Bochum. Trotz der Hilfe der Bundeswehr ist das Bochumer Gesundheitsamt personell am Limit. Bei der Kontaktnachverfolgung soll es Einschränkungen geben.

Bei Kontaktnachverfolgungen nach Corona-Ansteckungen wird sich die Stadt wohl schon in Kürze auf Risikogruppen wie alte und kranke Menschen konzentrieren müssen. Das kündigt Stadtdirektor Sebastian Kopietz an. Massiv steigende Zahlen bei Neuinfektionen und häuslichen Quarantänen machten die Beschränkungen notwendig, sagte Kopietz am Donnerstag am Rande der Begrüßung von 15 Bundeswehrsoldaten, die in den nächsten Wochen das Gesundheitsamt unterstützen werden.

Laut RKI-Daten vom Donnerstagmorgen ist die Sieben-Tage-Inzidenz in Bochum auf über 80 gestiegen. Binnen 24 Stunden gab es mehr als 50 neue bestätigte Corona-Fälle. Dabei sieht sich das Gesundheitsamt bereits jetzt personell am Anschlag. Obwohl sich 163 der 245 Mitarbeiter ausschließlich um Pandemie-Aufgaben kümmern und weitere Stellen ausgeschrieben sind, sei das Pensum kaum mehr zu schaffen.

Corona in Bochum: Gesundheitsamt am Limit

Ein positiver Corona-Test mache in der Regel vier bis acht telefonische Nachverfolgungen im Umfeld des Infizierten erforderlich, schildert Sozialdezernentin Britta Anger. Mitunter müssten aber auch 40 bis 50 Personen ermittelt und informiert werden, um Infektionsketten zu durchbrechen. Hinzu kommen – möglichst tägliche – Anrufe bei derzeit mehr als 1700 Bürgern in Quarantäne. „Wir stoßen an unsere Grenzen“, konstatiert Sebastian Kopietz. Das gilt auch räumlich: Weil die Kapazitäten der Stadt erschöpft sind, wurden externe Büroflächen angemietet.

Steigen die Zahlen erwartungsgemäß weiter an, werde sich die Kontaktnachverfolgung auf „vulnerable (heißt: verwundbare) Personengruppen“ reduzieren müssen, befürchtet Britta Anger. „Das sind vor allem ältere und kranke Menschen, bei denen eine Infektion besonders hohe Risiken birgt.“ Bei Schülern indes könne künftig eine allgemeine Information reichen.

Bundeswehr-Soldaten leisten Amtshilfe

Dankbar zeigt sich die Stadtspitze über die kurzfristige Amtshilfe der Bundeswehr. 15 Soldatinnen und Soldaten des Versorgungsbataillons 7 in Unna wurden nach Bochum abkommandiert. Sonst mit der Materialbeschaffung und dem Transport militärischer Ausrüstung befasst, sind sie fortan in außergewöhnlicher Mission im Einsatz: der Corona-Hilfe.

Untergebracht in einem Hotel am Rande der Innenstadt, verstärken sie ab sofort das Gesundheitsamt bei der Kontaktnachverfolgung. Die Bundeswehr habe dem Hilfeersuchen der Stadt gern Folge geleistet, sagt Oberstleutnant Dierk Wilhelm. „Wir sind in dieser Phase händeringend auf ihre Unterstützung angewiesen“, bekräftigt Sebastian Kopietz.

Mitglieder des Friedensplenums demonstrierten vor dem Rathaus gegen den Corona-Einsatz der Bundeswehr. Statt Soldaten brauche es gut bezahlter Fachkräfte.
Mitglieder des Friedensplenums demonstrierten vor dem Rathaus gegen den Corona-Einsatz der Bundeswehr. Statt Soldaten brauche es gut bezahlter Fachkräfte. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Einsatz ist bis 6. Dezember befristet

Das gilt auch für die neun weiteren Soldatinnen und Soldaten, die am Montag (26.) in Bochum erwartet werden. Sie ergänzen die Teams des Gesundheitsamtes bei den mobilen Corona-Abstrichen, etwa im Testzentrum am Harpener Feld.

Friedensplenum demonstriert am Rathaus

Das Bochumer Friedensplenum protestierte vor dem Rathaus gegen die Amtshilfe der Bundeswehr für das Gesundheitsamt.

Der Einsatz „offenbart die schlimmen Defizite im Gesundheitswesen, das aus sich heraus einer Pandemie nicht gewachsen ist“, heißt es in einer Mitteilung. Die Personallücken müssten durch gut ausgebildete und ordentlich bezahlte Fachkräfte geschlossen werden.

Die Stadt nahm die offizielle Begrüßung im von Polizisten abgesperrten Rathaus-Innenhof vor. „Die Soldaten, die so wichtige Unterstützung leisten, sollen nicht von einer Demo in Bochum empfangen werden.“

Der Hilfseinsatz der Bundeswehr ist bis zum 6. Dezember befristet. Im Rathaus geht man aber davon aus, dass der Beistand des Militärs auch anschließend vonnöten sein wird.

Unverständnis über Corona-Leugner

Umso größer ist das Unverständnis über Flugblätter, die in diesen Tagen in Bochumer Briefkästen landen. „Hast du Zweifel?“ oder „Mach dich schlauer!“, heißt es auf den Zetteln. Vor einer „Dramatisierung“ in den Medien ist ebenso die Rede wie von einer Wirkungslosigkeit von Schutzmasken. Krankheitsfälle seien meist nur aus den Medien bekannt. Zwangsimpfungen würden 80.000 Deutschen das Leben kosten.

Eine WAZ-Leserin im Ehrenfeld äußert ihre Abscheu über die Corona-Leugner. „Ich desinfiziere heute meinen Briefkasten“, schreibt sie: „Dem Ärmsten ist speiübel.“

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