Bochum. Unter besonderen Umständen wurde Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) ins Amt eingeführt. Eine weitere Entscheidung bringt Neuigkeit.

Zur wohl ungewöhnlichsten konstituierenden Sitzung seit Ende des Zweiten Weltkrieges traf sich am Donnerstag (19.) der Rat der Stadt Bochum im großen Saal des Ruhrcongresses. Unsichtbar mit anwesend bei allen Abstimmungen, Vereidigungen und Beratungen war das Coronavirus. Dies stellte auch Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) in seiner Rede direkt nach der Amtseinführung heraus: „Viele machen sich Sorgen, wie es weitergeht, leiden unter den Kontaktbeschränkungen, vermissen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen den Kontakt zu ihren Angehörigen.“

Rats-TV soll künftig Live-Bilder liefern

Als eine der wenigen Entscheidungen abseits von Einführung und Besetzung hat der Rat ein sogenanntes Rats-TV auf den Weg gebracht. Einstimmig, bei Enthaltung der AfD-Fraktion, soll über eine Änderung der Geschäftsordnung in einem eigenen Passus künftig Medienübertragungen aus dem öffentlichen Teil der Sitzungen ermöglicht werden. Dies war in der Vergangenheit mehrfach von verschiedenen Fraktionen gefordert worden, bislang jedoch stets an der Mehrheit gescheitert.

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Der neue und alte Oberbürgermeister hatte zu Beginn den Zusammenhalt in der Stadt, die Aktionen von zahlreichen Mut machenden Initiativen und Anstößen auch in dieser schweren Zeit gewürdigt. Eiskirch wollte aber nicht, dass die Pandemie allein das Parkett beherrscht. Bochum sei eine Stadt, in der es Zuversicht gebe und genau dies nehme er wahr. Er freue sich auf die Zusammenarbeit und wollte so etwas wie eine Aufbruchstimmung verbreiten: „Wir alle sind startklar.“

Persönliche Kugelschreiber

Bei den verschiedenen Wahlvorgängen, die zum Teil geheim abgehalten werden mussten, bekam jedes Ratsmitglied einen eigenen zuvor desinfizierten persönlichen Kugelschreiber . Die Wege zu und von den Wahlkabinen waren genau vorgeschrieben, um Begegnungen zu vermeiden.

In der riesigen Halle , die sonst etwa bei Konzerten bis zu 5000 Menschen Platz bietet, waren nun bei Bestuhlung auf Abstand nur gut 100 Ratsmitglieder, Verwaltungskräfte und Besucher anwesend.

Ulrich Kreutz vom Repräsentationsamt überreichte Thomas Eiskirch die Amtskette.
Ulrich Kreutz vom Repräsentationsamt überreichte Thomas Eiskirch die Amtskette. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Zuvor hatte Ulrich Kreutz vom Amt für Repräsentation Eiskirch seine Amtskette umgelegt. Mit Sicherheit tat er das zum letzten Mal, da er in wenigen Tagen in den Ruhestand eintreten wird. Noch nicht im Ruhestand, jedenfalls was sein Ratsmandat angeht, ist Wolfgang Horneck (75). Der langgediente CDU-Politiker hatte als Altersvorsitzender des Rates die Sitzung eröffnet und konnte sich eine Nebenbemerkung nicht verkneifen. „Auch wenn niemand an Jahren älter ist als ich, so sieht doch der eine oder andere älter aus.“

Komplett neues Bürgermeister-Trio gewählt

Mit großer Mehrheit wurden die drei Stellvertreter des Oberbürgermeisters in geheimer Wahl gewählt. SPD, Grüne und CDU hatten sich dafür auf eine gemeinsame Liste geeinigt. Erste Stellvertreterin ist Gaby Schäfer (SPD), zweite Stellvertreterin Züleyha Demir (Grüne) und dritter Stellvertreter wurde Sascha Dewender (CDU). Axel Schäfer (SPD/MdB) hatte eine besondere Überraschung dabei. Er kam extra zur Amtseinführung seiner Frau aus Berlin angereist. Und zwar nicht mit leeren Händen, sondern mit einem Strauß roter Rosen.

Blick in den großen Saal des Ruhrcongresses mit den drei neugewählten Stellvertretern von Thomas Eiskirch. V.l. Sascha Dewender (CDU), Züleyha Demir (Grüne) und Gabriela Schäfer (SPD).
Blick in den großen Saal des Ruhrcongresses mit den drei neugewählten Stellvertretern von Thomas Eiskirch. V.l. Sascha Dewender (CDU), Züleyha Demir (Grüne) und Gabriela Schäfer (SPD). © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Bekenntnis schließt AfD ausdrücklich aus

Schon vor der Ratssitzung hatten sich einige Fraktionen darauf verständigt, mit einer gemeinsamen Erklärung ihr Bekenntnis zum Respekt vor der Würde des Menschen zu erneuern. Wie bereits zu Beginn der vergangenen Wahlperiode schließen sie sich den Worten des früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck an: „Wir Demokraten stehen weiter zusammen und bekräftigen unser Versprechen: Wir schenken denen, die Gewalt und Hass verbreiten, nicht unsere Angst. Denn wir wollen sie nicht größer machen, als sie sind. Aber wir reden sie auch nicht klein.“

Einig sei man sich in der Ablehnung rassistischer und menschenverachtender Gesinnungen. Gemeinsam wolle man sich über die politischen Differenzen hinweg, dafür einsetzen, dass Bochum eine Stadt sei, in der man „ohne Angst verschieden sein kann“. Unterzeichnet war dies von SPD, CDU, Grünen, Linken, UWG/Freien Bürgern und der FDP.

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Bekenntnis schließt AfD ausdrücklich aus

Die Partei „Die Partei“ sei im Vorfeld nicht in dieses Bekenntnis eingebunden worden. Die Unterzeichner wollten ihren Vorstoß auch als Hintergrund zur Ablehnung einer von der AfD-Fraktion zur Ratssitzung eingebrachten Resolution zum Umgang mit Extremismus verstanden wissen. Diese deutlich abgelehnte Resolution verstanden sie als mehr als unpassend mit Hinweis auf die „fortgeschrittene Radikalisierung“ der AfD. Die AfD hatte diesen „Bochumer Konsens gegen Links- und Rechtsextremismus, sowie Antisemitismus und Diskriminierung“ eingebracht, der jedoch keine Mehrheit fand.

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