Bochum. „Manches nimmt man mit nach Hause“, sagen zwei Schulsozialarbeiterinnen aus Bochum. Wie ihr Alltag aussieht und warum sie den Job trotzdem lieben.
Im Arbeitsalltag von Nathalie Kreutzmann (36) und Frederike Wiedemann (33) gleicht kein Tag dem anderen. Die beiden Frauen sind Schulsozialarbeiterinnen in Bochum. An ihre Türen klopfen Schüler, die Angst haben, nach der Schule nach Hause zu gehen oder einfach mal reden wollen. Kreutzmann und Wiedemann schlichten den täglichen Streit oder greifen ein, wenn ein Kind gemobbt wird. Kurz und knapp: Sie stehen für das Wohl der Schülerinnen und Schüler ein, ganz unabhängig vom Schulsystem.
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In Bochum gibt es 42 Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter, die bei der Stadt angestellt sind. Dazu kommen knapp über 30 Kräfte vom Land NRW. Lange war unsicher, ob das Land NRW die Schulsozialarbeiterstellen der Städte auch über das Jahr 2020 hinaus finanziert, mittlerweile steht fest: Jährlich gehen dafür nun dauerhaft 1,044 Millionen Euro nach Bochum.
Schulsozialarbeiter seit 2012: Große Akzeptanz in den meisten Bochumer Schulen
Nathalie Kreutzmann ist eine der Sozialarbeiterinnen – es sind größtenteils Frauen – die bei der Stadt arbeitet und das schon seit 2012, als in Bochum alles anfing. An vier Tagen pro Woche sitzt sie in der Werner-von-Siemens-Hauptschule, an einem Tag zudem in der Maischützengrundschule. „Am Anfang war einigen Lehrern noch nicht klar, was unsere Aufgabe hier ist“, erinnert sich Kreutzmann an ihren Start zurück. Noch immer gebe es Schulleiter, die das Angebot der Sozialarbeiter ablehnen, das sei aber ein kleiner Teil.
Ein großer Bestandteil ihrer Arbeit ist das Sozialtraining mit den Fünftklässlern an der Werner-von-Siemens-Schule. Denn: Durch Prävention können viele Konflikte und Probleme vermieden werden. Häufig muss sie bei kleinen Streitereien einschreiten, seltener bei Mobbing. „Mobbing bedeutet, dass ein Kind alleine da steht und von ein bis zwei Mitschülern geärgert wird, während die anderen wegschauen“, erklärt Kreutzmann. Oft sei es aber glücklicherweise so, dass andere Kinder eingreifen, es gar nicht erst so weit kommt.
Schulsozialarbeiter sind direkt in Bochums Schulen verortet – aus gutem Grund
Kreutzmann und Wiedemann haben ihre Büros beide in den jeweiligen Schulen. Seit sechs Jahren arbeitet Wiedemann zusammen mit den Schülern der Willy-Brandt-Gesamtschule. „Es ist sehr sinnvoll, dass wir direkt in den Schulen verortet sind. So sind wir wirklich präsent. Welchen Sinn würde es auch habe, wenn wir im Rathaus sitzen und nicht dort, wo die Schüler sind?“, meint Wiedemann. Unterstützung bekommt sie von zwei Schulsozialarbeitern, die beim Land NRW angestellt sind.
Eine Beziehung zu den Schülern und Eltern aufzubauen, sei das A und O – auch wenn das bei rund 1300 Schülern natürlich nicht so einfach ist, so die Sozialarbeiterin der Gesamtschule im Bochumer Osten. Genau wie Kreutzmann unterstützt sie Eltern häufig dabei, Anträge zu stellen, zum Beispiel für Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. „Die Eltern kennen uns dann schon und wissen, dass wir helfen. Genau wie die Schüler. Bei anderen Problemen wie Schulverweigerung oder Ängsten kommen sie dann eher“, erzählt Wiedemann.
Schulsozialarbeiter sind ein freiwilliges Angebot für Bochumer Schüler – kein Zwang
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Den Impuls, dass die Schüler zu Kreutzmann oder Wiedemann kommen, können Eltern und Lehrer geben. Wichtig ist aber: Das Angebot ist freiwillig, kein Schüler wird gezwungen. Die Schulsozialarbeiter sind unabhängig von der Schule, haben außerdem eine Schweigepflicht. „Trotzdem gibt es die Möglichkeit, die Schüler für ein Gespräch aus dem Unterricht zu nehmen“, so Wiedemann, die neben ihrer eigentlichen Arbeit auch eine Tanz-AG an der Schule anbietet. Doch nicht immer ist der Arbeitsalltag leicht. Auch wenn die beiden Schulsozialarbeiterinnen ihrem Beruf lieben: „Manche Dinge nimmt man mit nach Hause“, sagt Kreutzmann. Häufig helfen da Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen.
Schulsozialarbeiter in Bochum
Das Schulministerium hat Ende August angekündigt, Landesgelder für Schulsozialarbeiterstellen dauerhaft zur Verfügung zu stellen. Eigentlich wäre damit Ende 2020 Schluss gewesen. Nun gibt es dauerhaft jährlich 47,5 Millionen Euro für das Land NRW, davon gehen 18,5 Millionen ins Ruhrgebiet und davon 1,044 Millionen Euro nach Bochum.
In Bochum gibt es 42 Schulsozialarbeiter, die bei der Stadt angestellt sind und knapp über 30 Kräfte vom Land NRW..
Während Wiedemann das Glück hat, sich nur um eine Schule zu kümmern, betreut Kreutzmann eine Haupt- und eine Grundschule. Einerseits ist sie froh, wenigstens an einem Tag für Kinder, Eltern und Lehrer der Maischützengrundschule da zu sein. Andererseits wünscht sie sich, dass auch dort immer jemand vor Ort ist. Ähnlich sieht das Jürgen Wolf, Leiter der Schulsozialarbeit bei der Stadt Bochum. „Es handelt sich hierbei wirklich um ein Erfolgsmodell an Bochumer Schulen. Perspektivisch habe ich aber das Ziel, dass es an jeder Schule mindestens einen Schulsozialarbeiter gibt“, so Wolf. Das scheitert derzeit allerdings – wie so häufig – an der Finanzierung.
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