Bochum. Am 13. September wählen die Bochumer ihren OB. Die WAZ stellt den Kandidaten drängende Fragen. Hier: Nach der Corona-Krise - was packen Sie an?
Noch wenige bis zur Wahl: Am 13. September stimmen die Bochumer über ihren neuen Oberbürgermeister ab. Die WAZ hat den Kandidaten zuvor genauer auf den Zahn gefühlt.
In einer achtteiligen Serie, die wir in lockerer Reihenfolge bis zur Kommunalwahl veröffentlichen, antworten die OB-Kandidaten auf wichtige Fragen der Zeit – vom Klimanotstand bis zur Kinderarmut. Heute geht’s um Perspektiven nach der Corona-Krise.
Das sagen die OB-Kandidaten in Bochum:
Volker Steude (Die Stadtgestalter)
„Wir müssen viele Dinge nicht erst nach der Corona-Krise in Angriff nehmen, sondern sofort. Die Stadtverwaltung muss umgehend an allen Schulen allen Schülern digitalen Unterricht ermöglichen, damit nicht für alle Schüler Präsenzunterricht organisiert werden muss. Was das Land hier versäumt, muss die Stadt leisten. Die Stadtverwaltung muss umgehend durchgehend digitalisiert werden. Über Jahrzehnte hat sich die Verwaltung auf diesem Gebiet nur zögerlich bewegt. Jede Verwaltungsleistung, die auch digital erbracht werden kann, muss zukünftig digital angeboten werden. Das lange Versäumte muss umgehend nachgeholt werden. Dazu würde ich als Oberbürgermeister der Stadt Bochum ein Sofortprogramm auf den Weg bringen.“
Günter Gleising (Soziale Liste)
„Zusammen mit der Klimakatastrophe wird es gravierende Veränderungen geben. Eine Ausrichtung der Gesellschaft auf immer mehr Konsum, immer höheren Ressourcenverbrauch, ein Leben auf Kosten der armen Länder – all das endet irgendwann in einem sozialen und politischen Chaos. In diesem Kontext gilt es, die Stadtpolitik auf mehr Nachhaltigkeit, Klimaschutz und solidarisches Handeln auszurichten. Statt immer mehr Dienste zu privatisieren, sollte der öffentliche Sektor gestärkt werden. Das gilt im Gesundheitswesen wie im Wohnungsbau. Die Verbesserung der Lage an den Schulen ist ein weiterer Schwerpunkt. Dafür benötigen die Kommunen einen höheren Anteil am Steueraufkommen. Meine erste Maßnahme wäre allerdings ein kommunales Hilfsprogramm für Kleinunternehmer, Kulturschaffenden und anderer in Not geratene.“
Felix Haltt (FDP)
„Wir haben schmerzlich lernen müssen, dass die Verwaltung, Behörden und Ämter der Stadt, aber auch Schulen ein drastisches Digitalisierungsproblem haben. Hier müssen wir vorankommen, um Ausfälle künftig zu verhindern: Die Verwaltung, Behörden und Ämter sollen vollständig digital arbeiten, sodass alle Behördengänge, die nicht höchstpersönlich wahrgenommen werden müssen, künftig online erfolgen können. Darüber hinaus sollen die Schulen schnellstmöglich für digitalen Unterricht vorbereitet werden. Gerade auch lokale Unternehmen wurden durch die COVID-19-Pandemie hart getroffen. Um diese zu entlasten, wollen wir den Gewerbesteuerhebesatz mittelfristig senken und dynamisch an den Bundesdurchschnitt koppeln. Unser Ziel ist, dass wir in Bochum immer unter dem Bundesdurchschnittssatz liegen.“
Christian Haardt (CDU)
„Wichtigste Aufgabe wird es sein, der Wirtschaft unbürokratisch und schnell wieder auf die Beine zu helfen.
Vor allem die Bereiche, die es besonders hart getroffen hat, werden in meinem Fokus stehen. Dazu gehört neben der Gastronomie auch Betriebe der Veranstaltungswirtschaft oder dem Messebau, von denen ich in letzter Zeit bei zahlreichen Gesprächen über ihre konkreten Ängste, Probleme und Sorgen mitbekommen habe. Wir werden dazu auch ein Programm zur Stärkung der Innenstadt auflegen, indem wir die Erreichbarkeit der Innenstadt verbessern möchten, um so zusätzliche Anreize zu schaffen.
