Bochum. Der mutmaßliche sexuelle Missbrauch in einer Bochumer Kita erschüttert das Vertrauen der Eltern – und stellt sie vor eine schwere Entscheidung.

Zwei Kinder sollen in der evangelischen Kita Hoffnungsbaum in Bochum-Hamme missbraucht worden sein. In der Elternschaft steigt das Misstrauen gegenüber der Kindertagesstätte. Ein Familienvater will seinen Sohn nun in einen anderen Kindergarten schicken – und stößt beim Träger auf Widerstand.

Am Freitag bestätigte die Polizei eine zweite Anzeige gegen einen Erzieher oder eine Erzieherin der Kita Hoffnungsbaum. Zwei Wochen zuvor hatte der Träger der evangelischen Kita bei einem Elternabend erklärt, einen Mitarbeiter wegen des Verdachts auf „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ angezeigt zu haben. Im März dieses Jahres hatte eine Erzieherin der Kita im Streit einen Jungen geohrfeigt.

Vater sieht das Wohl seines Kindes in Bochumer Kita gefährdet

„Als dann der sexuelle Übergriff herauskam, habe ich gesagt: ,Mein Sohn geht da nicht mehr hin’“, sagt Kevin Jung, dessen Kinder die Kita besucht haben. „Ich sehe das Wohl meines Kindes gefährdet und das Vertrauen ist weg“, sagt Jung. Deshalb habe er telefonisch den Kita-Träger um die Versetzung seines vierjährigen Sohnes in eine andere Kita gebeten. „Laut dem Kirchenkreis gibt es aber keine Kapazitäten“, so der Familienvater, „sie sagten am Telefon, ich würde die Situation dramatisieren“. Während seine Tochter bald eingeschult wird, benötigen die Eltern Jung für ihren vierjährigen Sohn auch weiterhin eine Tagesbetreuung.

Kita-Träger Kirchenkreis

Davon besuchen rund 2800 Kinder die 43 Kitas der evangelischen Kindergartengemeinschaft.

Träger der evangelischen Kindertagesstätten ist der ev. Kirchenkreis Bochum.

Der von Eltern gewählte Zeitkorridor für die Betreuung wird derzeit um zehn Stunden wöchentlich gekürzt.

Rolf Stegemann vom evangelischen Kirchenkreis Bochum erklärt: „Alle Kitaplätze sind belegt.“ Die Auflagen des Landesjugendamts würde die Überbelegung einer Kita untersagen. „Auch wenn wir wollten, dürften wir das nicht. Wie soll man einer Familie entgegenkommen, wenn man keinen Spielraum hat?“, so Stegemann. Zur Aussage des Familienvaters, die Kirchenkreis-Mitarbeiter hätten ihm vorgeworfen, die Situation zu dramatisieren, sagt Stegemann: „Ich habe kein Wortprotokoll, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass so eine Bemerkung bei unseren Mitarbeitern gefallen ist.“

Ein Kitaplatz wurde infolge des mutmaßlichen Missbrauchs schon gekündigt

Nach einer ersten WAZ-Rückfrage beim Träger zum Umgang mit dem Anliegen der Familie soll sich die Kita-Leiterin unmittelbar mit Kevin Jung in Verbindung gesetzt haben. „Die Kita-Leitung hat uns nun mitgeteilt, wir sollten ihnen kündigen“, sagt Jung.

Rolf Stegemann vom Kirchenkreis erwidert: „Natürlich können deren Kinder kommen. Wir haben der Familie in keiner Weise nahegelegt zu kündigen“. Den Eltern Jung seien lediglich verschiedene Optionen erklärt worden. Die Familie könne weiterhin ihre Kinder zur Kita Hoffnungsbaum bringen, während einer Bedenkzeit die Kinder zu Hause betreuen oder den Kitaplatz kündigen – woraufhin dieser an eine andere Familie vergeben würde.

Im Allgemeinen sei die Elternschaft sehr verständnisvoll und bringe der Einrichtung viel Vertrauen entgegen. „Eine vertrauensvolle Basis zum Wohle der Kinder ist sehr wichtig“, sagt Stegemann, doch es gebe natürlich auch kritische Stimmen. Aktuell gebe es eine einzige Kündigung von Eltern infolge des Missbrauchsvorwurfs in der Kita Hoffnungsbaum. „Ich denke, das spricht für sich“, sagt der Kirchenkreis-Sprecher, „Die Familie Jung hat bisher noch offengelassen, wie sie verfahren will“.

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