Bochum. Um 200.000 Euro streiten weiterhin 14 Hauseigentümer und die Stadt Bochum vor Gericht. Der Vorwurf: „Die Stadt will ihre Bürger ausquetschen.“
Viel Geld steht für 14 Hauseigentümer an der Straße „Auf der Prinz“ in Bochum-Harpen auf dem Spiel. 200.000 Euro wollen sie von der Stadt Bochum zurück haben. Die Kommune hatte das Geld 2015 als Vorausleistung für den neuen Bürgersteig auf der Straße erhoben. Anwohner und Stadt haben sich nun vor Gericht getroffen. Wieder einmal.
Beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster liegt der Fall mittlerweile, nachdem die Hauseigentümer 2017 in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verloren und die Stadt Bochum Recht bekommen hat. Da zwischenzeitlich aber neue Fakten auf den Tisch gekommen sind, in erster Linie durch vermeintlich im Rathaus-Keller verschimmelte Akten, „die aber überhaupt nicht verschimmelt waren“, so die klagende Bürger, hoffen sie in zweiter Instanz auf einen Sieg.https://www.waz.de/staedte/bochum/hauseigentuemer-ziehen-erneut-gegen-die-stadt-vor-gericht-id230439560.html
Die Chancen stehen 50:50
Die Aussichten sind für beide Seiten ungewiss. In einem Erörterungsgespräch hat das OVG beiden Parteien einen offenen Ausgang und eine Siegchance von jeweils 50 Prozent vorausgesagt. Und es hat einen Vergleichsvorschlag gemacht, der haargenau zwischen den von der Stadt geforderten Erschließungskosten für den Erstausbau (Anwohner bezahlen 90 Prozent) und dem Ausbaubeitrag (Anwohner bezahlen 30 Prozent) liegt: Die Eigentümer sollen, so der Vorschlag des Gerichts, 60 Prozent der Erstellungskosten tragen. Stadt und Eigentümer würden dann beide Abstriche machen.
„Darüber müssen wir jetzt erst einmal nachdenken und uns mit allen Eigentümern beraten“, sagt Susanne Jorczik, deren Familie ein Haus der Straße „Auf der Prinz“ besitzt. Und weil Beratungen in so großer Runde in Zeiten von Corona nicht so einfach sind, hat der Anwalt der Anwohner, Norbert Hölting aus Bergisch-Gladbach, eine zweimonatige Frist beantragt.
Eigentümer suchen Zeitzeugen und Fotos
Bis dahin haben die Eigentümer auch noch die Gelegenheit, weitere Beweise für ihre Position vorzulegen. Sie sagen, die Straße sei bereits zu früheren Zeitpunkt --in den 1920er und 1950er Jahren --nach damals geltendem Recht vollständig ausgebaut gewesen. „Wir suchen daher alte Fotos und/oder Zeitzeugen, die uns vom Zustand der Straße aus dieser Zeit berichten können oder sogar Fotos haben“, so Susanne Jorczik.
Sie hofft auf weiteres Beweismaterial, nachdem die Eigentümer im Vorjahr nur dank ihrer Hartnäckigkeit überhaupt noch einmal die Chance bekommen haben, ihre Haltung vorzutragen. Ob sie auf die Rückzahlung ihres Geldes pochen werden, entscheidet sich in den nächsten zwei Monaten.
Stadt will weitere Gebühren erheben
Die Stadt hat einstweilen durchblicken lassen: Egal, wie das Gericht entscheiden wird. Das Thema „Auf der Prinz“ ist damit aus ihrer Sicht noch nicht erledigt. In Münster hat sie erklärt, sie werde zunächst den Ausgang des Verfahren abwarten – und dann Gebühren für die ebenfalls her- oder wieder hergestellte Straße erheben. „Das ist eine Never-ending-Story“, sagt Rechtsanwalt Hölting. „Die Stadt Bochum will ihre Bürger ausquetschen.“
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