Bochum-Weitmar. Anwohner vom „Alten Sägewerk“ in Bochum-Weitmar beklagen Fehlverhalten des Bauträgers. Dieser widerspricht, wird von der Stadt aber ausgebremst.

Reden möchte in diesen Tagen „Am Alten Sägewerk“ in Bochum-Weitmar niemand. Bei einem Besuch vor Ort findet sich kein Ansprechpartner, der Leserbrief, den die Anwohner der Siedlung per Post in die Redaktion schicken, ist ohne Kontaktmöglichkeit hinterlassen. Dabei hat sich offensichtlich jede Menge Wut angestaut. „Nicht nur verärgert“, sondern „fassungslos“ schreiben die Absender. Und: „Leider können wir namentlich nicht in Erscheinung treten, um Repressalien zu vermeiden.“

Wird in Bochum-Weitmar illegal Erde entsorgt? Bauträger widerspricht, Stadt handelt

Worum geht es? Anlass für den Unmut ist die neue Wohnsiedlung, die durch die Firma „Echterhoff-Holland“ nahe der ehemaligen Deponie auf dem alten Betriebsgelände der Firma errichtet wird. Die erbauten Doppelhaushälften dürften zu den teuersten in Bochum gehören: Kaufangebote gibt es zwischen 445.000 Euro (120 Quadratmeter) und 678.000 Euro (159 Quadratmeter). Umso ärgerlicher, dass die Bewohner nun angeben, der Bauträger missachte Vorgaben. Das Gelände sollte „nach Aussage eines verantwortlichen Mitarbeiters“, so steht es im Leserbrief, „für die Gesamtbaumaßnahme um ca. 60 Zentimeter insgesamt aufgefüllt werden“.

Was die Anwohner tatsächlich beschreiben: Der Bauträger soll Bodenaushub für die Häuser teilweise auf die angrenzende städtische Grünfläche abgekippt und auch eigenes Gelände durch Ankippung massiv angehoben haben. Bebildernde Fotos liegen dem Schreiben bei. „Im Bereich der früheren Eisenbahnlinie hinter dem Bahnhof Weitmar wurde die viele Meter tiefe Böschung um etliche Meter zugekippt“, beschweren sich die Anwohner. „Können demnächst alle Bürger städtische Flächen als Kippe in Anspruch nehmen?“, fragen sie.

Sollen Kippgebühren eingespart werden?

Die Brisanz entsteht vor allem aus dem vermuteten Motiv: „Dadurch hat der Bauträger erhebliche Summen an Kippgebühren für öffentliche Deponien eingespart“, klagen die Anwohner. Täglich brächten außerdem etliche Lastwagen von anderen Baustellen weiteres Erdreich an, das den Böschungsrand der Bebauung zur städtischen Grünanlage erweitert. Ein Blick auf die Entsorgungskosten zeigt, dass – sollte sich der Bauträger tatsächlich falsch verhalten haben – das Einsparpotenzial hoch ist. Im Netz wird die Abfuhr für 100 Kubikmeter mit 800 bis 1000 Euro angegeben. Ein 7,5 Tonner-Lkw fasst 35 Kubikmeter, für ein Einfamilienhaus lassen sich 250 Kubikmeter Aushub ansetzen.

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Nicht alles aber, was ein Bagger aus einer Grube holt, wird im rechtlichen Sinne als Erdaushub bezeichnet. Lehm, Sand, Tonboden und Grasboden gehören dazu, Wurzelwerk, Pflanzenreste und Steine nicht. Der Bauherr muss das Material richtig einstufen, sauberer Erdaushub darf zudem wiederverwendet werden – für einen Laien schwer zu beurteilen.

Bauherr nimmt Stellung

Die Firma „Echerhoff-Holland“ meldet sich über einen Anwalt zu Wort und weist daraufhin, „dass die Baumaßnahme und der Bodenaushub der Baugenehmigung entsprechend durchgeführt und durch das beauftragte CDM-Gutachterbüro laufend überwacht werden“. Die Böschungen zur ehemaligen Kippe und zum Rückhaltebecken hin müssten angeglichen und begradigt werden, damit diese sich harmonisch in das Landschaftsbild einfügten. „Die Böschungen werden wieder bepflanzt und renaturiert“, heißt es.

Eigene Facebook-Seite

Die Wohnsiedlung „Am alten Sägewerk“ befindet sich nahe des Schloßparks Weitmar. Laut Aussage des vertretenden Anwaltes des Bauherrn erfolgte auf dem Gelände bereits vor sieben und vor drei Jahren gemäß Bebauungsplan eine Nivellierung und ein Höhenausgleich.

Das Bauprojekt sorgt wohl schon länger für Ärger: Bei Facebook wurde eine eigene Seite für das „Bauprojekt Am Alten Sägewerk“ erstellt, auf der sich Käufer austauschen.

Es sei unzutreffend, dass Bodenaushub zum Sparen von Kippgebühren angeschüttet wurde, auch werde kein Boden auf städtischem Gelände gelagert. „Tatsächlich hat die Mandantin von der Stadt zusätzlich 3500 Quadratmeter gekauft. Hier lagert zurzeit Boden, der in Kürze verbaut wird“, wird angegeben. Die angelieferte Erde werde für die Erstellung der Gärten und zum Teil für zu erstellenden Wege benötigt. Weil die umfangreiche Anlieferung durch die sehr schmale Straße erfolge, sollte eine Verbreiterung des vorderen städtischen Straßenteils erörtert werden.

Stadt Bochum untersagt weitere Arbeiten

Die Stadt teilt derweil mit: „Die Aufschüttungsarbeiten waren bei der Bauaufsicht und beim Umweltamt in diesem Umfang nicht bekannt.“ Nach einer Ortsbesichtigung schätze man, dass es sich um eine baugenehmigungspflichtige Aufschüttung handele. „Ob die Aufschüttungen genehmigungsfähig sind, kann derzeit nicht abgeschätzt werden. Eine Baugenehmigung oder Genehmigungen aus dem Boden- und Landschaftsschutz heraus wurden bisher hierfür nicht erteilt“, schreibt die Stadt und handelt: „Deshalb werden weitere Arbeiten durch die Bauaufsicht untersagt. Der Bauherr wurde aufgefordert, entsprechende Planunterlagen und Bodenanalysen bei der Verwaltung einzureichen.“

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Der Bauträger sät gleichzeitig Zweifel, ob es sich bei dem Absender des Leserbriefes tatsächlich um „besorgte Anwohner“ handelt, oder eher um einen „Anrainer, der sich vergebens bemüht hatte, zur Bebaubarkeit seines eigenen seitlich hinten zu erschließenden Grundstücks kostenfrei an die von unserer Mandantin gebaute Kanalisation angeschlossen zu werden.“ Gesicht oder Namen zeigen würde helfen.

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