Bochum. Ernährungsberaterin Anja Lemloh sagt, dass Mangelernährung bei alten Menschen weit verbreitet ist.

Ein Ausflug zu den Pyramiden kann grundsätzlich lehrreich sein. Bei einer speziellen Pyramide sollte man es allerdings nicht beim Ausflug belassen, sondern sie dauerhaft in den Alltag einbauen. Gemeint ist die Ernährungspyramide, die Ernährungsberater wie Anja Lemloh als Anleitung für ein ideales Ernährungsverhalten an die Hand geben. Das Beste: Diese Anleitung ist unkompliziert, null Fachchinesisch, dafür Bilder und Stichwörter, die zeigen, wie sich Essen und Getränke zusammensetzen sollten, damit sich Körper und Geist wohlfühlen.

75 Prozent der Patienten, die zu der Ernährungswissenschaftlerin im neunten Stock des Knappschaftskrankenhauses kommen, sind im Seniorenalter. „Bei ihnen spielen häufig die physiologischen Veränderungen im Alter ein Rolle: der Wassergehalt des Körpers nimmt ab, der Körperfettanteil zu”, sagt Anja Lemloh. Je älter der Mensch, desto größer die Veränderung: weniger Durst und Geschmacksempfinden, Schluckstörungen, Kauprobleme, veränderte Hungermechanismen. Diese Liste könnte die Ernährungsberaterin mühelos fortsetzen.

„Mangelernährung im Alter ist ein großes Problem”, sagt Lemloh. Mal abgesehen davon, dass es plötzlich nicht mehr schmeckt, wenn der Partner verstorben ist und sein Platz am Tisch leer bleibt. „Wer allein lebt, ist nicht mehr motiviert, regelmäßig zu kochen”, sagt die Ernährungsberaterin. Aber auch körperliche Beschwerden könnten das Essverhalten beeinflussen. Lemloh zeigt ein Bild, grau in grau, völlig verschleiert ist darauf ein gefüllter Teller zu erahnen: „So ungefähr sehen Augenkranke mit einem Grauen Star dieses Gericht.” Das Auge dürfte also in diesem Fall nicht besonders intensiv mitessen. Spaß am gedeckten Tisch sieht anders aus.

1,5 Liter Flüssigkeit am Tag sollten es sein

Die Expertin rät dennoch dringend, mindestens eine warme Mahlzeit pro Tag zu essen. „Das Minimalziel heißt: täglich eine Portion Obst und Gemüse und Salat, ein Glas Milch oder eine Joghurt oder Quark oder Käse, eine Scheibe Vollkornbrot, mindestens 1,5 l Flüssigkeit, nicht zu selten Fleisch oder Fisch.”

Was hält Anja Lemloh von der klassischen Hausmannskost, also beispielsweise Sonntagsbraten, Rotkohl und Klöße? „Ist gar nicht verkehrt. Diese Küche besteht häufig zu Teilen aus Fleisch und Gemüse, da gibt es Schlimmeres.”

Grundsätzlich rät die Ernährungsberaterin, vor allem auf eine ausreichende Flüssigkeits-Versorgung zu achten: „Genug zu trinken, ist gerade für Senioren wichtig.” Andernfalls drohe der Körper auszutrocknen, die Organe arbeiteten dann nicht mehr vernünftig, die Gehirnleistung lasse nach. Inzwischen sei bewiesen, dass Kaffee weniger schlimm sei als sein Ruf. Zu den mindestens 1,5 Litern Flüssigkeit täglich dürften also neben Wasser, verdünnten Säften oder Suppen auch Kaffee und Tee zählen. „Wer zu jeder Mahlzeit ein großes Glas Wasser trinkt, erreicht schon viel”, sagt Anja Lemloh. Wer dann noch seinen Körper regelmäßig bewege, der sei schon ganz gut dabei. Bewegung, das könnten auch Übungen im Sitzen sein: „Mit einem Thera-Band können alte Menschen trainieren.” Aber auch den alten Vater oder die alte Mutter aktiv mit in den Tagesablauf einzubeziehen, sei angebracht: „Kartoffeln schälen, Socken zusammenlegen – Möglichkeiten gibt es viele.”