Bochum. Am 13. September stimmen die Bochumer über den Bürgermeister ab. Die WAZ fühlt den Kandidaten auf den Zahn. Hier: Was tun Sie gegen Kinderarmut?
Bei der Kommunalwahl am 13. September wird auch darüber entschieden, wer als Stadtoberhaupt künftig die Geschicke im Rathaus lenkt.
Damit die Wähler wissen, welcher Kandidat für welche politische Richtung steht, stellt die WAZ Bochum ihnen eine Reihe von Fragen. Heute: Jedes vierte Kind in Bochum lebt in Armut. Was tun Sie dagegen?
Das sagen die OB-Kandidaten in Bochum zur Kinderarmut:
Christian Haardt (CDU):
„Für mich ist Bildung der Schlüssel für individuelle Lebenschancen. Kinder müssen befähigt werden, ihr Leben selbstständig und verantwortlich zu gestalten, Rechte wahrzunehmen und Pflichten zu übernehmen.
Um dies auch für Kinder in Armut sicherzustellen, gibt es das Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes, das gerade noch einmal verbessert wurde. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Hilfen zur Nutzung dieser Möglichkeiten auch noch weiter verbessert werden. Letztlich müssen die Kinder befähigt werden, ihren Fähigkeiten entsprechend auch Chancen wahrzunehmen. Das Problem insgesamt lässt sich nur langfristig und ganzheitlich lösen. Vollbeschäftigung und gut bezahlte Arbeitsplätze in Bochum werden helfen, die Zahl mittelfristig zu senken. Das erreicht man mit vernünftiger Wirtschafts- und Ansiedlungspolitik.“
Günter Gleising (Soziale Liste):
„Grundsätzlich trete ich für eine sanktionsfreie Grundsicherung für Menschen im Transferleistungsbezug ein. Die Vergabe von Leistungen aus dem Programm Bildung und Teilhabe für arme Kinder muss entbürokratisiert werden, damit die Leistungen unverzüglich wirksam werden können. Wir müssen die Freizeiteinrichtungen für Kinder ausbauen und personell besser ausstatten, um Zeit für eine echte soziale Betreuung zu schaffen. Das Thema Bildung gilt als ein Schlüssel zur Bekämpfung von Kinderarmut.
Ich will mich dafür einsetzen, dass überall ein kostenfreier Zugang zu Bildung und Betreuung geschaffen wird. Der Ausbau der U3-Betreuung und eine gute Ganztagsbetreuung an Schulen muss realisiert werden.
Ich trete für die Schaffung weiterer gut ausgestatteter Gesamtschulen in Bochum ein.“
Volker Steude (Die Stadtgestalter):
„Bei der Bekämpfung der Armut müssen endlich die Ursachen bekämpft werden. Bisher zielen alle Maßnahmen darauf ab, die Armut zu lindern (kostenfreies Konto, Sondertarife beim Strom, vergünstigter Wohnraum usw.). Die Menschen bleiben aber Bittsteller und arm. Jeder Mensch muss die Chance auf eine Arbeit haben, die ihm ein Einkommen ermöglicht, von dem er gut leben kann. In Bochum besitzt ein Viertel der Langzeitarbeitslosen keinen Schulabschluss und 37 Prozent einen Hauptschulabschluss, fast 70 Prozent haben keinen Berufsabschluss. Eine Ursache von Armut ist Arbeitslosigkeit oder schlecht bezahlte Arbeit infolge unzureichender Bildungsabschlüsse und Qualifikationen. Bochum braucht eine Bildungsoffensive, die dafür sorgt, dass über 90 Prozent der Jugendlichen mindestens einen Realschulabschluss erwerben.“
Thomas Eiskirch (Kandidat von SPD und Grünen):
„Nicht die Kinder sind arm, sondern ihre Eltern. Und das hat dramatische Auswirkungen auf das Leben und die Zukunftsaussichten der Kinder. Deshalb setzen wir alles daran, noch mehr neue Jobs zu schaffen. Dies wirkt der Armut entgegen. Gleichzeitig schafft es mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt für diejenigen, die es schwerer haben. Außerdem geben wir alles dafür, dass jedes Kind in Bochum eine chancenreiche Kindheit hat. Und zwar mit einem breiten Netzwerk von Partnern, das in allen Lebensabschnitten Unterstützung anbietet. Vom Familienbüro als Anlaufstelle bis zu Beratungsstelle ,Kein Abschluss ohne Anschluss’ – wir sind da und versuchen Chancen zu ermöglichen. Um es plakativ zu sagen: Hartz IV darf nicht vererbt werden. Dieser Kreislauf in den Familien muss durchbrochen werden.“
Amid Rabieh (Die Linke):
„Wir müssen die soziale Spaltung überwinden. Wenn Familien Teile ihrer sowieso viel zu knappen
ALGII-Regelsätze für die Miete abknapsen müssen, leiden Kinder besonders. Die Not kann sofort gelindert werden, indem wir die Kürzungen bei den ,Kosten der Unterkunft’ zurücknehmen und dafür sorgen, dass die tatsächlichen Wohnkosten übernommen werden. Strom- und Gassperren bei den Stadtwerken wollen wir abschaffen. Förderungs- und Freizeitangebote für Kinder sollen nicht mehr vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein: Wir wollen den Bochum-Pass ausbauen für freien Zugang zu kommunalen Einrichtungen wie Schwimmbädern, Bibliotheken, Theatern. Und: Bochums neuer Oberbürgermeister muss klar die Abschaffung von Hartz IV auf Bundesebene einfordern, statt den Regierenden den Rücken frei zu halten.“
Felix Haltt (FDP):
„Aufstieg durch Bildung muss ein neues Leitziel für Bochum werden. Die Bildungschancen der jungen Bochumerinnen und Bochumer dürfen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein.
Dafür brauchen wir künftig attraktive und auch flexible Angebote für die Kinderbetreuung, modern eingerichtete Schulen, weitere Talentschulen und darüber hinaus auch bedarfsgerechte Angebote für Kinder und Familien. Die Familienzentren müssen weiter ausgebaut werden.
Eine flächendeckende Infrastruktur trägt dazu bei, dass die dort angebotenen Hilfeleistungen niedrigschwelliger sind und so besser angenommen werden. Kinderarmut geht auch immer mit Perspektivlosigkeit bei Eltern einher. Bei der Wirtschaftsentwicklung in Bochum muss Vorfahrt für Arbeitsplätze gelten, um Familien Perspektiven und Unabhängigkeit zu bieten.“
Jens Lücking (UWG: Freie Bürger):
„Wir brauchen mehr Hilfen für Alleinerziehende, auch im Bereich der Betreuung. Gerade die Randzeiten müssen für Beschäftigte im Schichtdienst verstärkt angeboten werden. Die von uns initiierte Beschäftigungsgesellschaft soll die Menschen in Arbeit bringen, die im ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben. Und Bildung ist das beste Mittel gegen Armut. Daher darf der Zugang zu guter Bildung auch nicht vom Geldbeutel abhängen.“
Nils-Frederick Brandt (Die Partei):
„Eine bessere Zusammenarbeit im sozialen Bereich. Institutionen wie die Suppenküche und die BODO aktiv unterstützen. Armut ist ein Thema auf Bundesebene und schwer kommunal zu formulieren.“
Außerdem kandidiert Ariane Meise für die NPD.