Direkt mit ihrem Regiedebüt will Eléonore Bonah hoch hinaus: Am Samstagabend zeigt die 22-Jährige aus Strasbourg, die seit zwei Jahren als Regieassistentin am Schauspielhaus tätig ist, ihre erste eigene Aufführung. Dafür hat sich Bonah einen ganz besonderen Ort ausgesucht, der fürs Theaterspiel bislang weitgehend unentdeckt geblieben ist: den Gipfel des Tippelsbergs in Riemke.

Mitten auf der schönen Wiese mit einem majestätischen Blick über das halbe Ruhrgebiet soll die Uraufführung unter dem Titel „Die Erde ist eine Kugel“ über die imaginäre Bühne gehen. Es gibt keine Scheinwerfer, kein speziell arrangiertes Bühnenbild, keine besonderen Dekorationen. Nur ein Schauspieler (Lukas von der Lühe), ein Fahrrad und eine aufblasbare Weltkugel machen mit. Und wenn es während der Vorstellung regnet, dann regnet‘s. Obwohl sich das ganze Team schwer darüber freuen würde, wenn zur Premiere die Sonne scheint. „Der liebe Gott sitzt bei uns am Lichtpult“, so fasst es der Dramaturg Tobias Staab schmunzelnd zusammen.

Bei der Probe am Mittwochabend hat es jedenfalls heftig geregnet. Ein Schauer nach dem nächsten zieht über den Tippelsberg, was dem Team des Schauspielhauses (zumindest äußerlich) aber keine großen Probleme bereitet. Dick verpackt und unter Regenschirmen harren sie aus. Auch die Laune der jungen Regisseurin verdirbt das nicht: „Ich habe immer davon geträumt, ein Stück im Sonnenuntergang zu machen“, strahlt Eléonore Bonah. Jetzt hat sie die seltene Chance dazu.

„Die Erde ist eine Kugel“ stammt von dem Autor Roberto Jean, der das Stück eigens für das Schauspielhaus geschrieben hat. Im Zentrum stehen die Gedanken eines jungen Menschen, der im Begriff ist, erwachsen zu werden. Seine einstmals simpel strukturierte Welt wird zusehends komplizierter. Dort hinein verwoben werden Texte des amerikanischen Philosophen Richard Buckminster Fuller, der bekannt wurde durch sein 1969 erschienenes Buch „Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde“: „Er macht sich darin Gedanken, ob wir wirklich auf der Erde leben oder vielmehr in einem Raumschiff durchs Universum reisen“, so Staab.

Der Clou dabei: Lukas von der Lühe spielt den Monolog pro Vorstellung für genau einen Zuschauer. Mit Kopfhörer ausgestattet, sitzt dieser mitten auf der Wiese und folgt dem Geschehen unmittelbar: Er hört während des knapp 45-minütigen Spiels viele Geräusche, Musik und natürlich die Stimme des Schauspielers, während im Hintergrund die A 43 langsam im Abendrot versinkt.

Jeder kann auf den Berg kommenund mit genügend Abstand lauschen

Doch warum darf nur ein Zuschauer die Aufführung erleben? „Das hat einen totalen Reiz, weil es nur so zu einer echten Begegnung zweier eigentlich fremder Menschen kommen kann“, sagt die Regisseurin. Der Zuschauer muss übrigens keine Angst davor haben, irgendwie „mitspielen“ zu müssen. Und natürlich ist es nicht verboten, einfach auf den Tippelsberg zu kommen und etwas abseits dem Spiel zu lauschen, sofern es die Corona-Abstandsbestimmungen erlauben. „Wir werden niemanden nach Hause schicken.“

Premiere am Samstag, 20. Juni, um 19 und 21 Uhr auf dem Tippelsberg (Hiltroper Straße 148). Wieder am 21., 22. und 23. Juni. Pro Abend finden zwei Vorstellungen jeweils um 19 und 21 Uhr statt.