Bochum. Geschäfte machen mit der Angst vor dem Coronavirus gehe nicht; so Raimund Hötger aus Bochum. Er ist empört über den Brief einer Immobilienfirma.
Post von einem Immobilienvermittler. Nichts Ungewöhnliches für Raimund Hötger. Er bekommt regelmäßig Briefe dieser Art. Schließlich besitzen er und seine Frau ein Haus. Dieses Schreiben hat den Bochumer aber aufgewühlt. Aus seiner Sicht ist es ganz nah an der Grenze von Anstand und gutem Geschmack.
„Ich habe ein Schreiben der Firma Engel & Völkers erhalten“, berichtet der 66-Jährige. Und als er es geöffnet habe, sei er aus allen Wolken gefallen. Unter der Überschrift „Corona: Ist meine Immobilie betroffen“ leitet der Brief ein mit einem Zitat des US-amerikanischen Molekularbiologen Joshua Lederberg, der gesagt habe: „Viren sind die einzigen Rivalen um die Herrschaft über unseren Planeten. Wir müssen auf Draht sein um mit ihnen Schritt zu halten. “ Und: „Auch in ungewissen Zeiten schaffen wir Gewissheit über den Marktpreis Ihrer Immobilie. Aufgrund der aktuellen Infektionsrisiken ermitteln wir diesen aus der Ferne.“
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Der Vorwurf: Mit Angst Geschäfte machen
Aus Sicht von Raimund Hötger geht das entschieden zu weit. Dass ein Unternehmen auch in schwierigen Zeiten versuche, sein Geschäft zu betreiben, sei das eine. Aber: „Es ist für mich schon sehr befremdlich, dass eine für mich bisher als seriös geltende Immobiliengruppe in dieser Pandemie mit der Angst Betroffener Geschäfte machen will. Der Abstand zu den auf gleicher Welle surfenden falschen Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, Stadtwerke, Feuerwehr und Polizei ist nicht mehr weit entfernt“, so der Rentner.
Und nicht nur das. „Als Angehöriger der Risikogruppe fühlt man sich auf eine eigentümliche Weise angesprochen.“ So als ob abgeklärt werden müsse, ob das betreffende Haus bald schon zum Verkauf stehen könnte. Schließlich heiße es im Anschreiben ausdrücklich „Persönlich/Vertraulich“. „Ich finde, es geht gar nicht, die Leute in dieser Art und Weise wuschig zu machen.“
Immobilienfirma zeigt sich erstaunt
Wie auch immer die Absicht des Absenders gewesen sein mag. Raimund Hötger wirft ihm zumindest mangelnde Sensibilität vor. „Der Ton macht die Musik. Wenn nicht ausdrücklich dieser Hinweis auf Corona gewesen wäre, dann wäre das Schreiben ja okay. Aber so...“
Erstaunt über diese Reaktion zeigt sich Christin Kleinmann von der EVC Dortmund Immobilien GmbH, einem Lizenzpartner der Engel & Völkers Commercial GmbH. Ihr Büro hat das Schreiben an Raimund Hötger geschickt.
Schriftliche Reaktion auf Vorwurf
Schriftlich erklärt sie auf Anfrage der Redaktion zu dem Vorwurf mangelnder Sensibilität: „Ein Teil unserer umfangreichen Dienstleistung ist die kostenlose und unverbindliche Marktpreiseinschätzung solcher Immobilien. Diese wird von Immobilieneigentümern sehr gerne in Anspruch genommen. Die positiven Rückmeldungen auf unser Anschreiben bestätigen uns in der Annahme, dass unsere Dienstleistung geschätzt und erwartet wird.“ In den vergangenen Tagen seien bereits mehrere Gespräche mit Unternehmen sowie Privatpersonen geführt worden. Und: „Unsere Marktpreiseinschätzung erfolgt freiwillig, ist kostenlos und ohne jegliche Anschlussverpflichtungen.“
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