Bochum. Wegen der Ansteckungsgefahr ist Chorsingen sowie gemeinsames Proben weitgehend untersagt. Das hat Folgen für das Bochumer Chorleben.
Singen ist eine urmenschliche Betätigung. Dass ausgerechnet sie eines Tages gefährlich werden könnte, hat sich vor Corona kaum jemand gedacht. Und doch ist es so: Wegen der Virenausbreitung – und damit der gegenseitigen Ansteckung - sind auch in Bochum seit dem Frühjahr Chorproben stark eingeschränkt und Chorkonzerte gar nicht mehr möglich.
Corona sorgt für viele Einschränkungen
Für Bochum als führende Chor-Stadt im Revier ist das eine Katastrophe. Und für die engagierten Sängerinnen und Sänger auch.
Dem Chorverband Bochum gehören aktuell 20 Chöre und Instrumentalgruppen mit etwa 600 aktiven Mitgliedern an. Einer ist der Profane Chor Bochum, deren Leiterin Elisabeth Esch ein (sic!) „Lied davon singen kann“, welche Einschränkungen die Pandemie mit sich bringt.
Notenblätter eingescannt und verschickt
Für sie wurde es zu einer Herausforderung, Übungsstunden aufrechtzuerhalten wo eigentlich keine mehr möglich waren. „Ich habe deshalb die Proben ins Internet verlegt“, sagt Elisabeth Esch. Sie hat die einzelnen Chorstimmen eingesungen, das auf Video aufgenommen, und die Clips verschickt. So konnten die Damen und Herren daheim ihren Part üben. Und die Noten? „Die Notenblätter habe ich eingescannt, kopiert und ebenfalls verschickt“, sagt Esch.
Ein Riesenaufwand, aber das Wahre war es trotzdem nicht, denn weder der Austausch im gemeinsamen Beisammensein noch der für die Chor-Arbeit so wichtige Gruppenklang waren gegeben. „Außerdem funktionierte alles nur in eine Richtung“, sagt Esch, „man konnte mich sehen und hören, aber ich hatte kein Feedback zu den Sängerinnen und Sängern.“
Wichtig: in Kontakt bleiben
Immerhin: Man sei in Kontakt geblieben, das sei sehr wichtig, „denn Chorsingen ist mehr als nur Musik.“ Tatsächlich bedeutet Singen ja auch Zusammenkommen, Gemeinschaft finden. Deshalb vermissen viele Menschen diesen Teil des Musiklebens in Zeiten von Corona ganz besonders.
„Nicht nur das Singen und unsere Aufritte sind auf Eis gelegt, auch das Vereinsleben leidet“, sagt etwa Bernhard Grünig vom Shanty-Chor „Ruhrkadetten“.
Persönliche Begegnungen werden vermisst
Die Seebären haben sich über eine WhatsApp-Gruppe organisiert, um in Kontakt zu bleiben. „Aber die persönliche Begegnung bei den Proben, den Auftritten kann das nicht ersetzen“, hat Grünig schnell festgestellt.
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Aber es gibt natürlich schwerwiegende Gründe, weshalb das gemeinschaftliche Singen bis auf weiteres von Lockerungen ausgenommen ist. Denn Chorproben haben sich in einigen Fällen als wahrscheinlicher Hotspot für die Verbreitung des Covid-19-Virus herausgestellt. So bei der Berliner Domkantorei, bei der nach einer Probe 60 von 80 Sängern erkrankt waren. Deshalb ist Vorsicht geboten. „Jeder sieht das ein, aber es ist eben auch schwierig, das mitzutragen“, sagt Grünig.
Jubiläumskonzert vielleicht im November
Doch um das Niveau halten zu können, muss geübt werden, das ist die Crux. Wegen des Neins der Behörden zu den vielstimmigen Proben mussten sich die Chorleiter etwas einfallen lassen. Elisabeth Esch hat bis auf weiteres für den Profanen Chor einen Innenhof gefunden, in dem nun open air auf Abstand gesungen wird. Mit 15 bis 18 Personen, wobei der Chor in Normalgröße mindestens 60 Aktive hätte.
NRW-Hilfen für die Chöre
Bei den Hilfsleistungen hat sich das Ministerium von den beiden Dachverbänden beraten lassen, dem Chorverband NRW und dem Volksmusikerbund NRW.
Demnach können Chöre 400 Euro erhalten, Musikvereine 800 Euro und größere Oratorienchöre bis zu 2500 Euro.
Die Dachverbände weisen die Fördermittel zu und entscheiden je nach Antrag, ob der Chor die Pauschale als Einzelfall oder für den gesamten von Corona betroffenen Zeitraum erhält, etwa, um das Chorleitergehalt weiter zahlen zu können.
Die Chorleiterin hofft, dass trotz aller Unbill das Jubiläumskonzert zum 25-jährigen Bestehen des Profanen Chores doch noch stattfinden kann. Ein paar Tage vor dem heiß ersehnten Auftritt mit Orffs „Carmina Burana“ im Musikforum hatte der Shutdown im Frühjahr die Sängerinnen und Sänger kalt erwischt. Als Ersatztermin ist der 9. November anvisiert, ob’s klappt, weiß niemand.
Chöre leben von Auftritten und von den Einnahmen – inzwischen hat diese Einsicht sich auch die Landesregierung zu Eigen gemacht und ein Sonderhilfeprogramm in Höhe von 500.000 Euro speziell für die Laienmusikszene aufgelegt (siehe Infokasten).