Wichtig ist mir dabei insbesondere, dass die kommunalen Maßnahmen, die ich als Ergänzung zu den Hilfen und Förderungen von Bund und Land sehe, tatsächlich nachhaltig sind.“
Thomas Eiskirch (Kandidat von SPD und Grünen)
„Corona ist nicht vorbei und niemand kann abschätzen, wann es wirklich vorbei sein wird. Natürlich stehen manche Pläne gerade hinter der Krisenbewältigung zurück. Aber mein Anspruch ist es, gerade jetzt nichts aus dem Blick zu verlieren. Neben den akuten Herausforderungen müssen auch „Alltagsdinge“ weiterlaufen. Aber keine Frage, den Einzelhandel und damit die Stadtteile und die Innenstadt zu stabilisieren, unsere vielfältige Gastro-Szene zu unterstützen und die Breite und Spitze unserer Bochumer Kulturlandschaft zu erhalten, das sind zentrale Aufgaben. Wir haben in den letzten Jahren viele neue Arbeitsplätze geschaffen, die Digitalisierung voran getrieben, so viel in Bochum investiert wie nie zuvor und gleichzeitig den Haushalt saniert – wenn man das einmal kann, dann kann man das auch zweimal.“
Amid Rabieh (Die Linke)
„Wir müssen den wirtschaftlichen Wiederaufbau Bochums als Aufbruch in eine krisensichere, sozial und ökologisch nachhaltige Wirtschaftsform gestalten. Das bedeutet: Städtische Investitionen gehen vorrangig in soziale und ökologische Infrastruktur, insbesondere in Personal, öffentlichen Nahverkehr, Gesundheit, Pflege, Bildung und Erziehung. Die gebeutelte Kulturszene braucht verlässliche Unterstützung, die kaputt gekürzten Schwimmbäder müssen erhalten bzw. wiedereröffnet werden. Fehler der Vergangenheit, die unsere Stadt geschwächt haben (Privatisierung, Personalabbau) dürfen nicht wiederholt werden. Den Stadtumbau richten wir durch echte Bürgerbeteiligung an den Wünschen der Bochumerinnen und Bochumern aus statt an den Profitinteressen von Investoren und Konzernen.“
Jens Lücking (UWG: Freie Bürger)
„Zunächst müssen Wirtschaft und Gastronomie wieder gestärkt werden, u.a. durch Senkung der Gewerbesteuer und Abgabenerleichterungen für gastronomische Betriebe.
Eine Kampagne durch Bochum Marketing (Motto: „Wir essen in Bochum“) wäre auch gut vorstellbar. Neue Betriebe und Arbeitsplätze müssen durch gezielte Ansprache und Werbung nach Bochum geholt werden. Und wir brauchen mehr interkommunale Zusammenarbeit bei der Bereitstellung von Flächen.“
Nils-Frederick Brandt (Die Partei)
„Die Wirtschaft in Bochum müssen wir wieder ankurbeln. Nach der Machtübernahme verteilen wir Kneipengutschein an jeden Bochumer Bürger.“
Podiumsdiskussion zur OB-Wahl am 1. September
Zur OB-Wahl lädt die WAZ Bochum am Dienstag, 1. September, 18 Uhr, zu einer Podiumsdiskussion mit einigen Kandidaten bei den Stadtwerken (Ostring 28) ein. Wer mit dabei sein möchte: 15x2 Karten gibt es nur nach vorheriger telefonischer Bestellung unter 0201 / 804 80 58. Die Anmeldefrist endet heute, 26. August.
Für die Direktwahl des Oberbürgermeisters hat die Alternative für Deutschland (AfD) keinen Kandidaten aufgestellt. Bündnis 90 / Die Grünen haben vor der Wahl angekündigt, keinen eigenen Kandidaten aufstellen zu wollen. Thomas Eiskirch ist der gemeinsame Kandidat von SPD und Grünen. Außerdem kandidiert die Rechtsanwältin Ariane Meise für die NPD.