Bochum. Die Wespensaison 2020 neigt sich im September dem Ende. Stadt Bochum setzt auf Aufklärung durch Imker. Außerordentliches Wespennest in Stiepel.
Ungewöhnlich viele Anfragen besorgter Bürger zu Wespennestern erreichten die Stadt in diesem Jahr. Jetzt neigt sich die Saison dem Ende zu. Die richtige Zeit, um Bilanz zu ziehen. 2020 gab es etliche Wespen-Königinnenreiche in Bochum. Die Königin und ihr wachsendes Volk bauen aus einem Holz-Speichel-Gemisch ihren Papierpalast mit terrassenförmiger Innenausstattung. „Bereits 2018 war ein starkes Jahr mit 73 Anfragen, 2019 gab es 51 und 2020 hatten wir bis jetzt schon 120 Anfragen“, informiert Nicole Bausen vom Umwelt- und Grünflächenamt der Stadt. Wobei die wirkliche Anzahl bestehender Nester in Bochum natürlich noch viel, viel größer sei.
Hornissen sind geschützte XL-Wespen
Schuld sei wieder der Klimawandel, der zum Beispiel kaum Frost im Programm hat. Mehr als die Hälfte der registrierten Nester sind an Ort und Stelle verblieben, andere wurden umgesiedelt. „Es geht eher darum, das Miteinander zu stärken“, so Bausen. Insgesamt gebe es wenig Befreiungen vom Bundesnaturschutzgesetz (§ 44), das die XL-Wespe Hornisse sowie die mit den Wespen verwandten Wildbiene und Hummel zu den besonders geschützten Arten zählt. Nur fünf- oder sechsmal sei einer Abtötung eines solch wertvollen Nestes zugestimmt worden, etwa aus Brandschutzgründen, so Bausen.
Imker-Tipps zum Saisonende
Wespennestattrappen zu kaufen, um Nestern vorzubeugen, sei Geldmacherei. Bürstenaufsätze für Rollladenkästen, durch die sich die Wespen nicht durcharbeiten, seien wiederum sinnvoll, weil das Zusammenleben an dieser Stelle für beide Parteien schwierig werde, so Imker Holger Saiko.
Wenn das Wespennest leer ist, sollte es am besten an Ort und Stelle verbleiben, da dort kein neues entstehen wird (Wespen kehren nicht in alte Nester zurück). Wer es dennoch abnehmen möchte, sollte idealerweise bis Ende Februar warten. Dann ist sicher, dass keine Prinzessinnen im Nest überwintern.
Etwas anders sieht es bei der Gemeinen und der Deutschen Wespe aus. Nur diese beiden sind es auch, die für gewöhnlich auf dem Zwetschgenkuchen nerven. Alle anderen der 16 heimischen Wespenarten sind Insektenfresser. Diese Wespen genießen in der Regel nur den allgemeinen Schutz wildlebender Tiere (Bundesnaturschutzgesetz, § 39). Dennoch dürfen weder Nest noch einzelne Wespen ohne vernünftigen Grund getötet werden.
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Da es für einen Laien schwer bis unmöglich ist, die Wespenart zu bestimmen, ist es die Kernaufgabe des Umweltamtes, Menschen über das Zusammenleben mit Wespen zu informieren und arbeitet dazu mit vier ehrenamtlichen Imkern zusammen. „Die Leute sind unwahrscheinlich dankbar für Informationen, wie sie zum Beispiel mit Hornissen umgehen können. Es ist interessant, welche Kehrtwende sie machen von der Wespen-Wegmach-Mentalität bis hin zu: Wie locken wir die Hornissen nächstes Jahr wieder an? Wer Hornissen hat, hat keine anderen Wespen im Garten“, sagt der ehrenamtliche Imker Holger Saiko.
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Faszination durch Wissen
Auch in dem naturnahen Garten von Tanja Lander fand eine Gemeine Wespenhoheit einen guten Ort, um ihr Volk zu bilden. „Ich habe mich ziemlich erschrocken, als ich das Nest sah, denn ich bin Allergiker“, schildert Landers Cousin Frank Jensen (45), der es im Geräteschuppen entdeckte. Auch Tanja Lander hatte erst etwas Angst, vor allem weil ihr kleiner Neffe öfter zu Besuch kommt. Doch sie verurteilte das Wespennest nicht als Problem, sondern wurde neugierig und informierte sich bei einem Imker.
Mit dem Wissen schwappte die Faszination über. Mittlerweile liest sie sogar ein Buch über die Gäste in ihrem Garten. „Der Imker hat mir alles erklärt, zum Beispiel dass wir die Einflugschneise frei halten sollen. Damit wir draußen ungestört sitzen können, habe ich eine Futterstelle eingerichtet erst mit Grillfleisch für das Eiweiß und jetzt mit Obst, weil sie Kohlenhydrate brauchen. Ich kann sie richtig füttern. Es ist schön, das zu beobachten“, so die 52-Jährige.
Im Spätsommer stirbt der Hofstaat in Tanja Landers Garten nach und nach. Zwischen September und Oktober endet die Wespensaison. Die befruchteten Prinzessinnen suchen meist bodennah Unterschlüpfe, um zu überwintern und im Frühjahr ein eigenes Volk zu bilden. Wenn das Nest komplett leer ist, will es Tanja Lander konservieren und im Garten aufhängen – so schön und wertvoll erscheint ihr der Wespenpalast.
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