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit, hohe Flexibilität und Belastbarkeit sowie Teamfähigkeit. Hinzu kommen die Bereitschaft, sich schnell und selbstständig in sich häufig ändernde Regelungen und Sachverhalte einzuarbeiten und ein sichere Umgang mit dem PC.

Wünschenswert seien medizinische Vorkenntnisse: Eine Ausbildung im medizinischen Bereich ist vorteilhaft, aber nicht zwingend erforderlich. Ebenso von Vorteil sind Erfahrungen in der Verwaltung und im öffentlichen Dienst.

Wäre das nicht auch eine Idee für Bochum? „Kooperationen mit Reisebüros wurden geprüft, es wurde sich aber dafür entschieden selbst Personal einzustellen“, erläutert Stadtsprecher van Dyk.

Petra Schicke entgegnet: „Ich finde das bedauerlich. Die erfolgreichen Kooperationen in anderen Städten zeigen, dass sich die Idee auch in Bochum umsetzen ließe.“ Statt längerfristig Personal einzustellen, könnten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen direkt helfen, so lange wie sie benötigt werden. „Wenn dann wieder weniger Bedarf im Gesundheitsamt ist, haben wir im Reisebüro wieder mehr zutun“, so Schicke.

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Bochumer Reisebüros wollen Gesundheitsamt unterstützen – und ihre Existenz retten

Schicke ist nicht die einzige Inhaberin eines Bochumer Reisebüros, die helfen möchte. „Ich habe Interesse daran, dass allen geholfen wird. Wir könnten so das Gesundheitsamt entlasten und würden gleichzeitig etwas dazu verdienen“, sagt Kerstin Post von der Firma „Die Reise Post“. Sie selbst hat sich noch nicht beworben, wäre bei einer möglichen Kooperation aber sofort dabei. „Es wäre natürlich auch schön, etwas zu verdienen“, meint Post.

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Schicke und Post warten nun ab – und hoffen, dass sich die Verwaltung die Entscheidung in Zukunft vielleicht noch einmal anders überlegt. Zumal laut Stadt weitere Einstellungen im neuen Jahr geplant sind.

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