Bochum/Palma de Mallorca. Am Ballermann auf Mallorca bangen eine Bochumer Wirtin und ihr Mann um ihre Existenz. Auf der anderen Inselseite genießen zwei Urlauber die Ruhe.
Seit zwölf Jahren führt Felicitas „Feli“ Bohrmann (35) das „Deutsche Eck“ an der Playa de Palma auf Mallorca, auf der sogenannten Bierstraße, mitten drin im Ballermann-Trubel. Jetzt muss die Bochumerin mit ihrem Mann Michael um ihre berufliche Existenz bangen. Die Regionalregierung hat die Partymeile kurzerhand geschlossen. Grund: Trinkgelage meist deutscher Touristen, die jegliche Corona-Regeln missachtet haben sollen.
„Die vergangenen Monate warten hart. Das Geschäft war seit Mai gerade erst wieder angelaufen. Und dann das!“ Manfred Seidel sorgt sich um seine Tochter Feli. Als „Katastrophe“ hatte sein Schwiegersohn noch zu Wochenbeginn im Gespräch mit der Funke-Mediengruppe eine drohende erneute Schließung bewertet.
Die ist nun da. Schluss mit lustig: Malle macht dicht.
„Deutsches Eck“ ist seit Donnerstag dicht
Im WAZ-Telefonat bestätigte Feli Bohrmann am Donnerstag: „Seit heute ist alles zu.“ Sämtliche Lokale auf der Bier- und Schinkenstraße müssen den Betrieb einstellen, nachdem sich am Wochenende Hunderte Urlauber beim Feiern weder an die Masken- noch Abstandspflicht gehalten hatten. „Wir sind überrannt worden“, sagen die Bohrmanns – von einem Publikum, das sie sonst nie haben.
Weil die angestammten hochprozentigen Party-Treffs wie „Bierkönig“ und „Mega-Park“ geschlossen sind, habe sich der „Sauf-Tourismus“ allen Warnungen zum Trotz schon seit Tagen in die Bierstraße verlagert: und damit ins „Deutsche Eck“, das eigentlich ein Restaurant ist.
Warnungen vor einem „zweitem Ischgl“ werden lauter
Nun müssen alle Gastronomen unter den Exzessen leiden. Aussagen der Regionalregierung, die nach den ersten Lockerungen von einer „fatalen Entwicklung“ spricht, sowie Warnungen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), wonach Mallorca „nicht zum zweiten Ischgl“ werden dürfe, lassen Feli und Michael Bohrmann Böses ahnen. Für mindestens zwei Monate soll der Ballermann lahmgelegt bleiben. Der Ruf nach Quarantäne für deutsche Urlaubsrückkehrer wird lauter. Es gehe um ihre Existenz und die ihrer 23 Mitarbeiter, die gerade erst wieder aus der Kurzarbeit zurückgekehrt waren, sagt Michael Bohrmann: „Ich will doch nur Essen verkaufen – und glückliche Urlauber in meinem Laden.“
Bochumer macht Urlaub auf Mallorca – und erlebt ruhige Idylle
Glücklich urlaubt der Bochumer Moritz Stawinski mit seiner Freundin auf der anderen Seite der Balearen-Insel in Can Picafort. Von Trubel, überfüllten Restaurant oder gar Partyexzessen sei dort nichts zu sehen, erzählt der 24-Jährige. Am Mittwoch sei das Paar nach Mallorca geflogen – mit einem komischen Gefühl im Bauch. „Man hat ja vorher schon viel gelesen.“
Ballermann-Wirte wollen klagen
Die Wirte am Ballermann wollen die Zwangsschließung nicht widerstandslos hinnehmen. Wie die Boulevardzeitung „Express“ berichtet, wollen sie sich am Freitag treffen, um vor Gericht zu klagen – so auch das Ehepaar Bohrmann.
Die aus Bochum stammende Feli Bohrmann will mit ihrem Mann vorerst auf Interviews mit Medienvertretern verzichten. Zuletzt hatten TV-Teams aus ganz Europa im „Deutschen Eck“ Schlange gestanden, erzählt sie.
Die spanischen Behörden gehen rigide vor. Gastronomen, die ihr Lokal trotz des Verbots öffnen, drohen bis zu 600.000 Euro Strafe,
Vor Ort habe sich dann aber gezeigt: „Alles ziemlich entspannt.“ Die Promenade sei leer, am Strand gebe es genügend Platz und viel Abstand. In vielen Restaurants sei ein QR-Code für eine digitale Speisekarte auf den Tischen, Koffer und Personalausweis seien bei der Ankunft desinfiziert worden. Und auch sonst fühle er sich auf Mallorca sicherer als in manch deutschem Supermarkt. Von einer Quarantäne-Pflicht für Mallorca-Urlauber hält der Bochumer nach seinen Erfahrungen nichts. „Ich glaube nicht, dass das sinnvoll wäre.“
Zehn Tage möchte das Paar auf der Insel bleiben. Partys hätten ohnehin nicht auf dem Plan gestanden. „Wir wollen entspannen“, Moritz Stawinski. „Trotz Corona!“