Bochum. Standing Ovations im Anneliese-Brost-Musikforum beim Mahler-Konzert der Bochumer Symphoniker. Die Solistin des Abends ist eine Klasse für sich.

Die Bochumer Symphoniker haben schon viele große Konzerte im Musikforum gespielt, der Mahler-Abend in dieser Woche reicht noch darüber hinaus. Ganz großartig! Selten hat man ein so stimmiges Programm und solch’ künstlerische Präzision erlebt.

Arrangement für Kammerorchester

Unter dem Motto „Das himmlische Leben“ standen Gustav Mahlers 4. Sinfonie G-Dur (1901) sowie drei Lieder aus des Meisters Zyklus „Des Knaben Wunderhorn“ auf dem Programm. Coronabedingt wurde in geraffter Form musiziert. Die Sinfonie erklang im Arrangement für Kammerorchester, die Lieder wurden nicht als separater Block vorgetragen, sondern zwischen die einzelnen Sätze des Orchesterwerks platziert. Was gewagt anmutete, entpuppte sich als Clou des Konzerts. Mahlers Musik erhielt durch die innige Verzahnung der so unterschiedlichen Ausdrucks- und Gestaltungsmitteln eine so beseelte Tiefe und fröhliche Würde, dass man staunen musste.

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Übersichtliches Orchester

Dirigent Steven Sloane hatte ein sehr übersichtliches Orchester aufgeboten, nur gut ein Dutzend Musiker versammelten sich auf der Bühne, die Hygiene- und Abstandsregel lassen nicht mehr zu. Dazu gesellten sich mit Christopher Bruckman ein einfühlsamer Pianist und mit Anna Lucia Richter (Mezzosopran) eine berückende Solistin. An deren makellosem Einstieg mit dem Lied „Erinnerung“ dockte Sloane mit dem Orchester nahtlos an.

Zurückhaltender Gestus passte

Es entfaltete sich im wegen Corona eher spärlich besetzten Großen Saal eine einstündige Aufführung, die einen verwandelten Blick auf Mahlers Musik ermöglichte. Dessen „Vierte“ folgt den Spuren Mozarts und Haydns, ist also von vornherein gemäßigter in ihren musikalischen Mitteln als die voluminösen späteren Werke. Die BoSy wurden diesem zurückhaltenden Gestus, der durch das entschlackte Kammer-Arrangement noch betont wurde, in jedem Moment gerecht.

Generalmusikdirektor Steven Sloane leitete das Konzert.
Generalmusikdirektor Steven Sloane leitete das Konzert. © Archivbild FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Sehr schön hörbar wurde, wie das Orchester im Verlauf mehr und mehr zu sich fand und alle Nuancen der Musik, mal funkelnd, mal rau – man denke an das akzentuierte Schlagwerk – ausmalte. Zumal die anheimelnde Stimmung des ruhigen 3. Satzes schimmerte wunderbar, bis Mahlers musikalische Vision am Ende geheimnisvoll verschwamm.

Großartige Solistin

Den Extra-Glanz aber poliert die Sängerin auf den Abend. Innig und kraftvoll, mit funkelnder Lust zumal an Mahlers grotesken Einfällen war Anna Lucia Richter sensationell gut. Fließend und verständlich führte ihr Sopransolo nach kurzem Vorspiel im 4. Satz mit der Melodie von „Himmlisches Leben“ aus „Des Knaben Wunderhorn“ mitten hinein in die von Mahler beschworenen Freuden des Paradieses.https://www.waz.de/staedte/bochum/neuer-musikdirektor-chuang-hat-in-bochum-unterschrieben-id229397674.html

Corona hat Vieles kaputt gemacht, in diesem Fall hat die Pandemie mal etwas Gutes bewirkt Die Bosy brachten dem begeistert applaudierenden Publikum Gustavs Mahlers Musik in einer entschlackten, gleichwohl charmanten Form nahe, die man so ansonsten womöglich kaum zu hören bekommen hätte.

>>> Eine weitere Aufführung gibt’s am Samstag, 19. September, um 20 Uhr im Anneliese-Brost-Musikforum, Marienplatz 1. Kartenreservierung: 0234 910 86 66

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