Bochum. Bochum hat in Sachen Digitalisierung der Schulen eine lange Leitung - sagt die Gewerkschaft GEW. Sie sieht Versäumnisse bei der Stadt.
Das Zeitalter der Digitalisierung ist angebrochen, Bochum hat sich zur Gigabit-City und zur schnellsten Stadt Deutschlands auserkoren. Aber, Corona und die damit verbundenen Tücken des digitalen Unterrichts haben es offenbart, an den 82 Schulen der Stadt fehlt es an technischer Ausstattung und Betreuung, an Leitungskapazität und an Kompetenz beim Umgang mit Geräten und Programmen. Bochum hinkt hinterher – zu Lasten von 82 Schulen, 42.000 Schülern und 3000 Lehrern.
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„Das Brennglas Corona wirft ein Licht auf die Defizite“, sagt Ulrich Kriegesmann, Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bochum. Auch andere Städte seien im Verzug. Aber es gebe eben auch haus- oder besser stadtgemachte Versäumnisse. Dazu gehöre das Leitungsnetz. Nicht vor Mitte 2022, so Bochums Breitbandkoordinator Guido Gallenkamp, werden alle 82 Schulen mit schnellen Glasfaserleitungen ausgestattet sein. Sie sind die Voraussetzung für die Verwendung moderner Lernmittel wie Smartboards, Laptops und Tablets in großer Zahl.
Leistungsfähiges Netz steht noch nicht
Was es bedeutet, wenn diese Voraussetzung nicht gegeben ist, schildert Andreas Wittmann, Lehrer an der Erich-Kästner-Gesamtschule in Querenburg. Die Verbindung der modernen Smartboards, digitale Nachfolger der grünen Tafeln, mit dem Internet sei „ein wahnsinniges Problem“. Nur träumen könne er davon, dass – wie eigentlich gedacht – Smartboard-Aufzeichnungen zeitgleich auf den Laptops der Schüler landen. Und wenn es ganz Dicke kommt, „bricht alles zusammen“. Dabei ist die Erich-Kästner-Schule, in der schon seit Jahren auch in Laptop-Klassen unterrichtet wird, bislang einer der Vorreiter Bochums in Sachen Digitalisierung.
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Das könnte auch fürs neue Zeitalter gelten. Seit Monaten, so Wittmann, liege die Glasfaserleitung im Keller der Schule. Angeschlossen aber werde sie nicht. „Das ist für mich unverständlich“, so das GEW-Mitglied. Die fehlenden technischen Möglichkeiten und die dauernden Technikprobleme seien für Schüler und Lehrer gleichermaßen demotivierend.
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Zeitlicher Verzug durch neuerliche Ausschreibung
Die Aufgaben sind komplex, heißt es bei der Stadt. In der Tat: Nahezu zeitgleich muss das Netz ertüchtigt werden, müssen Tausende Computer angeschafft, technische Beratung und Begleitung beauftragt und Ausbildung auf den Weg gebracht werden. Aber dabei wurde offenbar auch Zeit vergeudet. Ein Beispiel: Anfang des Jahres weigerte sich die Bezirksregierung, Fördermittel in Höhe von 11,1 Millionen Euro für den Ausbau des schnellen Internets auszuzahlen. Dabei ging es um die Frage der korrekten Ausschreibung. Die Folge: Eine monatelange Verzögerung, eine neue Ausschreibung. Und zwischendurch ist die Stadt mit eigenem, nicht durch Fördermittel nachträglich ausgleichbares Geld in Vorleistung gegangen, um zumindest mit dem Netzausbau für die 24 weiterführenden Schulen zu beginnen.
Große Lücken sieht die GEW auch bei der Schulung von Lehrern im Umgang mit den neuen Medien und beim Technikservice. „An unserer Schule ist ein Lehrer ausschließlich mit dem Service für die Laptops beschäftigt“, sagt Andreas Wittmann von der Erich-Kästner-Schule. Das müsse sich in Zukunft ändern. Den Bedarf an Servicepersonal an allen Bochumer Schulen beziffert er auf etwa 100 Stellen.
200.000 Euro für Technik-Einführung
„Wir werden Support liefern“, verspricht Schuldezernent Dietmar Dieckmann. Im Endausbau werde es ein Medienzentrum geben – eine kommunale IT-Abteilung, die für das Schulnetz zuständig sein werde. Deren Aufgabe werde dadurch erleichtert, dass die nun angeschafften iPads von Apple leichter zu warten seien und über das Schulnetz auch von außen auf sie zugegriffen werden könne. Zunächst habe die Stadt den Dienstleister Cancom beauftragt, um bei der Ausstattung der Schulen mit Tablets und PCs die Einweisung und Schulung zu übernehmen. Bis zu 200.000 Euro stehen dafür zur Verfügung.
Die Stadt selbst baut das für die Digitalisierung der Schulen zuständige Team aus. Ausgeschrieben sind eine Leitungsstelle zur Umsetzung des Medienentwicklungsplans und zwei Stellen für IT-Sachbearbeiter mit IT-Kenntnissen. Kulturdezernent Dieckmann kündigt jedoch bereits an, dass im Kern eine neue Struktur aufgebaut werden müsse.
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